DEL

Kein Profi von der Stange: Sena Acolatse ist einer der härtesten Hitter der Liga

Sena Acolatse ist kein Eishockey-Spieler von der Stange: Der 30-jährige Verteidiger ist in Kalifornien geboren, ließ sich im Golden State vom Eishockey-Fieber anstecken und ist als Veganer einer der härtesten Hitter in der DEL.


Acolatse wurde in Hayward (in der Bay Area zwischen San Francisco und San Jose) in Kalifornien geboren. Ein Ort, an dem Eishockey sicherlich nicht die Nummer-1-Sportart ist. Doch ein Besuch im „Haifischbecken“ bei NHL-Klub San Jose Sharks infizierte ihn sofort mit dem Hockey-Virus. „Es hat damit angefangen, dass mich mein Dad zu ein paar Spielen mitgenommen hat. Ich wusste schon nach dem ersten Besuch, dass Hockey meine Sportart werden wird. Zufällig war die Arena auch nur drei Minuten von unserem Haus entfernt, was für Kalifornien schon eher außergewöhnlich ist. Ich habe also dort angefangen, Eishockey zu spielen und die Liebe zu diesem Sport ist gewachsen, je älter ich wurde.“


Ausgerechnet bei den San Jose Sharks: Acolatse verliebt sich in Eishockey  

Nach Jahren bei den Seattle Thunderbirds, den Saskatoon Blades und den Prince George Cougars in der WHL unterschrieb Acolatse im März 2011 einen Entry-Level-Vertrag bei seinem Lieblingsklub, den San Jose Sharks. „Alleine in dieser Organisation zu sein, war cool für mich. Der Kreis hat sich geschlossen: Meine ersten Profi-Erfahrungen waren in dieser Organisation. Ich bin absoluter Sharks-Fan, schaue sie auch heute noch oft an und skate im Sommer dort, wo sie trainieren und sehe ein paar von den Jungs. Es ist das Team, wegen dem ich mich in Hockey verliebt habe.“

In der NHL aber kam der Local Player nie zum Einsatz, stattdessen verbrachte er über drei Jahre beim Farmteam Worcester Sharks in der AHL. „Mir hat es auch in Worcester gefallen, das Team war cool“, sagt Acolatse, der in den Folgejahren auch für die Adirondack Flames, Portland Pirates, Springfield Thunderbirds und Providence Bruins seine Schlittschuhe in der American Hockey League schnürte. 


Acolatse: „In der DEL durfte ich weniger aggressiv und physisch sein“  

Im Sommer 2018 startete Acolatse dann sein Europa-Abenteuer und schloss sich den Straubing Tigers an. „Ich habe mit Jason (Straubings Sportdirektor Jason Dunham) gesprochen. Er wollte mich haben und hatte schon in meinen letzten AHL-Jahren gefragt, ob ich rüberkommen möchte. Ich wollte mehr spielen, mehr Verantwortung übernehmen und hatte viel Gutes über Deutschland gehört. Ich kann bis heute nur positives sagen: Die Liebe in der Stadt war zu spüren, jeder hat ‚Hallo!‘ gesagt. Es waren aber auch meine Mitspieler. Das Team war eine Familie, jeder hat mit dem anderen gut harmoniert und wir uns aneinander angepasst.“ 

Seinen Stil aber musste Acolatse in der DEL umstellen. „Für mich war der größte Unterschied die Physis. Zu Hause war mehr erlaubt. Ich musste mein Spiel ändern, um in dieser Liga zurecht zu kommen, durfte nicht mehr so aggressiv sein, weil mehr Strafen gepfiffen wurden. Abgesehen davon aber war das Skating und das Können recht ähnlich, es gibt viele Gemeinsamkeiten und auch viele junge Spieler, die NHL-Format haben. Ich habe nicht viel von zu Hause vermisst, außer eben physischer spielen zu können.“


Einer der härtesten Hitter der Liga  

In seiner ersten DEL-Saison sammelte der 1,84 Meter große und 95 Kilogramm schwere Verteidiger satte 173 Strafminuten. Diese Zahl aber nahm in der zweiten (75) und dritten Saison (34) stark ab. Stattdessen trat der Rechtsschütze auch als Scorer in Erscheinung. War sein Debüt-Jahr in Deutschland noch torlos verlaufen, traf er in den Folgejahren zehn- (2019/20 in 47 Spielen) und sechsmal (2020/21 in 33 Spielen). Auch wurde der Abwehrspieler hin und wieder als Stürmer eingesetzt.

