DEL

Bietigheim Steelers: Der DEL-Aufsteiger im Portrait

In der Saison 2021/22 geht die Deutsche Eishockey Liga mit 15 statt 14 Teams an den Start. Neu ist Aufsteiger Bietigheim Steelers, der sich mit Mut, harter Arbeit und schwäbischen Grundwerten zum Klassenerhalt kämpfen möchte. EliteProspects Rinkside stellt den Liga-Neuling vor.



Die Steelers gehen 2021/22 in die erste DEL-Saison ihrer Vereinsgeschichte! Doch eine Liga höher hängen die Trauben hoch: Nicht wenige gehen davon aus, dass der Aufsteiger direkt wieder absteigt. „Das Einzige, was du im Leben geschenkt bekommst, ist Mitleid – und das wollen wir nicht“, betont Bietigheims Geschäftsführer Volker Schoch. „Keiner hat Druck, wir wollen es genießen.“


Der Aufstieg  

Sportlich haben sich die Steelers als DEL2-Meister für den Aufstieg qualifiziert. Nach der regulären Saison belegte Bietigheim Rang vier. In den Playoffs räumten die Schwaben dann im Viertelfinale die Löwen Frankfurt (Serie: 3:2) und im Halbfinale den EHC Freiburg (Serie: 3:2) aus dem Weg. Im Finale setzten sich die Steelers dann auch ein drittes Mal in fünf Spielen gegen die Kassel Huskies durch und kürten sich zum Champion. 

„Es war brutal emotional“, blickt Verteidiger Tim Schüle mit viel Stolz in der Stimme zurück. „Für mich hat es lange gedauert, das zu realisieren. Erst als dann die Zusage kam, dass wir die DEL-Lizenz haben, wurde es real. Wir haben uns den Traum verwirklicht, als erstes Team nach 15 Jahren hochzugehen. Wer das Eishockey hier verfolgt hat, der weiß, dass Bietigheim jahrelang die Top-Mannschaft in der 2. Liga war, einige Meisterschaften gefeiert hat, aber nie aufsteigen konnte. Jetzt mit einem kleinen Kader und einer eingeschworenen Truppe die Meisterschaft und den Aufstieg zu feiern, ist unglaublich.“

Tim Schüle

Tim Schüle BILDBYRÅN/osnapix


Seit Gründung der DEL2 zur Saison 2013/14 waren die Steelers immer in den Playoffs, schafften es in sechs von acht Jahren sogar ins Finale und feierten drei Meistertitel. Nach zwei Jahren in Folge ohne Final-Teilnahme war Bietigheim pünktlich zur der Einführung des Aufstiegs wieder zur Stelle: „Das war das, woran wir immer geglaubt haben“, so Schoch. „Es war eine Punktlandung.“


Die Finanzen  

Nachdem der sportliche Kraftakt gelungen war, folgte der finanzielle, denn die Steelers mussten für den Aufstieg die Rahmenbedingungen der DEL erfüllen. „Wirtschaftlich haben wir uns schon früh darauf eingestellt. Wir sind die Lizenzierung ohne kritische Themen durchgegangen“, so Schoch. Allerdings: „Wir haben den kleinsten Etat in der Liga. Das ist aber kein Grund zum Jammern, denn wir werden schwäbisch-solide arbeiten und das erste Jahr zusammen durchstehen. Es ist ein Miteinander.“


Der Standort  

Bietigheim-Bissingen ist eine 43.000-Einwohner-Stadt zwischen Heilbronn und Stuttgart im Landkreis Ludwigsburg im Bundesland Baden-Württemberg. „Es ist eine Sportstadt mit einem sehr konzentrierten Sportinteresse“, findet Schoch. „Wir haben Charme hier: Auswärtsfans sollten auf jeden Fall den Württemberger Wein probieren, denn die Nekarschlaufe ist ein tolles Weinanbaugebiet. Man sollte auch das leckere Essen wie Spätzle, Maultaschen oder den schwäbischen Zwiebelrostbraten probieren.“ 

Verteidiger Schüle wurde in Bietigheim geboren und kann versichern: „Es ist eine wunderschöne Region: Die Weinberge, die Altstadt und das Viadukt als Wahrzeichen. Bietigheim ist eine Sportstadt.“ Und auch bald eine echte Hockey-Town? „Ja klar“, sagt Schüle. „In der 2. Liga waren die Erfolge da und der Aufstieg wird uns noch einen Schub geben. Auch die Dörfer im Umkreis sind eishockeyverrückt.“


Das Stadion  

Die Steelers tragen ihre Heimspiele in der EgeTrans Arena in der Schwarzwaldstraße aus. Die Halle ist noch relativ jung, wurde erst im Dezember 2012 eröffnet. Das Stadion ist für Eishockey und Handball ausgelegt und fasst 4517 Plätze. Potenzial für ein DEL-Powerhouse also? „Ja!“, betont Schoch. „Es ist eine laute Arena, die familiär gehalten ist und Atmosphäre hat. Man sieht überall gut und hat einen freien Blick aufs Eis.“


