AHL

Tom Kühnhackl: Zwischen NHL-Comeback und Stadionsprecher-Karriere

Beim Namen Tom Kühnhackl kommen einem sofort zwei Stanley-Cup-Triumpfe in den Sinn. Aktuell kämpft der 29-jährige Stürmer um die Rückkehr in die NHL. Sollten alle Stricke reißen, winkt auch eine Karriere als Stadionsprecher.



Kühnhackl spielt aktuell bei den Bridgeport Sound Tigers in der AHL. Sein letztes NHL-Spiel machte er am 5. August 2020 in der Stanley Cup Qualifikationsrunde für die New York Islanders gegen die Florida Panthers. Danach erhielt er keinen NHL-Vertrag mehr, sondern unterschrieb einen AHL-Kontrakt beim Farmteam der Islanders in Bridgeport. Wie konnte es so weit kommen?

„Ich hatte mich in der Bubble verletzt und danach eine sehr ausgiebige OP im Sommer“, erklärt Kühnhackl im Gespräch mit Eliteprospects Rinkside. „Es gab ein paar Fragezeichen, ob ich überhaupt wieder spielen kann.“


Anlauf in der AHL  

Für die Sound Tigers sammelte Kühnhackl in 22 Spielen 13 Scorerpunkte (4-9-13). „Am Anfang war es schwierig, ins Spiel zurückzufinden. Es hat länger gedauert, als ich erwartet hatte. Ich bin aber froh, dass ich überhaupt wieder spielen kann. Am Anfang hatte ich weder die Beine noch den Speed. In den letzten zwei Monaten lief es aber ganz gut.“

Die Aufgaben in der AHL sind dieselben wie in der NHL: „Ich bin davon ausgegangen, dass es anders sein würde, aber ich habe mit der Organisation und den Trainer geredet. Sie haben gesagt, dass ich dieselbe Rolle übernehmen soll wie in der NHL: In der eigenen Zone meinen Job erledigen, in Unterzahl spielen, im Forechecking Chancen und Turnovers kreieren.“

Und auch mehr Verantwortung tragen: Kühnhackl lief schon mit dem „A“ auf der Brust auf. „Ich bin nur Assistenzkapitän, wenn einer von den drei anderen nicht spielen kann, dann springe ich ein“, relativiert der 29-Jährige, sagt aber auch: „Ich bin einer der Ältesten, habe also auch eine Führungsrolle, die ich einnehmen kann, um den vielen jungen Spielern hier zu helfen.“ 

Kühnhackl hat bereits 232 NHL-Spiele in seiner Vita stehen (18 Tore, 36 Assists). Hinzu kommt die Erfahrung aus 58 NHL-Playoff-Partien (drei Tore, acht Assists) und zwei Titel für die Ewigkeit: 2016 und 2017 gewann er mit den Pittsburgh Penguins gleich zweimal den Stanley Cup. „Als ich nach Bridgeport gekommen bin, wurde auch viel darüber geredet. Die Jungs wollten alles wissen.“


Kühnhackl: „Ich werde alles daran setzen, wieder in der NHL zu spielen“  

Einen Bonus als Stanley-Cup-Champion aber hat Kühnhackl nicht. „Das Eishockey entwickelt sich weiter. Es kommen immer wieder neue, talentierte, hart arbeitende Spieler nach. So ist das Geschäft.“

Deshalb ist der Kontakt zu den Islanders in die NHL aber nicht abgerissen: „Ich bin mit dem Coach und dem GM im Kontakt. Sie wollen wissen, wie ich mich hier entwickle. Ich schaue einfach, dass ich mich so gut wie möglich präsentiere.“

Kim Klement-USA TODAY


Am Saisonende läuft Kühnhackls Vertrag aus. Sollten die Islanders den 29-Jährigen nicht zurückholen, wäre der Free-Agent-Markt eine Option. „Das auf jeden Fall. Als Eishockey-Spieler ist es schwierig, sich an ein Team zu binden. Manchmal ergeben sich Wechsel, wie damals von Pittsburgh nach New York.“ Dass mit den Seattle Kraken ein neues Team mit neuen Kaderplätzen an den Start geht, könnte helfen. „Aber nicht jede Mannschaft kann im Expansion Draft jeden Spieler stützen. Seattle wird sich also auch ein Team mit hoher Qualität zusammenstellen.“

Den Traum von einem weiteren NHL-Engagement hat der Landshuter aber noch nicht aufgegeben: „Natürlich nicht. Ich werde alles daran setzen, wieder in der NHL spielen zu können.“


Der Wandel vom Offensiv- zum Defensivspieler  

Kühnhackl wurde einst in seiner Geburtsstadt beim EV Landshut ausgebildet, spielte in der 2. Liga für die Landshut Cannibals sowie in der DEL für die Augsburger Panther. Die Pittsburgh Penguins sicherten sich im NHL Draft 2010 die Rechte am deutschen Talent und wählten Kühnhackl in der 4. Runde an insgesamt 110. Stelle aus.  Es folgten weitere Ausbildungsjahre in Nordamerika. Gleich in seiner ersten Saison in Übersee machte der Stürmer mit 39 (!) Toren und 29 Assists in 63 OHL-Spielen für die Windsor Spitfires auf sich aufmerksam.

