Unmittelbar vor dem NHL-Debüt für die Chicago Blackhawks: Das deutsche Top-Talent Lukas Reichel.
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Lukas Reichel: Vor dem NHL-Debüt in der Top-Reihe mit Patrick Kane

Am heutigen Donnerstagabend wird das deutsche Talent Lukas Reichel sein NHL-Debüt für die Chicago Blackhawks geben. Dabei winkt dem 19-jährigen Stürmer sogar ein Platz in der Top-Reihe mit seinem Vorbild Patrick Kane. Elite Prospects Rinkside blickt auf sein erstes Halbjahr in Nordamerika zurück und auf seine NHL-Premiere voraus.


Als Deutscher Meister mit den Eisbären Berlin verabschiedete sich Lukas Reichel im Sommer in Richtung Nordamerika. Bei den Chicago Blackhawks hinterließ der Center einen guten Eindruck im Trainingcamp, wurde zunächst aber zum Farmteam Rockford IceHogs in die AHL geschickt. Aufgrund des Covid-19-Protokolls und einer Gehirnerschütterung kam der 1,83 Meter große und 77 Kilogramm schwere Linksschütze nur in 20 von 26 Spielen zum Einsatz, lieferte dafür aber ordentlich ab: Elf Tore und neun Assists (11-9-20) bedeuten eine Ausbeute von 1,0 Scorerpunkten pro Spiel. 

Bereits im November konnte Reichel seinen ersten AHL-Hattrick erzielen:


„Ich habe mich ganz gut eingelebt. Es war einfach für mich, denn die Mannschaft hat mich gut aufgenommen und mir geholfen“, sagt Reichel im Gespräch mit Elite Prospects Rinkside. „Ich war es ja schon aus Berlin gewohnt, alleine und ohne meine Familie zu leben, deswegen war das nicht mehr so schlimm, auch wenn ich jetzt ein bisschen weiter weg bin. Ich bin alt genug und kriege das hin.“

Auch die Umstellung von DEL- auf AHL-Eishockey konnte Reichel schnell bewältigen. „Es ist ein ganz anderes Eishockey. Man muss sich anpassen, wenn man von der größeren auf die kleinere Eisfläche kommt. Da wird die Scheibe auch mehr gechippt. Das Eishockey ist schneller mit mehr Körper und man muss mehr nach nachdenken, ein besseres Positionsspiel haben.“


Spieler der Woche in der AHL   

In der Vorwoche gab Reichel dann sein Comeback. Seit dem 22. Dezember 2021 hatte der gebürtige Nürnberger kein Spiel mehr bestritten, meldete sich am 8. und 9. Januar 2022 dann aber fulminant zurück: Beim 8:0  Heimspiel gegen die Chicago Wolves verbuchte der Mittelstürmer ein Vier-Punkte-Spiel (2-2-4) und ließ tags darauf beim 6:2-Auswärtssieg bei den Milwaukee Admirals ein Zwei-Punkte-Spiel (1-1-2) folgen. Mit sechs Scorerpunkten in nur zwei Spielen wurde Reichel zum „AHL-Spieler der Woche“ gewählt.

„Es ist eine Ehre für mich“, freut sich das deutsche Top-Talent. „Das bin aber nicht nur ich, sondern mein ganzes Team und meine Reihenkollegen. Ich bin dankbar dafür und will genau so weitermachen. Das gibt mir viel Selbstvertrauen, ich will so weitermachen und dem Team helfen, zu gewinnen. Ich möchte konstant über zehn, 15 Spiele so auftreten.“

Mit Anders Sörensen hat Reichel einen schwedischen Headcoach bei den IceHogs, der mit seinen Auftritten bislang sehr zufrieden ist: „Lukas Reichel hat zu seinem Spiel gefunden und wird immer besser“, lobt Sörensen. „Er ist ein junger Spieler, gerade einmal 19 Jahre alt. In diesem Alter muss er sich an einiges gewöhnen, sowohl auf als auch neben dem Eis. Mit seinen Fähigkeiten sticht er aber heraus. Er ist ein cleverer Spieler und eine clevere Person. Er muss jetzt noch lernen, ein Profi zu werden und es gibt auch noch Bereiche, in denen er sich verbessern muss.“


Baustellen in beiden Zonen  

Konkret nannte Sörensen „das Spiel ohne Puck“ und schob die Erklärung hinterher: „Als Center hast du viel Verantwortung in der eigenen Zone und in anderen Bereichen auf dem Eis. Er macht aber große Entwicklungsschritte, wird besser bei den Faceoffs und arbeitet hart an den technischen Dingen, was ihm sehr geholfen hat.“

