NHL

Dominik Bokk: Hurricanes-Handschuhe beim Anlauf für die NHL

Dominik Bokk gilt als einer der talentiertesten deutschen Stürmer. In der kommenden Saison 2021/22 will der gebürtige Schweinfurter der zweite Franke in der NHL werden. Das zeigt auch der Blick auf seine Handschuhe in der Vorbereitung.



Bokk wurde im Jahr 2018 in der 1. Runde an 25. Stelle von den St. Louis Blues gedraftet. Drei Jahre später soll es nun klappen mit dem Debüt in der NHL. Seine Rechte liegen mittlerweile bei den Carolina Hurricanes, die nach einem Umbruch im Sommer wohl auch bei Bokk ganz genau hinschauen werden.


WG mit „Bruder“ Lobach  

Genau deshalb bereitet sich der 21-jährige Stürmer aktuell mit DEL-Klub Nürnberg Ice Tigers auf die im September startenden NHL-Camps vor. „Eigentlich war der Plan, über den Sommer nach Schweden zu gehen, doch das war nicht so einfach wegen der Wohnung dort“, berichtet Bokk im Gespräch mit EliteProspects Rinkside. „Ich musste mir einen Plan B überlegen. Da kam mir Nürnberg in den Kopf, weil mein bester Freund dort spielt.“

Gemeint ist Ice-Tigers-Stürmer Dennis Lobach, der wie Bokk im unterfränkischen Schweinfurt geboren wurde. „Wir kennen uns vom Eishockey, als wir damals mit fünf, sechs Jahren zusammen angefangen haben. Seitdem haben wir immer zusammengespielt, auch später in Köln. Wir sind wie Brüder. Auch bei der Nationalmannschaft waren wir immer Zimmerpartner. Jetzt wohnen wir zusammen in einer Wohnung in Nürnberg.“


Ausbildung beim KEC und in Schweden  

Nach den Anfängen in Schweinfurt spielte Bokk zwischen 2014 und 2017 Schüler-Bundesliga und DNL beim Kölner EC. „Das war eine mega Zeit“, erinnert sich Bokk. „Es hat Spaß gemacht, ich habe immer noch viele Freunde von damals und konnte mich auch im Eishockey gut weiterentwickeln.“

2017 brach der Rechtsschütze dann in Richtung Schweden auf. „Eigentlich wollte ich nach Kanada in die OHL wechseln, aber im Importdraft wurde ich von einer WHL-Mannschaft gedraftet (Prince Albert Raiders). Das war nicht der Plan. Also habe ich mit meinem Agenten geredet, was ich machen sollte. Wir haben dann ein, zwei Nächte darüber geschlafen und sind auf Schweden gekommen.“


Rasante Entwicklung bei Växjö  

Genauer gesagt auf den Erstligsiten Växjö Lakers, wo sich Bokk deutlich schneller entwickelte, als angenommen: „Sie waren schon sehr gut dort, ich musste viel machen, um mithalten zu können und habe erstmal in der U 20 angefangen. Der Plan war, dass ich das erste Jahr dort verbringe, doch nach zwei, drei Monaten kam der Anruf, dass ich in der 1. Mannschaft mittrainieren soll. Ich bekam meine Chance, durfte schnell mein erstes Spiel machen und war eine längere Zeit dort.“

Bokk kam gleich in seinem ersten Jahr auf 15 Einsätze in der SHL, der höchsten Spielklasse Schwedens. Dabei gelangen ihm auch noch ein Tor und ein Assist. „Die Trainer waren zufrieden und ich habe nach 100 Einsatzminuten automatisch einen Profivertrag bekommen. Im Folgejahr habe ich die ganze Saison in der SHL gespielt.“ Und das richtig erfolgreich: Der Angreifer erzielte in 47 Spielen acht Tore und gab 15 Assists. „Ich habe viel von erfahrenen Spielern gelernt und unter anderem mit Janne PesonenViktor Fasth oder Elias Pettersson zusammengespielt, die mir viele Tipps geben konnten.“

BILDBYRÅN/Jonas Ljungdahl


Den „schwedischen Weg“ in der Ausbildung kann Bokk anderen deutschen Talenten nur empfehlen: „Das Training ist sehr gut, es wird auf alles geachtet: Kraft, Ausdauer, Skills, Schlittschuhlauftraining, viel Technik – das hat bei mir sehr gut geklappt. In Schweden zu leben ist auch sehr schön. Man kann es ein wenig mit Deutschland vergleichen: Da ist nicht viel anders, außer die Sprache.“


Kein „Wow-Moment“ beim Draft – AHL in Chicago  

Klar, dass auch die NHL schnell auf Bokk aufmerksam wurde. Die Blues streckten ihre Fühler aus und drafteten den Flügelstürmer nach seinem ersten Jahr in Schweden. „Ich wurde zum Draft eingeladen, war mit kleiner Familie in Dallas und hatte ein gutes Gefühl, weil St. Louis schon tags zuvor gesagt hat, dass sie mich draften wollen. Als sie dann dran waren, wusste ich, was kommt. Es war kein Wow-Moment mehr, aber für mich ist trotzdem ein Traum in Erfüllung gegangen. Es war ein sehr toller Moment für mich und auch für meine Familie, die mich auf meinem Weg immer unterstützt hat.“