Die Hockey-DNA  

Das Eishockey in Bietigheim steht für Kampf und harte Arbeit. „Wir spielen geradliniges und einfaches Eishockey“, erklärt Schüle. „Auch in der DEL müssen und wollen wir unsere DNA nicht verändern. Wir wollen uns nicht verstecken, hinten reinstellen oder Angst haben – wir wollen mitspielen.“ Das sieht auch Schoch so: „Wir müssen härter trainieren und arbeiten, im Training einen Schritt weitergehen. Jeder muss sich jeden Tag für einen Kaderplatz empfehlen und dafür kämpfen, besser zu werden.“


Die Neuzugänge  

Im Kern sind die Steelers nach dem Aufstieg zusammengeblieben, haben sich aber punktuell verstärkt und dabei vor allem auf den Faktor Erfahrung gesetzt: Verteidiger Constantin Braun (33) wurde von den Eisbären Berlin ausgeliehen, ist fünfmaliger Deutscher Meister und bringt Erfahrung aus 558 DEL-Spielen mit. Noch mehr davon kann Stürmer Daniel Weiß (31) vorweisen, der mit der Empfehlung aus 593 DEL-Partien von den Schwenninger Wild Wings nach Bietigheim wechselte. Schlüsselpositionen sollen auch zwei neue Finnen belegen: Sami Aittokallio (29) ist als Starter eingeplant, Markus Kojo (27) als eine der Triebfedern in der Abwehr. Beide bringen Erfahrung aus der höchsten finnischen Spielklasse Liiga mit, Aittokallio stand sogar zweimal in der NHL zwischen den Pfosten.

Constantin Braun

Constantin Braun BILDBYRÅN/Pressefoto Baumann


„Uns waren Spieler wichtig, die wissen, wie in der DEL gespielt wird, was in der Kabine und bei Auswärtsfahren wichtig ist. Sie sollen den unerfahrenen Spielern zeigen, wie es geht, die Angst nehmen und Respekt vermitteln. Wir wollten das Geld sinnvoll ausgeben und haben genau geschaut, wer zu uns passt. Wir suchen Menschen mit Charakter und prüfen dann, ob es finanziell für uns darstellbar ist“, so Schoch.


Der Kader  

Die Steelers verfügen über DEL-Erfahrung aus 2318 Spielen und damit mehr als die Liga-Konkurrenten Schwenninger Wild Wings (2241) und Fischtown Pinguins (1549). Das Urgestein ist René Schoofs: Der 36-jährige Esslinger ist „Mr. Bietigheim“ (O-Ton Volker Schoch) und verbrachte seine komplette Karriere im Klub. Er zählt in der Verteidigung genauso zu den Stützen wie Offensivverteidiger Schüle (30) sowie der ebenfalls DEL-erfahrene Maximilian Renner (29). Im Sturm sind Brett Breitkreuz (32), Matt McKnight (37), Norman Hauner (29), Alexander Preibisch (30), Riley Sheen (26) und C.J. Stretch (32) zu nennen. Eines der Top-Talente ist der deutsche Power Forward Yannick Wenzel (23).

„Mir ist wichtig, dass wir als Team funktionieren. Das ist unsere Philosophie: Jeder ist wichtig, jeder muss seinen Teil beitragen und dahin gehen, wo es wehtut“, betont Schoch. „Vielleicht sind einige Spieler ihren Fähigkeiten limitiert, sind aber trotzdem wichtig, weil sie mehr tun, sich in Pucks werfen und Checks zu Ende fahren.“


Die Vorfreude  

„Die Vorfreude ist natürlich riesig“, jubelt Schüle. „Wir wissen, was auf uns zukommt und müssen von Tag 1 an bereit sein.“ Einen ganz besonderen Reiz haben gleich zwei Derbys gegen die Wild Wings und die Adler: „Schwenningen endlich wieder – und Mannheim endlich mal“, sagt Schüle. „Mit Schwenningen haben wir eine eiserne Rivalität aus der DEL2, Mannheim ist einfach der große Nachbar“, freut sich auch Schoch auf packende Duelle.


Die Herausforderung  

Die Steelers wollen den Qualitätsunterschied zwischen DEL und DEL2 so schnell wie möglich ausgleichen, denn: „Der Unterschied ist riesig“, weiß Schüle, der schon für die Nürnberg Ice Tigers und Düsseldorfer EG in der DEL auflief. „Man hat weniger Zeit auf dem Eis, um Entscheidungen zu treffen. Alles ist viel schneller.“

Diese Herausforderung will Bietigheim „mit Mut angehen“, fordert Schoch: „Wir werden uns mit Sicherheit die eine oder andere blutige Nase holen. Doch nur wer stolpert und fällt, kann auch wieder aufstehen. Dafür werden wir alles tun. Auch unser Umfeld muss sich daran gewöhnen, dass wir weniger Spiele gewinnen werden. Aber wir werden es gegen jeden versuchen: Man kommt nicht nach Bietigheim, um Geschenke zu erhalten. Auch fahren die Steelers nicht wohin, um Geschenke zu verteilen. Der Klassenerhalt geht nur über Kampf und Wille. Das wissen wir.“


Darum schaffen die Steelers den Klassenerhalt…  

Tim Schüle: „Weil wir wissen, dass wir der Underdog sind und mit dieser Rolle umgehen können. Wir können uns gut einschätzen, werden alles reinknallen und sind überzeugt davon, dass wir mit Kampf und Willen den Klassenerhalt sichern werden.“

Volker Schoch: „Weil wir es wollen! Wir werden alles dafür tun und in jedem Spiel 110 Prozent geben.“



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