Stockstich durch die Torwartmaske von Kuemper – Überraschungen in Washington und Dallas
Von wegen "Defense first" in den Playoffs: Am Samstagabend fielen satte 34 Tore in vier Spielen (8,5 Tore/Spiel). Die Colorado Avalanche gewannen mit 7:3 gegen die Nashville Predators, verloren aber ihren Stammtorwart. Die Pittsburgh Penguins verspielten eine Drei-Tore-Führung, um am Ende doch mit 7:4 gegen die New York Rangers zu gewinnen. Überraschend gingen Washington Captials (6:1 gegen Florida Panthers) und Dallas Stars (4:2 gegen die Calgary Flames) in ihren Serien in Führung.
🏒 Avalanche machen es wieder deutlich – Psycho-Spielchen gehen in die nächste Runde
Die Colorado Avalanche haben in Spiel 3 bei den Nashville Predators einen 7:3-Auswärtssieg eingefahren, führen in der Best-of-7-Serie nun mit 3:0 und stehen unmittelbar vor einem Sweep. Gabriel Landeskog (2-2-4) legte ein Vier-Punkte-Spiel aufs Eis, doch sorgen sich die Avs um ihren Stammtorwart Darcy Kuemper, der im ersten Drittel verletzt raus musste. Außerdem traf mit Nashvilles Kapitän Roman Josi (1-0-1) ein Schweizer. Und auch und die psychologischen Spielchen zwischen beiden Teams gingen in die nächste Runde.
Das Torfeuerwerk startete Colorado im Powerplay: Artturi Lehkonen fälschte einen Distanzschuss von Devon Toews erfolgreich zum 1:0 ab (11.). Ebenfalls in Überzahl kehrte der am Torkreis lauernde Nathan MacKinnon den Puck zum 2:0 über die Torlinie (17.). Es war bereits sein vierter Playoff-Treffer. Auf der anderen Seite markierte Predators-Stürmer Matt Duchene seinen drittes Playoff-Tor, als er aus linker Position in den rechten Winkel traf und auf 1:2 verkürzte (18.).
Das erste Drittel aber hatte noch ein unschönes Ende: In der letzten Minute bohrte sich die Kelle von Ryan Johansen durch das Gitter der Torwartmaske von Kuemper (neun Saves, 90 Prozent Fangquote) und traf diesem am Auge. Der Goalie riss sich daraufhin die Maske vom Kopf, ging zu Boden und musste ausgewechselt werden. Für ihn kam Backup Pavel Francouz (18 Saves, 90 Prozent). "Ich habe nicht gesehen, was mit Darcy passiert ist. Ich habe nur gesehen, dass er große Schmerzen hatte und wusste, dass ich sofort spielen musste", sagte Francouz. "Es ist immer schwer, wenn ein Torwart verletzt wird, aber ich musste mich sofort auf das Spiel und den Puck konzentrieren. Meine Teamkollegen haben mich großartig unterstützt." Nach dem Spiel hatte Avalanche-Trainer Jared Bednar ein erstes Update zu Kuemper und schrieb ihn für Spiel 4 noch nicht ab: "Ihm geht es besser und er wird weiter untersucht. Er hatte eine Schwellung und konnte nicht weiterspielen. Hoffentlich geht es ihm bald besser und er kann zurückkehren." Johansen kann derweil wohl keine Absicht unterstellt werden. Als es zu diesem Unfall kam, blickte der in einem Zweikampf mit Cale Makar verwickelte Stürmer in eine ganz andere Richtung. Er kam auch im Spiel ohne eine Strafe davon.
Auch im zweiten Durchgang spielte das Powerplay eine große Rolle. Nashvilles Eeli Tolvanen glich mit einem Drehschuss vom linken Faceoffkreis aus (26., PP), Colorados Landeskog staubte zum 3:2 ab (31., PP), und Josi feuerte einen harte Schlagschuss-Direktabnahme zentral von der blauen Linie zum 3:3 unter das Tordach (33., PP). Bis hierhin war die Partie also recht ausgeglichen, doch gingen die Avalanche nach 19:10 Schüssen im zweiten Drittel dann doch verdient in Führung: Landskog verzögerte im Slot und traf ins rechte Kreuzeck (35.). Nach einem Ausflug von Predators-Torwart Connor Ingram (35 Saves, 85,4 Prozent Fangquote) hinter das Tor verlor dieser die Kontrolle über die Scheibe und spielte sie in den Slot vor die Kelle von Nazem Kadri, der zum 5:3 ins leere Tor traf (35., PP). Somit fielen von bis dato acht erzielten Toren sechs im Powerplay. Die Preds waren 2/3 (66,7 Prozent), die Avs 4/5 (80 Prozent) im Powerplay.