Seitdem arbeitet Bokk auf sein NHL-Debüt hin und wurde drei Jahre in Folge nach Schweden ausgeliehen: Erst nochmal nach Växjö, dann für jeweils eine Saison zu Rögle BK (45 Spiele, elf Tore, sechs Assists) und Djurgårdens IF (20 Spiele zwei Tore, ein Assist), ehe er dem Ruf der AHL folgte und die Spielzeit 2020/21 bei den Chicago Wolves zu Ende spielte (29 Spiele, neun Tore, neun Assists). „Die Umstellung war am Anfang ziemlich hart: Es ist ein ganz anderes Eishockey in der AHL, die Fläche ist kleiner, es gibt viel mehr Battles auf dem Eis. Man ist aber auch näher zum Tor und es wird immer gefährlich, wenn man die Scheibe zum Tor bringt. Nach einer Zeit habe ich mich aber gut daran gewöhnt, Selbstvertrauen bekommen und auch das Vertrauen der Trainer gespürt.“


Kein Spiel, ein Trade: Carolina statt St. Louis  

Bokks Rechte lagen da schon nicht mehr bei den Blues: Im September 2019 wurde der Deutsche zusammen mit Verteidiger Joel Edmundson für Justin Faulk zu den Carolina Hurricanes getauscht. „Ich habe einen Anruf von St. Louis bekommen. Sie haben mir gesagt, dass ich getradet werde. Mehr war es nicht“, so Bokk. „Es ist schon eine schwierige Situation: Man macht sich Sorgen und fragt sich, warum man getradet wurde, wenn man noch nie dort gespielt hat. Das war ein bisschen komisch am Anfang. Nach einiger Zeit kann man es aber realisieren. Carolina hat sich gemeldet und nach einer Woche war es schon wieder normal und ich habe mich auf die neue Mannschaft gefreut. Es ist eine sehr gute Organisation mit mega Fans.“ 

Kontakt zum Schweizer Teamkollegen Nino Niederreiter hatte Bokk noch nicht, auch nicht zu Headcoach Rod Brind'Amour. „Ich habe aber viel von ihm gehört. Er soll ein sehr ehrgeiziger Trainer sein, der schon früh um sechs Uhr ins Fitnessstudio geht und auch hart zu seinen Spielern ist.“

Ein wenig konnte Bokk die neue Franchise bereits im Vorjahr beim Development Camp kennenlernen. Auch einzelne Spieler traf er zuletzt bei den Wolves in der AHL. Der Kontakt ist also hergestellt. „Ich habe letztens mit dem Development Coach geschrieben. Er hat gefragt, wie es läuft, ob und wo ich trainiere.“


Vorbilder Pastrnak und Panarin  

Für einen baldigen NHL-Durchbruch sprechen vor allem Bokks Offensivinstinkte und sein Schuss. „Ich liebe es Tore zu schießen und vorzubereiten. Ich weiß gar nicht, ob ich eher ein Sniper oder ein Spielmacher bin.“ Steigern muss sich der 1,87 Meter große und 87 Kilogramm schwere Angreifer insbesondere noch im Defensivspiel. „Ich muss stärker an der Scheibe werden, mehr Battles gewinnen. In den USA muss man sehr körperlich spielen.“

Als Vorbilder dienen Bokk NHL-Scharfschützen: „David Pastrnak (Boston Bruins) oder Artemi Panarin (New York Rangers), sind meine beiden Lieblingsspieler, von denen ich mir was abschauen kann.“

Und natürlich seine ehemaligen Mitspieler Elias Pettersson (früher Växjö) und Nils Höglander (früher Rögle), die jetzt beide bei den Vancouver Canucks spielen. „Sie waren sehr gute Buddies, haben uns gut verstanden. Elias sehe ich häufig in den Highlights und natürlich verfolge ich auch, was Nils macht, denn er ist ein guter Freund.“


Mit Hurricanes-Handschuhen in Nürnberg  

In der mittelfränkischen Metropole, nur etwa 90 Kilometer Luftlinie von seiner Geburtsstadt Schweinfurt entfernt, will Bokk nun den Grundstein dafür legen, in den NHL-Camps überzeugen zu können. Dabei sticht der 21-jährige auch optisch mit seinen Handschuhen heraus: Anders als die schwarzen Gloves der Ice Tigers sind seine bereits in den Hurricanes-Farben rot und schwarz gehalten. 

„Ich werde alles dafür geben, dass ich einen Platz im Team einnehmen kann. Mein Ziel ist, dieses Jahr in der NHL zu spielen“, betont Bokk. „Aber die Konkurrenz ist sehr groß. Die Camps werden Mitte September sein. Ich muss auf 100 Prozent sein, zeigen was ich kann und dass ich einen Platz in der Mannschaft verdient habe. Ich denke, dass gute Chance habe.“

Nach Ice-Tigers-Torwart Niklas Treutle, der 2015/16 in zwei Spielen für die Arizona Coyotes zum Einsatz kam, könnte Bokk der zweite Franke in der NHL werden. „Das wusste ich gar nicht und habe deshalb auch noch nicht darüber nachgedacht – aber das wäre natürlich cool.



Das könnte Dich auch interessieren:
„Unglaublich spannend“: Kühnhackl wechselt nach Schweden
„Unglaublich spannend“: Kühnhackl wechselt nach Schweden
„Unglaublich spannend“: Kühnhackl wechselt nach Schweden
„Unglaublich spannend“: Kühnhackl wechselt nach Schweden
Dieser Artikel ist über:
NHL Feature Stories Carolina Hurricanes Chicago Wolves Djurgårdens IF Nürnberg Ice Tigers Prince Albert Raiders Rögle BK St. Louis Blues Växjö Lakers HC NHL AHL DNL Dominik Bokk Joel Edmundson Viktor Fasth Justin Faulk Nils Höglander Dennis Lobach Nino Niederreiter Artemi Panarin David Pastrnak Janne Pesonen Elias Pettersson Niklas Treutle Rod Brind'Amour
Scoring Leaders