Chytil und die Talente-Reihe: Rangers ziehen Spiel 1 gegen rostige Lightning deutlich
Die New York Rangers haben Spiel 1 des Eastern Conference Finals gegen die Tampa Bay Lightning überraschend deutlich mit 6:2 gewonnen (Serien-Stand: 1:0). Dabei ragte die Talente-Reihe der Broadway Blueshirts heraus und machte im zweiten Drittel den Unterschied.
Mit unterschiedlichen Voraussetzungen waren Rangers und Lightning in Spiel 1 dieser Serie gestartet: New York, das zuvor zweimal in Folge über die maximale Distanz von sieben Spielen gehen musste, stand nach nur einem spielfreien Tag voll im Saft und präsentierte sich im Wettkampf-Modus. Tampa Bay, das zuvor im Battle of Florida die Flordida Panthers gesweept hatte, war acht (!) Tage ohne Spiel, hatte durch diese Verschnaufpause aber offenbar ein wenig Rost angesetzt, verschlief gleich dreimal den Start ins Drittel, zeigte sich ungewohnt Fehleranfällig und auch Bolts-Torwart Andrei Vasilevsky (28 Saves, 82,4 Prozent Fangquote) war im so hochklassigen Goalie-Duell mit Igor Shestyorkin (37 Saves, 94,9 Prozent Fangquote) kaum ein Faktor. Die Fans in Manhattan goutierten das mit Sprechchören wie "Igor ist better" (deutsch: Igor ist der Bessere).
Vor euphorischen und lauten Fans im altehrwürdigen Madison Square Garden präsentierten sich die Broadway Blueshirts direkt zum Auftakt in diese Conference-Final-Serie in Scoring-Laune: Mit Filip Chytil (2-0-2), Frank Vatrano (1-1-2), Mika Zibanejad (1-1-2), Artemi Panarin (1-1-2), Alexis Lafrenière (0-2-2) und Adam Fox (0-2-2) lieferten gleich sechs Rangers-Skater ein Multi-Punkt-Spiel ab. Chytil avancierte mit einem Doppelpack im zweiten Drittel zum Matchwinner. Überhaupt war die Talente-Reihe um Chytil (22), Lafreniere (20) und Kaapo Kakko (21) für fünf Scorerpunkte verantwortlich und bewies, dass auch New York über eine Menge Tiefe und Secondary Scoring verfügt.
"Ich denke, wenn du hart in der Defensive kämpfst und solche Chancen herausspielst wie wir heute, dann ist es das Rezept für uns, um Hockey-Spiele zu gewinnen. Wir hatten einen großartigen Torhüter, gute Chancen und haben diese genutzt", sagte Rangers-Trainer Gerard Gallant.
Die jungen Wilden: Rangers-Talent Alexis Lafrenière (r.) reißt Torschützen Filip Chytil (l.) beim Torjubel fast mit um. Danny Wild-USA TODAY Sports / BILDBYRÅN
Wache Rangers in Scoring-Laune: Chytil trifft doppelt
Dieses Conference-Finale war einmal 1:11 Minuten alt, da hob es die Zuschauer in Manhattan das erste Mal aus den Sitzen: Zibanejad täuschte nach einem gewonnenen Sprint-Duell einen Schlagschuss an, legte stattdessen aber quer auf Torjäger Chris Kreider, der gegen eine verblüffte Hintermannschaft der Lightning auf 1:0 stellte (2.).
Allerdings meldete sich Tampa recht schnell zurück: Jan Rutta legte kurz nach dem Zone-Entry gekonnt für seinen Kapitän Steven Stamkos ab, der mit einem wuchtigen Schlagschuss zum 1:1 in den linken Winkel traf (8.).
Insbesondere im zweiten Durchgang war von Müdigkeit bei den New Yorkern nichts zu spüren (17:10 Torschüsse im Mitteldrittel). Immer wieder zogen die Rangers die Bolts-Defensive mit schnellen Angriffen, laufintensiven Positionswechseln und präzisen Pässen auseinander. Zum Stilmittel wurden schnelle Seitenverlagerungen gepaart mit Direktabnahmen.
