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Riley Sheen: DEL-Top-Torjäger auf leisen Kufen

Riley Sheen hat in der DEL Eindruck hinterlassen: Der Stürmer von Aufsteiger Bietigheim Steelers führt die Torjägerwertung der gesamten Liga an. Mit Elite Prospects Rinkside spricht der 27-jährige Kanadier über neue Erfahrungen im Abstiegskampf, seinen ungewöhnlichen Karriereweg und leise Kufen.



Als Top-Torjäger der gesamten DEL voran zu gehen, ist schon eine außergewöhnliche Leistung. Doch ist es sehr wohl nochmal ein Unterschied, ob man dies in einem Top-Team der Liga schafft oder aber bei einem Außenseiter wie dem Aufsteiger Bietigheim Steelers. Keine Frage: Riley Sheen ist eine der ganz großen Überraschungen in der laufenden Saison 2021/22.

Riley Sheen: Top-Torjäger der DEL

Riley Sheen: Top-Torjäger der DEL BILDBYRÅN/Eibner


„Ich würde lügen, wenn ich das erwartet hätte. Aber ich wusste, dass er das Potenzial dafür hat“, sagt Steelers-Trainer Daniel Naud über seinen ultimativen Leistungsträger. Und Sheen selbst? „Ich würde nicht sagen, dass ich überrascht von mir selbst war. Ich bin super-selbstbewusst in die Saison gegangen, das fing alles schon mit der Vorbereitung im Sommer an. Das hat mir gesagt, dass ich es auch auf diesem Level kann.“

Schon in der Vorsaison zählte Sheen zu den ultimativen Senkrechtstartern in Bietigheim: Mit einer 28-33-61-Ausbeute aus 45 DEL2-Spielen war er bester Goalgetter und Scorer bei den Steelers, lag ligaweit aber gerade einmal auf Rang 8 in Sachen Tore sowie auf Platz 15 in Sachen Punkte. Umso beeindruckender ist es, dass er eine Liga höher sogar noch besser performt: Sheen sammelte bislang 35 Tore, 18 Assists und 53 Scorerpunkte in 43 Spielen. Darunter 14 Multi-Punkt-Spiele, drei Hattricks und sieben Doppelpacks. Behält er diese Pace bei, käme der Stürmer am Ende der regulären Saison auf 45 Tore und 68 Punkte – Zahlen eines geborenen Scharfschützen.

Reley Sheen ein absoluter Sniper

Riley Sheen schlägt zu BILDBYRÅN/Pressefoto Baumann


„Ich weiß nicht, ob ich ein natürlicher Torjäger bin“, sagt Sheen bescheiden. „Es hat viel mit der Arbeit im Sommer zu tun. Im Training bleibe ich oft länger auf dem Eis, übe viele Schüsse und verschiedene Möglichkeiten, Tore zu erzielen.“


Leise Kufen: Sheen ist weit mehr als „nur“ ein Sniper  

Sheens Fähigkeiten nur auf seinen Torriecher oder seinen Schuss zu beschränken aber würde das Gesamtbild verfälschen. Der 1,79 Meter große und 70 Kilogramm schwere Linksschütze verfügt über ein smartes Positionsspiel und eine herausragende Technik beim Skaten: Bohrt der Kanadier seine Kufen ins Eis, ist das kaum zu hören. Auf diesen leisen Eisen ist Sheen auch noch explosiv, schnell, wendig und trickreich.


„Wenn ich die Möglichkeit bekomme, dann treffe ich.“ 

„Ja, das stimmt“, sagt Sheen darauf angesprochen. In seiner Stimme klingt dabei eine Menge Stolz mit: „So wie ich skaten kann, ist das ein großer Grund für meinen Erfolg: Ich kann meine Geschwindigkeit nutzen und mich in Position bringen. Wenn ich die Möglichkeit bekomme, dann treffe ich.“ Und das bislang schon 35-mal und in zehn Multi-Tor-Spielen. Kein anderer DEL-Spieler knipste die Torlampe häufiger an. „Das fühlt sich richtig gut an“, sagt Sheen. „Es ist eine Ehre, mit solchen Spielern da oben zu stehen. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber meine 20 Mitspieler haben auch viel Selbstvertrauen. Das Team ist das Wichtigste.“


