IIHF Weltmeisterschaft 2022: Teamvorschau Schweiz
Am Freitag startet die Eishockey-Weltmeisterschaft 2022 in Finnland (Tampere & Helsinki). Elite Prospects Rinkside wirft im Vorfeld einen Blick auf die Mannschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. In dieser Ausgabe: Team Schweiz.
Noch nie verfügte die Schweiz über so einen starken Kader wie bei dieser Weltmeisterschaft. Neben den qualitativ hochwertigen Spielern aus der heimischen National League befindet sich mit Timo Meier, Nico Hischier und und Philipp Kurashev echte Starpower im Kader.
Die Schweiz verfügt objektiv betrachtet sogar über einen der stärksten Kader des Turniers. Alles andere als eine Medaille wäre für dieses Team eine Enttäuschung.
Der Kader
Torhüter
Auf keiner Position kann Headcoach Patrick Fischer auf so viel Erfahrung zählen wie auf dieser. Gefühlt gibt es seit Jahren nur das Goalie-Tandem Leonardo Genoni und Reto Berra in der Nationalmannschaft. Ergänzt werden die beiden in diesem Jahr durch Sandro Aeschlimann, welcher eine starke Saison ablieferte.
Leonardo Genoni gewann soeben seine 7. Meisterschaft mit dem EV Zug im Nota Bene 7. Playoff-Finale. Er ist der Mann für die engen Kisten. Immer wieder schafft er es, in den ganz wichtigen Spielen nochmals über sich hinaus zu wachsen. Wenn es darauf ankommt, wird der Coach wohl auf ihn setzen. Der 1,82 Meter große und 87 Kilogramm schwere Torhüter strahlt viel Ruhe aus und verfügt über ein hervorragendes Positionsspiel. Es sind vor allem die kleinen Details, welche ihn ausmachen.
Reto Berra wurde zusammen mit Genoni in der Organisation der ZSC Lions groß, ehe sie gemeinsam zum HC Davos wechselten. Mittlerweile spielt er für den HC Fribourg-Gottéron. Was ihm im Vergleich zu Genoni an nationalen Titeln fehlt, macht er mit seiner NHL-Erfahrung wett. So spielte er unter anderen für die Calgary Flames, Colorado Avalanche, Florida Panthers und die Anaheim Ducks. Zwar kam er nie über die Rolle des Backup hinaus, wurde in dieser aber sehr geschätzt und absolvierte letztendlich 76 Spiele in der besten Liga der Welt. Er ist ein genauso sicherer Wert für das Team, wie es Genoni ist. Auch er kann wichtige Spiele entscheiden. Berra und Genoni werden das Goalie-Duo der Schweiz bilden.
Sandro Aeschlimann ist der dritte Goalie im Bund. Der Berner hat eine herausragende Saison hinter sich. Nach mehreren Jahren als Backup beim EVZ zog er nach Davos, um eine echte Chance als Nummer 1 zu bekommen. Er ist einer der Hauptgründe, weswegen es der HC Davos bis ins Halbfinale der Playoffs schaffte, allerdings sollte er nicht an Genoni und Berra vorbeikommen.
Verteidiger
„Jay Jay Mosers“ Stern ging in dieser Saison bei den Arizona Coyotes so richtig auf. Nachdem Janis Moser im NHL-Draft 2020 noch übersehen wurde, sicherten sich die Arizona Coyotes im NHL-Draft 2021 die Rechte an dem Verteidiger. Nach ein paar Spielen mit den Tucson Roadrunners in der AHL überzeugte der 21-Jährige so, dass er es noch in der gleichen Saison in den Kader der Coyotes schaffte. Seither ist Moser nicht mehr aus der Mannschaft zu denken. In 43 Spielen brachte es der Linksschütze auf immerhin 15 Punkte. Moser gilt als ein sehr guter Allround-Verteidiger, dessen defensive Fähigkeiten schon sehr ausgeprägt sind. Dass er sich auch in die Offensive einschalten kann, bewies er bereits in der Saison 2020/21, als er als 20-Jähriger in 48 Spielen 30 Punkte mit dem EHC Biel-Bienne in der National League erzielte.
