Gescheitert: Die Vegas Golden Knights wurde aus dem Playoff-Rennen eliminiert.
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NHL

Das Aus: Darum verpassten die Vegas Golden Knights erstmals die Playoffs

Es ist die größte Negativ-Überraschung der NHL-Saison 2021/22: Erstmals in ihrer Geschichte verpassen die Vegas Golden Knights die Stanley Cup Playoffs. Viele Verletzungen, fehlende Chemie und Panik im Penaltyschießen führten zu diesem historischen Aus.



Am Ende hielten die Golden Knights dem Druck nicht stand. Seit Wochen war über das mögliche Aus eines der Top-Favoriten spekuliert und über die schlechteste Saison der Franchise-Geschichte geschrieben worden. Am Mittwochabend stand fest: Erstmals überhaupt verpasst Vegas die Qualifikation für die Stanley Cup Playoffs.

In Chicago verloren die Golden Knights mit 3:4 n.P. gegen die Blackhawks. Das Schicksal war allerdings bereits kurz zuvor im 1300 Kilometer entfernten Dallas besiegelt worden, wo die Stars beim 3:4 n.V. gegen die Arizona Coyotes noch einen Punkt eingefahren hatten, um das letzte der insgesamt 16 Playoff-Tickets zu lösen.

Doch selbst bei einem Patzer der Texaner oder mehr Schützenhilfe der Yotes hätte es für die Knights nicht mehr gereicht. Ein Sieg in der Windy City war Pflicht, um die mathematischen Rest-Hoffnungen noch am Leben zu erhalten. Doch dafür präsentierte sich Las Vegas einmal mehr zu fahrig und schien unter dem Dauerdruck der letzten Wochen zu kollabieren.

 

Vegas fahrig, Chicago eiskalt  

Verteidiger Shea Theodore verdaddelte den Puck in der eigenen Zone, Taylor Raddysh übernahm und bestrafte das postwendend mit dem 1:0 für die Hawks (17.). Eine Direktabnahme von Michael Amadio aus spitzem Winkel von links sorgte für das 1:1 (18.). Sekunden vor der ersten Pause ließ die Vegas seinen Torwart Logan Thompson (37 Saves, 92,5 Prozent Fangquote) komplett im Regen stehen: Raddysh kam aus der Nahdistanz mehrfach zu Schuss und traf bei noch 3,1 Sekunden auf der Uhr mit seinem dritten ungestörten Versuch zum 2:1 für Chicago (20.).

Anfang des zweiten Drittels traf Verteidiger Alec Martinez nach einem gewonnenen Faceoff mit einem Handgelenksschuss aus der Distanz zum 2:2 in den rechten Winkel (24.). Doch der erneute Ausgleich hielt gerade einmal 66 Sekunden, dann leistete sich Golden-Knights-Center Jack Eichel einen Fehlpass im Aufbau. Blackhawks-Abwehrspieler Caleb Jones nutzte den nächsten haarsträubenden Turnover zum 3:2 (26.). Vegas kam aber ein drittes Mal zurück: Ein Schuss von Brayden McNabb wurde von Max Pacioretty zum 3:3 abgefälscht (58.).

Im dritten Drittel sowie auch in der Overtime gab es keine Tore zu sehen – und auch im Shootout dauerte es bis in die 7. Runde, ehe Chicagos Tyler Johnson als 13. Schütze den einzigen Penaltyschuss versenkte: Der flinke Center lief mit Tempo aufs Tor zu und überwand Thompson mit einem Schuss ins rechte Eck.

 Der Schlusspunkt: Chicagos Tyler Johnson versenkt seinen Penaltyschuss, Vegas-Torwart Logan Thompson ist machtlos.