Mehr Offensivpower durch mehr Defensivarbeit  

Auch sein Trainer weiß, was er an seiner Nummer 91 hat: „Riley ist sehr beweglich, mobil, kann das Spiel sehr gut lesen und hat einen super Schuss. Es passt auch mit ihm im Powerplay“, bestätigt Naud, sagt aber auch: „Am Anfang der Saison war er defensiv nicht so gut, wie ich es mir gewünscht hatte. Aber wir haben uns zusammengesetzt und geredet. Seitdem spielt er super, auch in der Defensive. Das ist auch ein Grund dafür, warum er so viele Tore schießt. Das ist komisch zu sagen, aber wenn man gut defensiv spielt, dann kriegt man auch mehr Chancen nach vorne, denn du bekommst die Scheibe so, dass du oft eine 2-gegen-1-Situation hast. Da ist er sehr gefährlich.“

Steelers-Headcoach Daniel Naud lobt jetzt auch Sheens defensive Einstellung

Steelers-Headcoach Daniel Naud lobt jetzt auch Sheens defensive Einstellung BILDBYRÅN/Pressefoto Baumann


Mehr Offensivpower durch mehr Defensivarbeit? Das kann auch der 27-jährige Shootingstar bestätigen: „Ja definitiv. Darüber sprechen wir sehr viel im Team: Wenn wir den Puck in der Defensivzone erobern, dann können wir das Tempo in unser Reihe nutzen, um schnell auf Angriff umzuschalten und kreieren eine Menge Offensive.“


Eine Scoring-Reihe als Lebensversicherung  

Bietigheims erste Reihe mit Riley Sheen (28-33-61), C.J. Stretch (11-25-36) und Evan Jasper (9-8-17) zählt zu den gefährlichsten Linien in der DEL und ist eine menschgewordene Lebensversicherung im Abstiegskampf. „Evan ist ein sehr schneller Spieler, der gerne vors Tor zieht, gerne hart spielt und seine Checks zu Ende fährt. Bei C.J. ist es das Gleiche: Er spielt mit Biss und ist auch ein unglaublicher Passgeber. Jasy kann treffen, C.J. kann treffen und auch ich kann treffen – wir setzen uns gegenseitig gerne in Szene.“


„Wir sind auch neben dem Eis gute Freunde.“ 

Diese Harmonie strahlt das Trio auch auf dem Eis aus. „Die gute Chemie kommt daher, dass wir auch neben dem Eis gute Freunde sind und viel Zeit miteinander verbringen“, erklärt Sheen. „Wir sind nie sauer aufeinander, sondern geben uns immer positives Feedback, geben da draußen alles und haben einfach viel Spaß. Wir haben uns auch letztes Jahr schon gut verstanden, obwohl wir gar nicht zusammengespielt hatten.“


Ein ungewöhnlicher Karriereweg  

In der DEL steht Sheen also im Rampenlicht. In seiner bisherigen Karriere aber flog der 27-Jährige lange unter dem Radar. Geboren wurde Sheen in Edmonton/Alberta, eine Eishockey-Metropole, die kaum einen anderen Berufswunsch als Profi-Hockeyspieler zuließ. „Wenn du dort aufwächst, dann stehst du schon früh auf Schlittschuhen. Das ist etwas ganz Normales. Überall sind Freiluft-Eisflächen, du gehst also mit deiner Familie und Freunden Eishockey spielen. Meine frühesten Erinnerungen sind, wie ich mit meinem Opa und meinem Dad Schlittschuhlaufen gegangen bin. Mit vier, fünf Jahren habe ich dann angefangen, es organisiert zu betreiben. Ich habe viel Zeit auf dem Eis verbracht und weiß gar nicht, ob ich meine Skates überhaupt einmal ausgezogen habe“, lacht Sheen, der selbstredend auch glühender Oilers-Fan („Bis zum Ende!“) ist.