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Jonas Siegenthaler, welcher auch den thailändischen Pass besitzt, sorgte in der Saison 2019/20 für Aufsehen, als er sich bei den Washington Capitals zu einem der besten Shutdown-Verteidiger mauserte. Im Jahr danach wurde er allerdings von Verletzungen geplagt und die Capitals tradeten ihn zu den New Jersey Devils. Bei den Devils konnte er seine defensiven Fähigkeiten in dieser Saison wieder unter Beweis stellen. In 70 Spielen kam Siegenthaler auf ein Tor und 13 Assists.
Ein weiterer NHL-Spieler im Aufgebot der Schweizer ist Dean Kukan, der als Zwei-Wege-Verteidiger bei den Columbus Blue Jackets agiert. Er konnte sich in dieser Saison insbesondere in der Offensive steigern. So richtig festgebissen in der NHL hat er sich aber noch nicht. Trotzdem ist Kukan mehr als nur eine Bereicherung für die Schweizer Nationalmannschaft. Neben seinem guten Positionsspiel versteht er es, die Scheibe zügig weiterzuspielen. Viele seiner Eigenschaften hatte er sich in seiner Zeit bei Lulea HC in Schweden aneignen können.
Tobias Geisser (23) wird die Schweiz nach seinem Ausscheiden in den AHL-Playoffs verstärken. Mit den Hershey Bears konnte sich der junge Innerschweizer in dieser Saison merklich steigern. Noch wurde dies nicht mit einem NHL-Spiel belohnt. In 68 Einsätzen kam der 23-jährige Verteidiger auf drei Tore und zehn Assists.
Michael Fora ist nicht nur “Mister Ambri”, sondern auch “Mister Zuverlässig”. Außer einem kurzen Abstecher nach Nordamerika zu den Carolina Hurricanes, hatte Fora seine gesamte Karriere beim HC Ambrì-Piotta verbracht. Bei den Hurricanes kam er nicht über ein Spiel im Farmteam der Charlotte Checkers hinaus und brach das NHL-Abenteuer somit ab. Der Tessiner ist defensiv solide und hat auch seine Punkteproduktion in den letzten Jahren angehoben. Fora ist ein Führungsspieler, der auch wichtig für die Kabine ist. Gut möglich, dass er Raphael Díaz als Kapitän in der Schweizer Nationalmannschaft beerbt. Andres Ambühl hätte allerdings auch gute Chancen.
Christian Marti (29, ZSC Lions) war mit viel Talent gesegnet. Auch ihm hat man den Sprung über den großen Teich zugetraut. Leider ging dieser Traum für ihn nicht auf. Mit 1,91 Meter und fast 100 Kilogramm bringt Marti viel Physis mit. War es in den vergangenen Jahren eher ruhig um ihn, was internationale Turniere betrifft, hat er sich seine Nominierung mit einer starken Saison mit den ZSC Lions verdient. Er ist nicht der auffälligste Blueliner, wird seinen Job aber zuverlässig erledigen.
Aufgestockt wir die Verteidigung von Andrea Glauser (26, Lausanne HC) und Dominik Egli (23, HC Davos). Letztere bringt seit seiner ersten kompletten Saison (2019/20) in der National League großartige Leistungen und trägt auch punktemäßig seinen Teil zum Mannschaftserfolg bei. Mit Glauser wurden ein Verteidiger vom Lausanne HC nominiert. Er ist ein defensivorientierter Verteidiger. Alle zwei Spieler haben sich das WM Aufgebot mit guten Leistungen während der Saison redlich verdient.
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Stürmer
Selten konnte die Schweizer Nationalmannschaft auf so viele NHL-Spieler zurückgreifen wie in diesem Jahr. Hoffen darf man weiterhin auch auf die Stürmer Kevin Fiala (Minnesota Wild) und Nino Niederreiter (Carolina Hurricanes), die sich beide noch in den NHL-Playoffs befinden.
“IT’S TIMO TIME!”, moderiert der Stadionsprecher von den San Jose Sharks die Tore von Timo Meier (25) an, wenn er den Puck wieder im Netz zappeln lässt. In dieser Saison war dies 35 Mal der Fall. In bislang 394 Spielen in der NHL kommt der 1,84 Meter und 98 Kilogramm schwere Stürmer auf satte 264 Punkte (123 Tore, 141 Assists). Meier weiß wo das Tor steht, aber auch physisch kann er viel bewegen. Der Linksschütze ist ein klassischer Power-Forward, welcher mit einem mächtigen Handgelenkschuss ausgestattet ist. Meier wird einer der Schlüsselspieler in diesem Team sein.