Im Schlussabschnitt bestrafte Toews einen Wechselfehler des Gegners und feuerte einen Schlagschuss vom linken Flügel zum 6:3 ins Tor (50.). Valeri Nichushkin schraubte das Endergebnis mit einem Empty-Netter gar noch auf 7:3 (58.). Erstmals in ihrer Franchise-Geschichte liegt Nashville in einer Playoff-Serie mit 0:3 zurück.
"Es gibt keine leichten Spiele in den Playoffs", sagte Landeskog. "Sie werden zu Hause mit dem Rücken zur Wand stehen und wollen sicher nicht in einem Heimspiel gesweept werden. Wir werden versuchen, es zu beenden und sie nicht am Leben lassen, es wird also ein wichtiges Spiel am Montag werden."
"Mir hat unser Spiel gefallen. Ich finde, wir haben viel besser gespielt als in den zwei Partien zuvor", sagte Josi. "Wir müssen aggressiv bleiben. Es gibt nicht eine einzige Person in dieser Kabine, die nicht glaubt, dass wir die Wende schaffen können. Wir werden am Montag rauskommen und aggressiv spielen. Wir glauben daran, dass wir sie schlagen können."
Preds-Verteidiger Josi erhielt 24:46 Minuten Eiszeit (davon 2:57 im Powerplay und 0:20 im Penalty Killing, vier Torschüsse, vier Checks, -1). Der deutsche Avs-Center Nico Sturm kam auf 11:53 Minuten (davon 1:45 in Unterzahl, zwei Schüsse, drei Hits).
Die psychologischen Spielchen gingen nach Spielschluss übrigens in die nächste Runde, als Nashville bei einem Interview von Colorados Makar einfach das Licht in der Arena ausschaltete und den Offensivverteidiger im Dunkeln stehen ließ. Zuvor hatten die Avalanche beim Morning Skate der Predators vor Spiel 2 einfach den Endstand von Spiel 1 (7:2) auf dem gigantischen Videowürfel stehen lassen. Normalerweise ist dieser bei Trainings immer ausgeschaltet.
🏒 Heinen sorgt für ein Happy End für die Penguins
Die Pittsburgh Penguins haben die New York Rangers mit 7:4 besiegt (Serie: 2:1). Dass die Pens dabei auch einen Drei-Tore-Vorsprung verzockten, blieb am Ende folgenlos.
Pittsburghs Brock McGinn (2.) und New Yorks Kaapo Kakko (6.) stießen schon früh ein High-Scoring-Game an. Jeff Carter (9., im Powerplay) und ein Doppelschlag von Evan Rodrigues (11., im Powerplay; 16.) ließen die Penguins zur ersten Pause auf 4:1 enteilen. Rangers-Torwart Igor Shestyorkin (elf Saves, 73,3 Prozent Fangquote) blieb daraufhin in der Kabine und wurde durch Alexandar Georgiyev (19 Saves, 95 Prozent) ersetzt. "Igor hat in den letzten vier, fünf Tagen zehn Drittel gespielt und war überragend. Ich dachte, es wäre ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel", erklärte Trainer Gerard Gallant.
Im zweiten Drittel schlugen die Broadway Blueshirts dann mit drei unbeantworteten zurück: Frank Vatrano (27.), Artemi Panarin (28.) und ein Shorthander von Andrew Copp (36.) stellten auf 4:4. "Das war vielleicht das schlechteste Drittel, das wir in der ganzen Serie gespielt haben. Nicht nur vielleicht, sondern definitiv. Wir sind von dem Spiel weggegangen, was uns erfolgreich gemacht hat", kritisierte Penguins-Trainer Mike Sullivan.
Doch für die Stahlstädter gab es ein Happy End: Yevgeni Malkin presste die Scheibe nach einem Check frei, Danton Heinen übernahm und tunnelte Georgiev mit einem Flachschuss aus spitzem Winkel zum 5:4 (52.). "Ich bin einfach nur dankbar. Es macht Spaß, in diesen Spielen zu spielen. Das darf nicht jeder, also werfe ich alles rein, bleibe im Moment, bin dankbar und habe da draußen so viel Spaß wie ich nur haben kann", freute sich Heinen über sein Game Winning Goal. Kurz vor Schluss markierten Jake Guentzel (58.) und Carter (59.) noch Empty Netter.
Für die Pens stoppte Goalie Louis Domingue 33 von 36 Schüssen (88,9 Prozent Fangquote). Der eigentliche Starter Casey DeSmith wird aufgrund einer Verletzung wohl nicht mehr zur Verfügung stehen.