Der Schlusspunkt: Chicagos Tyler Johnson versenkt seinen Penaltyschuss, Vegas-Torwart Logan Thompson ist machtlos. Matt Marton / USA TODAY Sports / Bildbyrån


Panik im Penaltyschießen  

Für die Golden Knights war es bereits die dritte Niederlage im Shootout in Folge. Keinen der letzten 17 Penaltyschüsse konnte Vegas verwerten. "Ich habe keine Erklärung dafür, warum so viel gute Spieler nicht ins Tor treffen. Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Ich fühle mich schlecht für unseren Goalie: LT (Logan Thompson) hat uns im Shootout immer eine Chance im Shootout gegeben", zeigte sich Trainer Peter DeBoer ratlos. Stürmer Pacioretty sah den Fehler weniger im Penaltyschießen selbst, sondern eher im Verhalten davor: "Wir haben nicht genug gemacht, um die Spiele in der regulären Spielzeit oder in der Overtime zu gewinnen, um sicher zu gehen, dass es keine Fragezeichen geben wird. In diesem Sommer wird es viel nachzutrauern geben."

Es gab einen emotionalen Zusammenbruch.

In der gesamten Saison musste Las Vegas achtmal ins Penaltyschießen und konnte die Hälfte gewinnen (4-4). Dass ausgerechnet in der entscheidenden Phase der Hauptrunde aber gleich drei Shootout-Niederlagen in Folge passierten, hatte vor allem auch mentale Gründe: Beim 4:5 n.P. gegen den Erzrivalen San Jose Sharks am Sonntag kassierten die Knights 0,9 Sekunden vor Schluss den Ausgleichstreffer durch den Schweizer Timo Meier. Auch beim 2:3 n.P. im ultimativen Showdown mit den Dallas Stars am Dienstag schlug das Momentum hinten raus nicht für Vegas aus, denn Doppelpacker Jason Robertson hatte die Texaner zweimal zurückgebracht. In Chicago war es dann längst ein Nervenspiel.

"Ich glaube nicht, dass der Tank leer war. Vielleicht war die Motivation ein Faktor, nachdem wir tags zuvor verloren haben, nur noch eine mathematische Chance bestand, Dallas im Parallelspiel mit 3:0 vorne lag und am Ende in die Verlängerung ging, was uns eliminiert hat", analysierte DeBoer. "Ich denke, es gab einen emotionalen Zusammenbruch nach einer schweren und harten Niederlage gestern in Dallas."

 

Viele Verletzte und fehlende Chemie

Bei den Golden Knights war allerdings nicht erst in den letzten Wochen der Wurm drin. Bereits seit Saisonbeginn wurde Vegas vom Verletzungspech verfolgt. Kein einziger Spieler im Kader konnte die bislang 81 absolvierten Spiele der regulären Saison allesamt bestreiten.

Unter den Verletzten waren zudem wichtige Leistungsträger. Darunter Top-6-Stürmer wie Kapitän Mark Stone (45 verpasste Spiele), Max Pacioretty (43 verpasste Spiele), Reilly Smith (25 verpasste Spiele), William Karlsson (15 verpasste Spiele), Jonathan Marchessault (6 verpasste Spiele) und Chandler Stephenson (3 verpasste Spiele). Auch Top-4-Verteidiger Alec Martinez (56 verpasste Spiele), Brayden McNabb (13 verpasste Spiele), Shea Theodore (4 verpasste Spiele) und Alex Pietrangelo (2 verpasste Spiele) fehlten teils über weite Strecken. Auch Stammtorwart Robin Lehner kam nur 44-mal zum Einsatz und schied in den letzten Wochen wegen einer Schulter-OP komplett aus. Mit Logan Thompson lag die Verantwortung plötzlich auf den Schultern eines 25-jährigen Rookies.

Wir hatten genug Spieler, die miteinander spielen können.

"Viele Top-Spieler haben über einen längeren Zeitraum gefehlt. Sowas habe ich noch nicht erlebt. Das ist verrückt. Das ist schwer", haderte Stephenson. Entsprechend war es für die Knights schwer, sich einzuspielen und Automatismen zu entwickeln. "Chemie ist das wichtigste auf und neben dem Eis. Wir hätten diese gerne schon im Training Camp aufgebaut. Es braucht Zeit, um das zu kreieren, aber wir hatten eigentlich auch genug Spieler, die miteinander spielen können, um Erfolg zu haben. Das ist also nicht entschuldbar", nahm Pacioretty kein Blatt vor den Mund.