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Unterstützt wird Meier von einem weiteren NHL-Spieler und zwar dem Kapitän der New Jersey Devils, Nico Hischier. Hischier ist der erste Schweizer, der im NHL-Draft an erster Stelle gezogen wurde. 2017 sicherten sich die New Jersey Devils die Rechte an dem Stürmer, als sie ihn in der 1. Runde an 1. Stelle wählten. Mittlerweile hat der 23-Jährige 300 NHL-Spiele auf dem Buckel, wobei er 78 Tore und 128 Assists erzielen konnte. Mit 60 Punkten in 70 Spielen hatte Hischier in dieser Saison ein Karrierejahr. Nach einer verletzungsgeplagten Vorsaison schien das dem Walliser gutzutun. Hischier agiert als Zwei-Wege-Center, der speziell in der Defensive einiges bewegen kann.
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Der dritte NHL-Crack in der Offensive ist Philipp Kurashev (22) von den Chicago Blackhawks. Kurashev absolvierte diese Saison sein zweites Jahr in Chicago. In 67 Spiele kam der 22-jährige Stürmer auf sechs Tore und 15 Assists. Kurashev wird hoch geschätzt, da er sowohl als Center als auch auf den Außenbahnen eingesetzt werden kann.
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Auch seit letzter Saison in der NHL tätig ist Pius Suter (25). Suter könnte man als Spätzünder beschreiben. Wurde er im NHL-Draft jedes Jahr übergangen, ging der 25-Jährige seinen eigenen Weg und machte sich mit konsequent guten Leistungen in der National League einen Namen. In der vergangenen Saison konnte er sich dann einen Vertrag bei den Chicago Blackhawks erspielen. Mit den Blackhawks schlug er sofort ein: In 55 Spielen kam er auf 27 Punkte (14 Tore, 13 Assists). In dieser Saison spielte er für die Detroit Red Wings und centerte die 2. Reihe. Dabei kam er in 82 Spielen auf 36 Punkte (15 Tore, 21 Assists).
NHL-Erfahrung bringt auch Christoph Bertschy (28, Lausanne HC) mit. Nach drei Jahren in der Organisation der Minnesota Wild kehrte Bertschy in der Saison 2018/19 in die Schweiz zurück. Hauptsächlich kam er davor in der AHL zum Einsatz. Mit einer Körpergröße von 1,78 Meter ist er ein eher kleinerer Stürmer, der durch seine Technik und gutem Skating überzeugt. Mit Lausanne kam der 28-Jährige auf 51 Spiele und konnte dabei 13 Tore und 15 Assists erzielen.
Auch nicht mehr in der NHL tätig ist Calvin Thürkauf (24, HC Lugano). Nach drei Jahren bei den Cleveland Monsters in der AHL und ein paar Spielen mit den Columbus Blue Jackets kehrte Thürkauf zur Saison 2020/21 zurück zu seinem Stammverein, dem EV Zug. Nur ein Jahr später kam der Wechsel zum HC Lugano, wo er in dieser Saison mit 35 Punkten richtig eingeschlagen hat. Der Power-Forward hat sich die WM-Nominierung mehr als verdient. Thürkauf kann im Powerplay zu einer gefährlichen Waffe für die Schweizer werden.
Kein Name steht so sehr für die Schweizer Nationalmannschaft wie der von Andres „Büehli“ Ambühl (38, HC Davos). Er wird in Finnland seine 18. Weltmeisterschaft bestreiten. Das ist ein einsamer Rekord! Ambühl absolvierte bislang 115 WM-Spiele und könnte bei der WM in Finnland somit Udo Kießling (119 Spiele) mit den meisten WM-Spielen in der Geschichte ablösen. Ein unterhaltsamer Vergleich: Als Ambühl seine 1. WM bestritt, war Juraj Slafkovsky, welcher für die slowakische Mannschaft nominiert wurde, noch nicht einmal zwei Monate alt. Lebte Andres Ambühl in jungen Jahren vor allem von seinem Speed und Energie, ist er auch mit den Jahren nicht langsamer geworden.
