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NHL

Analytics Wednesday: Die Edmonton Oilers in der Krise

Jeden Mittwoch präsentiert Elite Prospects Rinkside eine Analyse zu einem aktuellen Thema aus der NHL. Am Analytics Wednesday geht es in dieser Woche um die Krise bei den Edmonton Oilers.


Was ist mit den Edmonton Oilers passiert? Nach überragenden Saisonstart wurden die Oilers mittlerweile auf einen Wildcard-Platz durchgereicht. Edmonton steckt in der Krise - die Playoffs sind in Gefahr.

Knackpunkt in der laufenden Saison 2021/22 war Anfang Dezember. Bis zum 1. Dezember 2021 nämlich holte kein Team prozentual mehr Punkte als die Oilers: Eine 16-5-0-Ausbeute bedeutete einen Punkteschnitt von 76,2 Prozent – ligaweit der Bestwert noch vor den Florida Panthers (15-4-3, 75,0 Punktprozent), Carolina Hurricanes (15-5-1, 73,8 Punktprozent), New York Rangers (14-4-3, 73,8 Punktprozent) und Toronto Maple Leafs (17-6-1, 72,9 Punktprozent).

Ab dem 2. Dezember 2021 aber ging bei Edmonton nahezu nichts mehr: Von den zwölf Spielen seitdem konnten die Oilers nur deren zwei gewinnen. Eine 2-8-2-Bilanz mit 25,0 Prozentpunkten bedeutet den drittschlechtesten Wert in der gesamten NHL! Nur die Arizona Coyotes (1-6-1, 18,8 Prozentpunkte) und Montreal Canadiens (1-7-1, 20,0 Prozentpunkte) waren in diesem Zeitraum noch schlechter.

Das Ergebnis: Edmonton wurde von der Spitze der Pacific Division auf Rang vier durchgereicht und steht in der Western Conference gerade noch so über dem Strich auf dem letzten Wildcard-Spot. Die Qualifikation für die Stanley Cup Playoffs ist in Gefahr: Winnipeg Jets (16-11-5) und Los Angeles Kings (16-12-5) sind in unmittelbarer Schlagdistanz zu den Oilers (18-13-2). Gerade einmal drei Punkte dahinter stehen die San Jose Sharks (17-16-1) und die aufstrebenden Vancouver Canucks (16-15-3).


Trainer Tippett vor dem Rauswurf  

In der Kritik: Edmontons Trainer Dave Tippett.

In der Kritik: Edmontons Trainer Dave Tippett. FREDRIK KARLSSON / BILDBYRÅN


Für das Selbstverständnis in Edmonton viel zu wenig, denn eigentlich wollen die Oilers schon seit Jahren nach dem Stanley Cup greifen. Auch in diesem Jahr ist Edmonton als ernstzunehmender Contender gestartet. Trotz des starken Starts sieht die Realität aufgrund des Negativtrends nun ganz anders aus.

Trainer Dave Tippett ist schwer angezählt. Viele Experten in Nordamerika gehen davon aus, dass sein Rauswurd unmittelbar bevorsteht. Auf diese Gerüchte angesprochen reagierte der 60-jährige Kanadier abweisend: „In meinem Alter kümmert mich so etwas kein Stück. Dafür bin ich schon zu lange dabei.“

Tippett übernahm die Oilers zur Saison 2019/20, steht also bereits in seinem dritten Jahr hinter der Bande. Zwar erreichte Edmonton zweimal die Playoffs, doch die hohen Erwartungen erfüllten sich nicht: 2020 war bereits in der Qualifikationsrunde Schluss (1:3 gegen die Chicago Blackhawks), 2021 wurden die Oilers bereits in der 1. Runde gesweept (0:4 gegen die Winnipeg Jets).

Die Geduld der Verantwortlichen scheint nun aufgebraucht zu sein. Die Dauerbaustellen wie schlechtes Goaltending, eine anfällige Defensive und die Abhängigkeit von den Superstars Connor McDavid und Leon Draisaitl konnte auch Tippett nicht auflösen.

Doch wie konnte Edmonton innerhalb eines Monats so abstürzen?


Offensive, Defensive, Special Teams: Die Zahlen stürzen ein  

Betrachtet man die Team-Statistiken in zwei Phasen (bis zum 1.12. und ab dem 2.12), fällt insbesondere ein Einbruch der offensiven Produktivität auf: Die Zahl der Tore pro Spiel stürzte von 3,81 (2.) auf 2,42 (28.) ab. Auch das anfangs so tödliche und beste Powerplay der Liga scheint von den Gegnern dechiffriert zu sein: Die Erfolgsquote in Überzahl sank von 35,9 Prozent (1.) auf 19,4 Prozent (20.). Überhaupt haben die Oilers ein Effektivitätsproblem: Die Schusseffizienz verschlechterte sich drastisch von 11,8 Prozent (2.) auf 7,3 Prozent (31.). Oder anders gesagt: Brauchte Edmonton anfangs nur 8,5 Schüsse für ein Tor, waren es zuletzt 13,8 Schüsse.