Riley Sheen ist ein bekennender Edmonton Oilers Fan

Riley Sheen ist ein bekennender Edmonton Oilers Fan BILDBYRÅN/Eibner


Ganze fünf Jahre spielte Sheen in der kanadischen Juniorenliga WHL für die Medicine Hat Tigers, Seattle Thunderbirds, Lethbridge Hurricanes und Red Deer Rebels. Gedraftet aber wurde er trotz guter Scoring-Zahlen nie. „Ich weiß auch nicht, warum es nie passiert ist“, blickt Sheen zurück. „Es gibt aber viele gute Spieler, die nicht gedraftet wurden und heute trotzdem Profi-Hockey spielen. Für mich war es ein Privileg, in der WHL spielen zu dürfen. In dieser Zeit bin ich schnell erwachsen geworden. Dafür bin ich sehr dankbar. Ein Draft ist nur ein Teil deiner Karriere.“

Diese führte Sheen dann in kanadischen College-Ligen fort und startete parallel dazu ein Studium. Im Jahr 2019 tat sich dann eine neue Möglichkeit in einer Profi-Liga auf: Der Angreifer schloss sich ORG Beijing in der VHL (zweite „russische“ Liga hinter der KHL) an und unterstrich sein Können mit 50 Scorerpunkten (27 Tore, 23 Assists) in 53 Spielen. „Es war fantastisch dort“, erinnert sich Sheen. „Ich war glücklich über diese Möglichkeit und habe in meinem ersten Profi-Jahr viele Orte gesehen, egal ob in Korea, China oder Russland. Die VHL ist nicht so bekannt, hat aber ein hohes Level. Dort habe ich verstanden, was es heißt, ein Profi zu sein.“

In dieser Zeit streckten auch die Steelers ihre Fühler aus. „Ich habe viele Spiele von ihm gesehen, es war sehr intensiv. Er hat voll mitgehalten und war Top-Scorer seiner Mannschaft“, sagt Naud. Der Kontakt mit Sheens Agenten wurde aufgenommen und der Wechsel eingefädelt. „Es hat perfekt gepasst“, so Sheen. „Bietigheims Geschichte sprach für sich. Es war eine reelle Chance da, den Aufstieg zu schaffen. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen: Wir sind Meister geworden und haben den Aufstieg perfekt gemacht.“

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Abstieg? Klassenerhalt? Playoffs?  

In der DEL galt der Liga-Neuling von Anfang an als Abstiegskandidat Nummer 1. Die Schwaben aber haben sich auch dank Sheen eine Menge Respekt verschafft, sind unangenehm zu bespielen und haben als Tabellen-10. schon fünf Mannschaften hinter sich gelassen. 

„Wir spielen eine gute Saison und haben insbesondere im Kalenderjahr 2022 viele überrascht. Genau so müssen wir weitermachen. Wir werden alles machen, was möglich ist, um den Abstieg zu verhindern“, verspricht Sheen. „Wir sind sehr selbstbewusst, haben schon die Top-Teams geschlagen. Egal, was kommt, wir wollen weiter siegen.“


„Wir hätten in den Playoffs nichts zu verlieren.“ 

Für Sheen ist der Abstiegskampf ein völlig neues Gefühl – in Nordamerika nämlich gibt es ein solches System quasi nicht. „Es ist sicherlich eine neue Situation für mich, aber darüber darf man sich keine Gedanken machen. Auch letztes Jahr war Druck da, als wie die Möglichkeit hatten, aufzusteigen. Viele Jungs haben schon gezeigt, dass sie damit umgehen können. Wir müssen einfach weiter von Spiel zu Spiel denken.“

Behalten die Steelers den aktuellen Kurs bei, wären sogar die Pre-Playoffs möglich. „Es ist nicht unmöglich, das zu schaffen“, betont Sheen. „Wenn wir so weitermachen, warum sollten wir da nicht reinrutschen? Wir wissen, was es heißt, in den Playoffs zu spielen. Wir hätten nichts zu verlieren.“


Ein auslaufender Vertrag und eine offene Zukunft  

Egal, wo Bietigheim am Ende landet – Sheen selbst muss sich keinerlei Sorgen machen, dass er auch im nächsten Jahr wieder DEL-Eishockey spielen wird. Auch die anderen Klubs dürften großes Interesse haben, den Top-Torjäger und Top-Scorer, dessen Vertrag nach der Saison ausläuft, zu verpflichten. 

Riley Sheens Vertrag bei den Steelers läuft zu Saisonende aus

Riley Sheens Vertrag bei den Steelers läuft zu Saisonende aus BILDBYRÅN/Pressefoto Baumann


„Ich habe noch mit niemanden geredet. Dafür habe ich ja meinen Agenten. Was auch immer passiert, passiert eben“, wiegelt Sheen ab und unterstreicht: „Ich bin super-fokussiert auf Bietigheim und möchte den Steelers helfen, in der Liga zu bleiben. Das ist das Allerwichtigste. Darum geht es.“




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