Analytics Wednesday: Die Tormaschinen in der NHL
Jeden Mittwoch präsentiert Elite Prospects Rinkside eine Analyse zu einem aktuellen Thema aus der NHL. Am Analytics Wednesday geht es in dieser Woche um die Tormaschinen in der laufenden Saison…
In dieser Woche scheint sich in der NHL alles um Tore, Tore und nochmal Tore zu drehen: Alexander Ovechkin baute seine Torserie auf drei Spiele aus (4-2-6), schnürte am Dienstagabend in Calgary einen Doppelpack und steht nun bei 766 Karriere-Treffern in der NHL. Damit zog der 36-jährige Russe mit Jaromír Jágr als drittbester NHL-Torjäger aller Zeiten gleich und hat „nur“ noch Wayne Gretzky (894 Tore) und Gordie Howe (801 Tore) vor sich.
Alex Ovechkin hat realistische Chancen zum besten Torschützen in der Geschichte der NHL zu werden Geoff Burke-USA TODAY Sports
Ein weiteres Beispiel aus dieser Woche: Auston Matthews, Stürmer bei den Toronto Maple Leafs, durchbrach zum vierten Mal in seiner NHL-Karriere die Schallmauer von 40 Saisontoren. Dem 24-jährigen US-Amerikaner gelang dieses Kunststück nun schon im dritten Jahr in Folge.
In dieser Ausgabe des Analytic Wednesdays soll es aber nicht um historische Zahlen gehen, sondern vielmehr ein Bild der Tormaschinen in der laufenden NHL-Saison 2021/22 zeichnen. Dabei stechen mit Leon Draisaitl (Edmonton Oilers) auch ein Deutscher sowie mit Timo Meier (San Jose Sharks) auch ein Schweizer heraus.
Das Rennen um die Maurice „Rocket“ Richard Trophy
Am Ende jeder Saison wird der Spieler mit den meisten Toren mit der Maurice „Rocket“ Richard Trophy ausgezeichnet. Diese wird seit der Saison 1998/99 vergeben. Der erste Gewinner ist Teemu Selänne (47 Tore), der Rekord-Gewinner ist Alexander Ovechkin mit bereits neun (!) Trophäen, darunter auch die historische Spielzeit mit 65 Ovechkin-Treffern 2007/08.
In der laufenden Saison ist Auston Matthews drauf und dran, seinen Titel als Top-Torjäger zu verteidigen: Der Kalifornier steht bei 43 Treffern und führt die Torschützenliste souverän an. Matthews zeichnen schnelle Hände und schnelle Beine aus, auch kann er sich mit seinem Körper (1,91 Meter groß, 93 Kilogramm schwer) im Gefahrenbereich vor dem Tor in Stellung bringen und durchsetzen. Trotz seines jungen Alters ist der 24-Jährig extrem abgebrüht, hat einen eingebauten Torriecher und verwandelt seine Chancen eiskalt. Der linksschießende Mittelstürmer erzielte alleine sechs Tore in seinen letzten drei Spielen (6-1-7). Behält Matthews diese Pace bei, käme er am Saisonende auf 63 Treffer, was den zweitbesten Wert aller Rocket-Richard-Trophy-Gewinnern bedeuten würde.
Auston Matthews könnte erneut zum besten Torschützen der NHL werden Jeff Curry-USA TODAY Sports
Doch Matthews jagt diesen prestigeträchtigen Pokal nicht alleine. Zum engsten Verfolgerfeld zählt eine faustdicke Überraschung, ein deutscher Superstar und ein Geschichte-schreibender Russe.
Zunächst zur Tormaschine „made in Germany“: Leon Draisaitl steht bei 38 Toren. Für den Center der Edmonton Oilers wäre es die erste Maurice Richard Trophy überhaupt. In seinem Trophäenschrank stehen bereits die Art Ross Trophy (bester Scorer), die Hart Trophy (MVP) und der Ted Lindsay Award (MVP). Alle diese Auszeichnungen räumte der 26-jährige Kölner in der Saison 2019/20 ab. War Draisaitl zu Beginn seiner Karriere noch als genialer Spielmacher und Passgeber bekannt, ist er in den letzten vier Jahren auch zu einem gefürchteten Torjäger aufgestiegen. Seine Ausbeute: 50, 43 und 31 Tore – aktuell ist er auf Kurs für eine 55-Treffer-Saison, was einen neuen persönlichen Rekord bedeuten würde. Draisaitl ist mit seinem Körper (1,89 Meter groß, 94 Kilogramm schwer) nur schwer von der Scheibe zu trennen und hat seine Lieblingsposition gefunden: Meist trifft der Linksschütze von der rechten Seite, hat von dort aus sogar das Selbstvertrauen, aus schier unmöglichen Winkeln zu treffen. Genau deshalb parken ihn die Oilers auch im Powerplay in seinem „Wohnzimmer“ im rechten Faceoff-Kreis.
Die Überraschung der Saison ist Chris Kreider von den New York Rangers. Wohl kaum jemand hätte vor der Saison erwartet, dass der 30-jährige US-Amerikaner zu den Top-3-Torjägern in diesem Jahr zählen würde. Der linksschießende Flügelstürmer hat mit 38 Saisontoren schon jetzt einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt. Dieser lag zuvor bei 28 Treffern (2018/19 und 2016/17). Auch Kreider bringt mit 1,91 Metern und 98 Kilogramm eine Menge Wucht mit und weiß diese gekonnt einzusetzen. Dazu gesellt sich eine hohe Geschwindigkeit. Der zuvor von Verletzungen und Rückschlägen geplagte Angreifer weist in der laufenden Saison eine unglaubliche Konstanz nach und ist plötzlich auch verlässlich in der Defensive, was ihn zu einem wertvollen Zwei-Wege-Spieler macht, der sowohl im Powerplay als auch im Penalty Killing eingesetzt wird.