🏒 Capitals erkämpfen Serienführung gegen frustrierte Panthers
Die Washington Capitals haben erneut überrascht, die hochfavorisierten Florida Panthers in Spiel 3 mit 6:1 deutlich besiegt und in der Serie erneut die Führung übernommen (2:1). Dabei gelang Caps-Kapitän Alexander Ovechkin der erste Treffer in den Stanley Cup Playoffs 2022. Außerdem trafen die Hauptstädter mit einem Torwartwechsel den Nagel auf den Kopf: Ilya Samsonov erhielt den Vorzug vor den zuletzt schwächelnden Vitek Vanecek und zahlte das Vertrauen mit 29 Saves und 96,7 Prozent Fangquote zurück.
"Ich bin allzeit bereit", betonte Samsonov. "Manchmal startest du in den Playoffs, manchmal ein anderer Torhüter. Du musst aber für jedes Spiel bereit sein."
Die Cats gingen durch Jonathan Huberdeau früh in Führung (3.), doch Washington ließ sechs unbeantwortete Tore folgen: T.J. Oshie (20., im Powerplay), Marcus Johansson (30.), Trevor van Riemsdyk (39.), Ovechkin (51., im Powerplay), John Carlson (56., Empty Net) und Garnet Hathaway (60.) machten es deutlich.
"Ich glaube, die Jungs haben vom Puck-Drop bis ganz zum Ende einen richtig guten Job gemacht", befand Oshie. "Vielleicht lautet das Endergebnis 6:1, aber wir haben lange nicht getroffen und mussten lange bissig sein und immer wieder weitermachen."
Während die Capitals im Powerplay erfolgreich waren (2/6), warten die Panthers (0/3) noch auf ihren ersten Überzahl-Treffer in den Playoffs 2022 (0/9). "Das ist unakzeptabel", sagte Huberdeau. "Wir müssen ein paar Dinge ändern. In den Playoffs brauchst du diese Tore. Sie sind wichtig. Wir hatten Chancen heute, haben diese aber nicht genutzt."
Floridas Trainer Andrew Brunette will auch noch an anderen Stellschrauben drehen: "Bislang lautet die Erzählung, dass sie in jedem Zweikampf um den Puck und in jedem Bereich des Spiels mehr gekämpft und einen größeren Willen gezeigt haben. Wir müssen uns hier etwas überlegen. Für mich hat die Frustration überhand genommen. Und wenn du frustriert bist, dann heißt das normalerweise, dass du nicht hart genug arbeitest. Unser Kampf ist nicht so, wie er das ganze Jahr war. Es könnten die Nerven sein. Aber wir werden einen Weg finden."
🏒 "Elite Spieler" Pavelski dreht das Spiel für Dallas
Die nächste Überraschung landeten die Dallas Stars, die Spiel 3 gegen die Calgary Flames mit 4:2 gewinnen konnten (Serie: 2:1). Das Zünglein an der Waage spielte erneut Joe Pavelski, dem ein Doppelpack gelang (2-0-2).
"Es war der nächste Schritt", so Pavelski. "Jeder in der Aufstellung hat viel Aufwand betrieben. Es gab viel Physis, die Jungs sind drangeblieben haben Checks eingesteckt, gute Spielzüge gemacht und Checks ausgeteilt. Es war ein großer Kampf. Unsere Mannschaft konnte mithalten und das hat mir gefallen."
Radek Faksa brachte Dallas in Führung (9.), doch Calgary drehte die Partie dank Trevor Lewis (14.) und Elias Lindholm (24.). Dann trat Matchwinner Pavelski in Erscheinung: Der 37-jährige US-Amerikaner glich erst aus (32.) und erzielte dann auch noch den Siegtreffer (51., im Powerplay). Ein Empty-Net-Tor von Roope Hintz setzte die Kirsche auf die Sahnetorte (60.).
"Elite-Athleten finden einen Weg, in solchen Situationen zu glänzen. Joe war erneut wichtig für uns. Er ist immer vor dem Tor und es braucht Timing, um dort zu sein und Schüsse abzufälschen. Du kannst dort nicht zu früh oder zu spät sein und musst das genau antizipieren, das Timing muss stimmen. Und er hat das voll im Griff", lobte Stars-Trainer Rick Bowness den Matchwinner.
"Unsere Mannschaft fühlt sich immer noch gut und hat Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Es gibt keine Panik in unserer Kabine", hob Flames-Stürmer Blake Coleman hervor. "Wir haben viele Spieler, die schon in solchen Situationen waren. Wir wollen jetzt ein Spiel gewinnen und uns den Heimvorteil zurückholen."
Dallas-Torwart Jake Oettinger stoppte 39 von 41 Schüssen und wusste mit 95,1 Prozent Fangquote zu gefallen. Calgarys Keeper Jacob Markström zeigte 28 Saves (90,3 Prozent Fangquote). Der österreichische Stars-Stürmer Michael Raffl verzeichnete 15:07 Minuten Eiszeit (davon 2:08 in Unterzahl, vier Checks).