"Wir hatten viele Verletzte, aber auch viel Tiefe, weshalb wir es trotzdem in die Playoffs hätten schaffen müssen. Auf dem Papier hat uns eigentlich nichts gefehlt. Wir hatten alles, was wir gebraucht hätten. Aber wir wissen auch, dass harte Arbeit das Talent auf dem Papier schlagen kann. Das ist eine bittere Pille, die wir schlucken müssen. Keiner hat erwartet, dass wir so underperformen wie wir in diesem Jahr."

 

Eichel-Trade ohne erhoffte Wirkung  

Ein weiteres Puzzlestück einer enttäuschenden Saison in Las Vegas war auch der Blockbuster-Trade von Jack Eichel. Mit der Akquise des 25-jährigen Superstars von den Buffalo Sabres hofften die Knights, den lang-ersehnten Elite-Mittelstürmer gefunden zu haben. Doch die hohen Erwartungen konnte der Center nach einer Nacken-OP und elf Monaten ohne NHL-Einsatz nicht erfüllen. Eichel kam in 33 Spielen auf eine 12-10-22-Ausbeute und lieferte oft gespenstische Spiele ab.

Seit seinem Vegas-Debüt am 16. Februar 2022 haben die Golden Knights nur einen Punkteschnitt von 50 Prozent und konnten nur 14 Spiele gewinnen (14-14-5).

Den für Eichel eingetauschten Power Forward Alex Tuch (48 Spiele für die Sabres, 12-26-38) konnte Vegas nicht ersetzen. Auch Peyton Krebs performte in Buffalo (46 Spiele, 7-15-22) besser als zuvor in Sin City (9 Spiele, 0-0-0). Stand jetzt hat sich der Trade für die Golden Knights also noch nicht ausgezahlt, zumal diese auch noch ein Erstrunden-Pick an die Niagarafälle schickten.

Hinter den Erwartungen: Jack Eichel war bislang nicht die erhoffte Verstärkung für die Golden Knights.

Hinter den Erwartungen: Jack Eichel war bislang nicht die erhoffte Verstärkung für die Golden Knights. Stephen R. Sylvanie / USA TODAY Sports / Bildbyrån


 

Die schlechteste Saison der Franchise-Geschichte  

Unterm Strich war Las Vegas in allen Bereichen zu durchschnittlich. Das gilt für die Offensive (3,15 Tore/Spiel, 13.), die Defensive (2,96 Gegentore/Spiel, 14.), das Powerplay (18,1 Prozent Erfolgsquote, 24.) und das Penalty Killing (78,1 Prozent Erfolgsquote, 21.). Aber auch ihre physischen Stärken konnten die Knights nicht ausspielen (20,42 Hits/60mins., 26.). Hinzu kam, dass das Playoff-erfahrene Team dem Druck der letzten Wochen nicht standhalten konnte.

So steht am Ende die schlechteste Saison der Franchise-Geschichte. Erstmals überhaupt verpasst Vegas die Stanley Cup Playoffs. 

Wir haben alles in der Kabine, um zu gewinnen.

"Klar bin ich überrascht und auch enttäuscht. Ich stehe in der Reihe der Verantwortlichen ganz vorne. Es gab hohe Erwartungen an diese Mannschaft. Wir sind seit einer Weile unter Druck und haben das auch gefühlt. Wir spielen schon seit drei, vier Wochen ums Überleben, also schon eine ganze Zeit. Es ist nicht leicht und fühlt sich für niemanden gut an", sagte DeBoer.

"Wir haben jetzt viel Zeit, um das zu reflektieren und müssen einen Weg finden, uns zu verbessern", richtete Pacioretty den Blick schon wieder nach vorne. "Man muss sich jetzt Teams anschauen, die sich nach solchen Unglücken verbessert haben. Tampa wurde gesweept und hatte danach großen Erfolg. Auch andere Teams haben die Playoffs verpasst und dann mit demselben Kern lange Playoff-Runs. Wir glauben an das, was wir haben. Wir wissen, dass wir alles in dieser Kabine haben, um zu gewinnen. Aber es gibt keine Entschuldigung für die Position, in der wir jetzt sind."


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