Der 1,87 Meter große Linksschütze also war zu dieser Zeit ein absoluter Goalgetter. Die Penguins aber sahen eine andere Rolle für ihn vor: „Im Junioren-Bereich in Deutschland und in der OHL war ich mehr der offensiv-ausgerichtete Spieler und nicht so zuverlässig in der eigenen Zone. Ich musste meine Rolle für eine Chance in der NHL aber umstellen. Das habe ich auch liebend gerne gemacht“, sagt Kühnhackl und erklärt: „Wenn du dir die Mannschaften in der NHL anschaust, dann hat da jedes Team eine Kreativspieler in den Top-6-Reihen, der Tore schießen kann. Es ist also schwierig, da reinzukommen. Pittsburghs damaliger Development Coach Bill Guerin hat damals zu mir gesagt, dass es in einer offensiven Rolle schwierig wird, reinzukommen, weil sie so viel Firepower hatten. Ich sollte also mein Spiel ändern und die Drecksarbeit machen. Das habe ich mir zu Herzen genommen und mein Spiel in der ECHL und AHL umgestaltet. In den letzten Jahren war ich also eher auf die Defensive spezialisiert: Schüsse blocken und in der Defensivzone arbeiten.“

Genau das tat Kühnhackl dann in den Farmteams Wheeling Nailers (ECHL) und Wilkes-Barre/Scranton Penguins (AHL), ehe 2015/16 der Sprung zu den Pittsburgh Penguins in die NHL gelang. Mehr noch: In der Stahlstadt spielte Kühnhackl sogar Playoffs und stemmte am Ende den Stanley Cup in die Höhe. „Ich konnte das damals alles gar nicht verarbeiten. Im Januar bin ich in die NHL gerufen worden und plötzlich war ich im Stanley Cup Finale. Das ist so schnell passiert. Ich habe einfach gesehen, dass ich locker bleibe und es mir selbst nicht so schwer mache.“


Zweites Standbein als Stadionsprecher?  

Ausgerechnet in besagtem Stanley Cup Finale wurden noch weitere Talente Kühnhackls zu Tage gefördert. Damals ging ein Video viral, das den Deutschen auf der Spielerbank zeigt, wie er synchron zum Stadionsprecher die Starting-Six aufsagt. Angeblich, um besser mit der Nervosität klarzukommen. „Wenn ich ganz ehrlich bin: Da war ich überhaupt nicht nervös“, verrät Kühnhackl. „Bryan Rust hatte das mal angefangen, ich habe es dann übernommen und wir haben das zu zweit auf der Bank gemacht. Die Kamera hat diesen Moment dann einfach mal erwischt.“

Sollte die aktive Eishockey-Karriere einmal vorbei sein, winkt also ein Stadionsprecher-Job. „Schau mer mal, was sich dann ergibt“, lacht Kühnhackl. „Anscheinend kann ich es ein bisschen. Vielleicht kann ich es mal das eine oder andere Spiel probieren, damit hätte ich kein Problem.“


Nationalmannschaft? „Da müsste ich nicht zweimal überlegen!“  

Bis dahin ist aber noch viel Zeit. Doch was, wenn es für einen NHL-Vertrag nicht mehr reichen sollte? „Daran denke ich gar nicht. Was passiert, passiert. Man kann nur sein Bestes geben.“ Auch eine Rückkehr nach Deutschland ist nicht ausgeschlossen – wenn auch noch nicht in diesem Sommer. „Ich hoffe, dass ich mal in Deutschland meine Karriere beenden kann. Ich bin aber erst 29, da habe ich noch ein paar Jahre vor mir.“

Zunächst einmal winkt ein Platz in der DEB-Auswahl. Unglaublich, aber wahr: Der zweimalige Stanley-Cup-Champion lief erst achtmal für die A-Nationalmannschaft auf. „In den letzten Jahren war ich immer in den Playoffs, da hat es vom Zeitpunkt einfach nicht hingehauen. Das letzte Mal war in der Olympia-Qualifikation. Ich würde aber gerne wieder für Deutschland spielen“, so Kühnhackl.

Bundestrainer Toni Söderholm hat die Fühler jedenfalls schon ausgestreckt. „Es war Kontakt da, aber wir müssen abwarten, wie das mit der Quarantäne ist und wie lange unsere Saison noch geht. Wenn er mich dabeihaben möchte, dann müsste ich nicht zweimal überlegen!“

Das deutsche Eishockey sieht Kühnhackl ohnehin auf einem guten Weg. „Wenn man sich die Spiele von Leon Draisaitl anschaut, das ist Wahnsinn. Er ist einer der Topspieler der Liga, da kann man nur den Hut ziehen. Auch Philipp Grubauer spielt seit zwei Jahren unglaublich. Und auch Tim Stützle kommt mit 18 Jahren in die NHL, bringt unglaubliches Talent mit und wird noch einiges vor sich haben.“ 

Ist Deutschland – wie es Draisaitl formulierte – also auf dem Weg zu einer Top-Nation im Eishockey? „Wenn man sich anschaut, was wir in Nordamerika und Europa für Talente haben, dann hat Leon schon recht: Wir müssen uns einfach weiterentwickeln und fest daran glauben.“



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