BILDBYRÅN/Michael Sigl


„Das habe ich in meiner ganzen Karriere schon gemacht. Als junger Spieler habe ich immer als Stürmer gespielt. Ich konnte als Power Forward immer Tore schießen. Ich mag beides: Wenn es als Verteidiger mal nicht läuft, dann spiele ich eben im Sturm.“

Seine Vielseitigkeit kommt ihm dabei zu Gute: Acolatse ist ein mobiler Spieler mit einem guten Schuss, gilt als einer der härtesten Hitter in der Liga und geht seinen Gegenspielern mit dieser körperlichen Komponente regelrecht unter die Haut. „Ich schieße gerne, bewege den Puck, will es einfach halten, spiele physisches und cleveres Eishockey“, beschreibt der 30-Jährige seinen Stil. „Ich liebe das Spiel und freue mich auf jede Partie. Wenn ich mich gut fühle, dann sieht man das auch auf dem Eis.“


Leistungssteigerung durch vegane Ernährung  

Dafür, dass sich Acolatse wohlfühlt, sorgt auch seine Ernährung. Der US-Amerikaner ist Veganer. „Ich habe 2016 damit angefangen, wollte es einfach mal für zwei Wochen ausprobieren, um zu sehen, wie ich mich fühle. Plötzlich waren fünf Jahre vorbei und ich konnte kaum glauben, wie gut ich mich fühle.“

Wie spannend und lecker die vegane Küche ist, zeigt Acolatse regelmäßig auf einem eigenen Instagram-Account (@veganhoopla), auf dem er selbst kocht und Rezepte teilt. Das stieß nicht nur in der Fan-Szene, sondern auch im Team auf Anklang: „Ja, die Jungs haben mich nach Rezepten gefragt. Viele hatten Interesse und wollten es auch mal ausprobieren. Da ist auf jeden Fall was hängengeblieben.“

Eine auf Pflanzen basierte Ernährung erfreut sich nicht nur in der Gesellschaft immer mehr Beliebtheit, sondern gerade auch im Sport-Bereich. Auch im Eishockey. „Ich habe das Gefühl, dass es mehr Leute sind, als noch vor fünf Jahren, aber insgesamt noch zu wenige. Ich frage mich immer: Warum? Warum probiert das keiner aus? Die Antworten sind oft, dass sie den Geschmack von Fleisch lieben. Das verstehe ich, ich war ja auch nicht immer vegan. Aber Geschmack ist trotzdem kein Argument für mich.“

Denn auch Umwelt- und Tierwohl-Aspekte spielen eine große Rolle. Und auch die der eigenen Leistungsfähigkeit. Dass Veganer schwächer seien, ist ein weit verbreitetes Vorurteil. „Für mich ist das eine altmodische Art zu denken. Die Leute hören, was die Werbung ihnen sagt. Dabei wurde schon bewiesen, dass das nicht stimmt. Es gibt Bodybuilder, Marathonläufer und Athleten überall auf der Welt, die als Veganer in ihrem Sport überragt haben. Wenn die Leute also nicht daran glauben, müssen sie sich einfach ein bisschen erkundigen. Ich will nicht jeden belehren, aber bin immer offen, wenn jemand Fragen hat.“

Ein weiterer Beleg: Als Veganer ist Acolatse einer der härtesten Checker der Liga. „Vielleicht konnte ich dadurch sogar härter hitten. Ich habe mich einfach gut gefühlt, war nie groggy oder müde. Ich konnte besser performen, weil ich mich besser gefühlt habe. Alles war leichter.“


Tragisches Aus in den Playoffs  

Die Leidenschaft und Liebe zum Eishockeysport war Acolatse auch in den Playoffs 2021 anzusehen: In den drei Viertelfinal-Spielen gegen die hochfavorisierten Adler Mannheim steuerte der Verteidiger ein Tor und einen Assist bei. In Spiel 3 lag Straubing Mitte des dritten Drittels bereits mit 3:0 vorne und hatten die Sensation zum Greifen nahe. Doch die Tigers kassierten drei Gegentore in fünf Minuten und verloren am Ende noch 3:4 in der Overtime.

„Ich will nicht lügen: Das war ein Schock für uns alle“, blickt Acolatse zurück. „Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Wir waren zehn Minuten vom Halbfinale entfernt und brechen dann ein. Wir haben zwei Gegentore im Vier-gegen-Sechs kassiert. Das habe ich noch nie erlebt. Es war so knapp. Aber es war toll für uns, dass wir überhaupt in die Playoffs gekommen sind.“


Rückkehr nach Deutschland?  

In der Sommerpause geht es für den 30-Jährigen zurück nach Kalifornien, um ein wenig Abstand zu gewinnen. „Ich nehme es leicht im Sommer, mache morgens mein Training und hänge mit der Familie und Freunden rum. Die Eisflächen sind geöffnet, also kann ich jeden Tag skaten. Vielleicht schaue ich mir auch noch ein paar Sharks-Spiele an, wenn Zuschauer erlaubt sein sollten. Ansonsten genieße ich das Wetter.“

Im Herbst wird Acolatse dann nicht mehr nach Straubing zurückkehren, denn sein Vertrag bei den Tigers wurde nach drei Jahren nicht verlängert. Die DEL darf sich trotzdem Hoffnung auf die Rückkehr eines außergewöhnlichen Spielers machen: „Vielleicht“, sagt Acolatse. „Ich kann nicht viel darüber sagen, das mache ich mit meinem Agenten aus. Ich bin aber offen für alles.“


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