Viel Geschwindigkeit bringt auch Damien Riat (25, Lausanne HC) mit. Riat wurde 2016 von den Washington Capitals in der 4. Runde an 117. Stelle gezogen. Dem flinken Spieler ist es immer eine Freude zuzuschauen. Der 25-Jährige hat die Fähigkeiten, mit seinem Speed und seinen Skills gefährliche Torchancen zu kreieren.
Für das Toreschießen wird auch Denis Malgin (25, ZSC Lions) sorgen. Der 25-jährige Stürmer kam in der gerade abgelaufenen Saison in 48 Spielen auf 52 Punkte (21 Tore, 31 Assists). Malgin war auch bei den Olympischen Spielen in Peking vertreten, wobei er in drei Spielen ein Tor erzielen konnte. Zudem bringt der 1,75 Meter große und 80 Kilogramm schwere Stürmer Erfahrungen aus 192 Spielen in der NHL mit, den Malgin verbrachte bereits vier Jahre mit den Florida Panthers, wobei er auf insgesamt 28 Tore und 32 Assists kam.
Torchancen sollte auch Dario Simion (27, EV Zug) kreieren, denn er verfügt über einen sehr guten Schuss und ist pfeilschnell. Vor allem im Slot ist der 27-Jähriger eiskalt. In der gerade abgelaufenen Saison kam der 1,89 Meter große und 88 Kilogramm schwere Stürmer in 35 Spielen auf 25 Punkte.
Ein anderer Spielertyp ist sein Teamkollege Fabrice Herzog (27, EV Zug). Herzog bringt vor allem seine Physis mit ins Spiel. Teilweise vielleicht sogar zu viel. Das würden auch einige Sperren beweisen. Herzog wird sowohl in der Defensive wie auch in der Offensive einen wichtigen Wert für Fischer bieten. Kaum ein anderer Spieler geht so konsequent dort hin, wo es wehtut, und macht die kleinen, aber wichtigen Dinge richtig, wie es Herzog tut.
Mit Tristan Scherwey (31, SC Bern) und Enzo Corvi (29, HC Davos) nominierten die Schweizer zwei erfahrene Spieler aus der National League. Corvi ist fast schon eine automatische Nominierung im Team von Fischer. Dem kreativen Center fehlt es manchmal noch an der defensiven Stabilität. In der richtigen Sturmreihe kann er aber seine spielerischen Fähigkeiten richtig zur Geltung bringen. Wenn der Headcoach die richtigen Reihenkollegen für ihn findet, wird er offensiv viel beitragen können. Scherwey ist eher ein Power-Forward, der auch noch mit 31 Jahren über viel Speed verfügt. Er wird nicht ganz so auffällig sein wie bei der WM 2018, als die Schweizer die Silbermedaille gewinnen konnten, allerdings wird er mit seiner Erfahrung ein wichtiger Spieler in diesem Kader sein, vor allem für die jungen Spieler im Team.
Zu diesen zählt auch Marco Miranda (23, Genève-Servette HC). Der junge Stürmer hat eine zähe Saison hinter sich, da er verletzungsbedingt auf nur 25 Spiele kam. In der Nationalmannschaft konnte er jedoch sofort überzeugen und hat sich seine WM-Nominierung mit vier Punkten in vier Vorbereitungsspielen redlich verdient.
Potenzielle Nachnominierungen: Nino Niederreiter (25, Carolina Hurricanes), Kevin Fiala (25, Minnesota Wild)
Fazit: (FAST) ein Schweizer All-Star Team
Die Schweizer besitzen den wohl stärksten Kader, den sie je zu einer Weltmeisterschaft schickten. Für Fischer wird es fast ein Muss sein, mindestens das Viertelfinale zu erreichen. Ein Versagen könnte zu Konsequenzen führen. Wenn man sich die Kader der anderen Nationen ansieht, könnte man sich auch eine Goldmedaille erhoffen.
Der komplette Kader:
Spielplan:
14.05. - 15.20 Uhr 🇨🇭 vs. 🇮🇹
15.05. - 19.20 Uhr 🇩🇰 vs. 🇨🇭
17.05. - 19.20 Uhr 🇨🇭 vs. 🇰🇿
18.05. - 19.20 Uhr 🇨🇭 vs. 🇸🇰
21.05. - 15.20 Uhr 🇨🇦 vs. 🇨🇭
22.05. - 19.20 Uhr 🇨🇭 vs. 🇫🇷
24.05. - 11.20 Uhr 🇩🇪 vs. 🇨🇭