Aber auch die Defensive trägt ihren Teil zum Negativlauf in Alberta bei: Die Zahl der Gegentore pro Partie veränderte sich von 2,9 (17.) auf 3,83 (26.). Damit einher ging das Penalty Killing, das von 87,7 Prozent Erfolgsquote auf 69,4 Prozent (27.) abfiel.

Eher unauffällig sind Werte wie Strafen, Faceoffs, Checks und geblockte Schüsse.


Wenn die Superstars nicht abliefern…

Die Edmonton Oilers sind abhängig von ihren Superstars Leon Draisaitl (l.) und Connor McDavod (r.).

Die Edmonton Oilers sind abhängig von ihren Superstars Leon Draisaitl (l.) und Connor McDavod (r.). Ed Mulholland / USA TODAY Sports



In der aktuellen Krise wird allen voran die Abhängigkeit von den beiden Superstars Connor McDavid und Leon Draisaitl deutlich. In der ersten Phase der Saison (bis zum 1.12.) lieferte das Duo Infernale überragend gut ab: McDavid kam auf 1,9 Scorerpunkte pro Spiel (15-25-40), Draisaitl sogar auf 1,95 Scorerpunkte pro Spiel (20-21-41). In der zweiten Phase (ab dem 2.12.) konnte McDavid nur noch 1,08 Punkte/Spiel (4-9-13), Draisaitl gar nur noch 0,92 Punkte/Spiel (5-6-11) vorweisen. Liefern die beiden ultimativen Triebfedern im Offensivspiel der Oilers nicht so übermenschlich gut ab, hat auch das Team keinen Erfolg.

Nach wie vor fehlt es auch an Entlastung in Form von Secondary Scoring aus der Tiefe. Ryan Nugent-HopkinsZach Hyman und Jesse Puljujärvi machten anfangs noch Mut, die Scoring-Last auf mehrere Schultern verteilen zu können, doch auch deren Zahlen brachen regelrecht ein: Bei Nugent-Hopkins von 0,95 auf 0,67 Punkte pro Spiel, bei Hyman von 0,81 auf 0,33 und bei Puljujärvi von 0,81 auf 0,6. Hinter diesen Top-5-Angreifern fehlt Edmonton wie schon in den Jahren zuvor die konstante Durchschlagskraft.

Umso heftiger dürfte die Oilers ein Ausfall von McDavid treffen. Der wahrscheinlich schnellste Spieler der Welt wurde positiv auf das Coronavirus getestet und dürfte für mindestens fünf Tage ins Covid-19-Protokoll aufgenommen werden. Die beiden Spiele bei den Toronto Maple Leafs und gegen die Ottawa Senators stehen somit auf der Kippe.


Achillesferse Goaltending  

Kein sicherer Rückhalt: Oilers-Goalie Mikko Koskinen.

Kein sicherer Rückhalt: Oilers-Goalie Mikko Koskinen. Dennis Schneidler / USA TODAY Sports


Zu guter Letzt drehen wir den Scheinwerfer noch auf das Goaltending, denn auch hier befindet sich Edmonton im freien Fall: Bis zum 1. Dezember hatten alle drei Torhüter noch eine Fangquote von über 90 Prozent, seit dem 2. Dezember allerdings alle unter 90 Prozent: Mikko Koskinen verschlechterte sich von 91,4 auf 86,6 Prozent, Stuart Skinner von 92,8 auf 89,9 Prozent und Mike Smith von 92,0 auf 86,5 Prozent. Allesamt besorgniserregende Werte. Bei der jüngsten 1:4-Niederlage bei den New York Rangers kassierte Koskinen vier Soft-Goals, das erste nach einem haarsträubenden Ausflug hinter das Tor. Zudem fiel der Finne mit einer Schwalbe auf.

Seit Jahren haben die Oilers ein Torwart-Problem. Bislang konnte noch kein Keeper die nötige Stabilität bringen und für Sicherheit sorgen. Zudem sind weder Koskinen (33) noch Smith (39) aufstrebende Talente für die Zukunft. Somit hält sich auch der Name Marc-André Fleury (Chicago Blackhawks) hartnäckig in der Gerüchteküche. Der amtierende Vezina-Trophy-Gewinner dürfte aber wohl nur zu einem ernstzunehmenden Favoriten für den Stanley Cup wechseln. Davon aber ist Edmonton derzeit genauso meilenweit entfernt wie Trainer Tippett von einer Job-Garantie.



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