Abgezockt! Chris Kreider trifft in dieser Saison wie am Fließband Terrence Lee-USA TODAY Sports
Bereits seit seinem NHL-Premierensaison 2005/06 zählt Alexander Ovechkin von den Washington Capitals zu den Tormaschinen in der besten Liga der Welt. Sein „Negativwert“ waren 24 Treffer in der stark-verkürzten Covid-Saison 2020/21. Ansonsten durchbrach er schon achtmal (!) die Schallmauer von 50 Saisontoren. Aktuell steht der 36-jährige Russe bei 36 Treffern – behält er diese Pace bei, würde er am Saisonende auf 51 Tore kommen. „The Great Eight“ bringt die komplette Klaviatur eines Elite-Stürmers mit: Der 1,87 Meter große und 107 Kilogramm schwere Flügelspieler ist schnell, physisch stark, giftig und hat einen der härtesten und präzisesten Schüsse in diesem Spiel. Gefürchtet sind die Direktabnahmen aus „Ovi’s Office“, wenn der Rechtsschütze im linken Faceoffkreis abzieht. Die ganze Liga weiß das – doch trotzdem ist Ovechkin immer wieder damit erfolgreich. Der Caps-Kapitän fährt deshalb auch doppelte Wechsel im Powerplay, bleibt meist die komplette Zeit auf dem Eis und schränkt seinen Bewegungsradius auf eben diesen Bullykreis ein. Mit seinem Instinkt lauert Ovechkin auf einen Pass und knipst dann mit seinem schnellen Abzug zumeist die Torlampe an.
Eher Außenseiterchancen hat Kyle Connor von den Winnipeg Jets, der mit 34 Saisontoren bereits deren neun hinter Matthews liegt. Der 25-jährige US-Amerikaner spielt eine herausragende Saison und vereint hohes Tempo, Laufbereitschaft, Kreativität, gute Instinkte und einen exzellenten Schuss zu einem gefährlichen Torjäger. Connor fehlen nur noch vier Tore, um seinen bisherigen NHL-Rekord einzustellen. Hochgerechnet auf die komplette Spielzeit käme er auf 49 Treffer.
Mit Alex DeBrincat (33 Tore, Chicago Blackhawks), David Pastrnak (31 Tore, Boston Bruins) und Gabriel Landeskog (30 Tore, Colorado Avalanche) passierten auch drei weitere Spieler bereits den 30-Tore-Meilenstein in der laufenden Saison.
Multi-Tor-Spiele: Meier ganz vorne
Ein weiterer Faktor, der eine Tormaschine auszeichnet, ist eine verlässliche Produktivität. Hierbei lohnt sich der Blick auf die Multi-Tor-Spiele. Hier überragt der Schweizer Power Forward Timo Meier von den San Jose Sharks alle: Der 25-Jährige aus Herisau erzielte am 17. Januar 2022 gleich fünf (!) Tore im Derby gegen die Los Angeles Kings. Meier ist damit der einzige Fünferpacker in der laufenden Spielzeit.
Vier Tore in einem Spiel gelangen sechs Spielern: Tyler Bertuzzi (Detroit Red Wings, am 14.10.2021 vs. TBL), Patrice Bergeron (Boston Bruins, am 4.11.2021 vs. DET), Brock Nelson (New York Islanders, am 4.11.2021 @ MTL), Filip Forsberg (Nashville Predators, am 30.11.2021 vs. CBJ), Jeff Skinner (Buffalo Sabres, am 13.2.2022 @ MTL) und Mitchell Marner (Toronto Maple Leafs, am 26.2.2022 @ DET).
Unglaublich, aber wahr: Bereits 63-mal in 2021/22 gelang bereits ein Hattrick.
Die wichtigen Tore: Draisaitl führt bei den Game Winning Goals
Einen besonderen Wert haben natürlich die Game Winning Goals, also die Siegtreffer in einer Partie. Der Mann für die wichtigen Tore ist Leon Draisaitl: Der Kölner sammelte in der laufenden Saison bereits zehn GWG, was seinen hohen Wert für Edmonton doppelt unterstreicht.
Sein stärkster Verfolger in dieser Kategorie ist Jason Robertson von den Dallas Stars mit neun Siegtreffern. Den dritten Platz teilen sich sechs Spieler mit je sieben GWGs: Adrian Kempe (Los Angeles Kings) Patrik Laine (Columbus Blue Jackets), Andrew Mangiapane (Calgary Flames), David Pastrnak (Boston Bruins), Steven Stamkos (Tampa Bay Lightning) und Troy Terry (Anaheim Ducks).
Die speziellen Treffer: Kreider als Waffe im Powerplay
Auch Tore in den Special Teams werden statistisch erfasst und spielen eine große Rolle. Die ultimative Waffe im Powerplay ist Chris Kreider (New York Rangers) mit bereits 19 Powerplay-Treffern. Auch Leon Draisaitl (Edmonton Oilers) machte mit 17 Überzahl-Treffern auf sich aufmerksam.
Hinter diesem Duo klafft dann eine größere Lücke. Der nächstbeste Powerplay-Schütze ist erst wieder Auston Matthews (Toronto Maple Leafs) mit 13 Überzahl-Toren.
Nicht außer Acht zu lassen sind auch Treffer in Unterzahl, also sogenannte Shorthander, denn diese sind normalerweise nicht eingeplant. Für diesen Überraschungseffekt sorgten bislang insbesondere drei Akteure: Aleksander Barkov (Florida Panthers), Isac Lundeström (Anaheim Ducks) und Gustav Nyquist (Columbus Blue Jackets) bringen es jeweils auf vier Tore im Penalty Killing.