„Ich stimme ihm zu“, sagt Reichel darauf angesprochen. „Mit dem kleineren Eis ist das Positionieren ohne Puck sehr wichtig. Auch in der Defensivzone muss ich noch Kleinigkeiten verbessern, daran kann ich mit Sicherheit noch arbeiten. Bei den Faceoffs kannst du hier mehr Tricks machen als in Europa, es ist ein bisschen anders. Wir üben das oft mit den Trainern. In der Offensivzone geht es um Dinge wie das Beschützen des Pucks, die offenen Stellen auf dem Eis besser zu finden und Zweikämpfe in den Ecken zu führen. Daran arbeite ich und habe Videos von Patrick Kane und Artemi Panarin angeschaut, die das sehr gut machen, und viel von ihnen gelernt. Wenn mich die Blackhawks hochziehen, dann werde ich bereit sein. Ich freue mich darauf!“


Schlag auf Schlag: Call-up, Taxi Squad, NHL-Debüt  

Keine 24 Stunden nach diesem Satz war es schon soweit: Die Hawks beriefen Reichel am Mittwoch nach Chicago ins Taxi Squad. Stunden später die nächste Wasserstandsmeldung: Am Donnerstag (Freitag, 2.30 Uhr MEZ) soll der 19-Jährige sein NHL-Debüt im Heimspiel gegen die Montreal Canadiens geben, wie Blackhawks-Trainer Derek King verriet: „Der Plan ist, dass er spielen wird.“

Chicago möchte Reichel behutsam an die NHL heranführen und verfolgt dabei einen konkreten Stufenplan: „Wir wollten, dass er in Rockford so viele Spiele wie möglich bekommt und ihn dann vielleicht für ein paar Spiele hochziehen, um zu sehen, wo er steht. Dann wollen wir ihn wieder runterschicken“, erklärt King. „Er hat da unten gut gespielt, ist einer unserer besten Talente. Wir wollen es richtig machen. Es gibt Spieler, die wurden zu früh hochgezogen und haben es nie geschafft. Wir wollen die Chance nutzen, es bei ihm richtig zu machen. Wir wollen ihn nicht ruinieren. Ihm zu viel NHL-Zeit zu geben, könnte ihm auch schaden. Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir werden sehen, wie er sich schlägt. Mit seiner Entwicklung sind wir sehr zufrieden.“


In einer Reihe mit Vorbild Kane?  

Für Reichel würde ein Traum in Erfüllung gehen. Er wurde im Draft 2020 in der 1. Runde an 17. Stelle von seinem Lieblingsteam gedraftet und könnte nun sogar an der Seite eines seiner Lieblingsspieler debütieren: an der von Superstar Patrick Kane.

„Ich weiß, dass er in Rockford gut gespielt hat“, berichtete Kane in einer Medienrunde am Mittwoch. „Er scheint mit viel Tempo durch die Mitte spielen zu können, hat auch die Fähigkeit, gute Spielzüge zu machen. Ich freue mich darauf, mit ihm zu spielen und ihm hier zu helfen. Als junger Spieler gibt es immer Höhen und Tiefen, die Konstanz ist sehr wichtig. Für ihn ist es das Wichtigste, einfach sein Spiel zu spielen. Er ist jung, schnell und kann hohes Tempo gehen. Es könnte eine effektive Reihe mit Stromer sein.“

Gemeint ist eine mögliche Formation mit Dylan Strome als Center, Patrick Kane als Rechtsaußen und Lukas Reichel als Linksaußen. Für Reichel wäre es eine weitere Umstellung, denn bei den IceHogs lief er als Mittelstürmer auf. „Ich spiele am liebsten Center, habe das auch in Berlin und bei der WM gespielt und fühle mich da wohl. Wenn das Team mich aber auf dem Flügel braucht, dann spiele ich das“, so Reichel.

Die deutschen Eishockey-Fans dürften heute Nacht also ganz genau hinschauen, wenn Reichel der nächste Deutsche NHL-Spieler wird. Reichel selbst schaut übrigens immer wieder in die Heimat: „Mit der Zeitumstellung ist es nicht so einfach, aber wenn ich die Zeit habe, dann schaue ich auch die Eisbären oder Wolfsburg an, wo mein Bruder (Thomas Reichel) spielt. Ich finde es gut, was die Eisbären momentan machen und ich hoffe, es geht so weiter.“


Chefredakteur Patrick Korn hat zu diesem Feature beigetragen.


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