Vatrano sprang nach einem scharfen Pass der Puck vom Schläger, doch hatte der Stürmer trotzdem überraschend viel Zeit und Raum im High-Slot, konnte sich also in Ruhe eine Schussbahn aussuchen und schickte den Puck mit einem Handgelenksschuss auf eine Flugbahn ins linke Kreuzeck zum 2:1 (28.).
"Es ist immer schön, mit einer Führung im Rücken zu spielen und nicht aufholen zu müssen", so Vatrano. "Aber auch sie können Tore schießen, also ist keine Führung gegen sie sicher."
Erneut aber gab Tampa Bay eine Antwort: Ondrej Palat flitzte in einem Konter über den linken Flügel, spielte einen Querpass auf Stamkos und staubte auf dessen Rückhand-Abschluss zum 2:2 ab (29.).
Danach aber belohnten sich die Blueshirts für den betriebenen Aufwand: Kakko mischte die Scheibe gekonnt hinter dem gegnerischen Tor und spielte im richtigen Moment auf den im Slot postierten Chytil, der per Direktabnahme auf 3:2 stellte (31.). Dann fand ein Querpass von K'Andre Miller erneut das Tape von Chytil, der mit dem nächsten Direktschuss, dieses Mal aus rechter Position auf 4:2 erhöhte (36.).
"Fil ist ein guter Junge. Er hat hart gearbeitet, gekämpft und sich seine Tore verdient. Er hat sein Spiel auf ein neues Level gehoben. Er weiß das, jeder weiß das und das ist genau das, was wir von ihm brauchen", verteilte Gallant ein Sonderlob an Chytil.
THE KIDS ARE MOST DEFINITELY ALRIGHT! 🚨#StanleyCup | #NoQuitInNY pic.twitter.com/x7zwBGg2aK
— Sportsnet (@Sportsnet) June 2, 2022
Auch im Schlussabschnitt wirkte New York wacher und gedankenschneller. Nur 30 Sekunden nach Wiederbeginn übernahm Andrew Copp nach einem Puckverlust der Lightning in der neutralen Zone und versuchte es mit dem bewährten Rezept: Querpass auf Panarin, Direktabnahme, Tor, 5:2 (41.). Genau dieses Mittel wählten die Rangers noch einmal im Powerplay, ließen die Scheibe dort gut laufen und setzten schlussendlich Zibanejad in Szene, dessen fulminante Direktabnahme zum 6:2 einschlug (47.).
Dies war gleichzeitig auch der Endstand, denn Tampa biss sich trotz großem Aufwand (17:9 Torschüsse im dritten Drittel) die Zähne an Shesterkin aus.
"Es ist gut für das Selbstvertrauen, dass wir ein paar Tore geschossen haben", sagte Zibanejad. "Aber es steht erst 1:0 in der Serie und schon am Freitag ist das nächste Spiel. Wir müssen die positiven Dinge aus dieser Partei ziehen und dann wieder unser Spiel spielen. Wir wissen, dass es noch lange nicht vorbei ist. Es ist erst ein Spiel, und wir müssen weitermachen."
Signal für Spiel 2: Massenkeilerei kurz vor Schluss
Kurz vor Schluss kochten die Emotionen noch einmal hoch. Nachdem die Partie bereits unterbrochen war, sorgten wohl die Kombination aus gefrusteten Bolts und ein paar warmen Worte für eine explosive Mischung und eine Massenrangelei. In den Hauptrollen: New Yorks Ryan Reaves und Tampas Pat Maroon, die kaum voneinander ablassen konnten. Alleine in dieser Sequenz wurden 24 der insgesamt 30 Strafminuten ausgesprochen. Gut möglich, dass es zwischen den jeweils vierten Reihen auch in Spiel 2 krachen wird. Reaves und Maroon hatten sich bereits in der regulären Saison einen Faustkampf geliefert (19. März 2022).
Damit wären alle Voraussetzungen für ein heißes Spiel 2 gegeben. Puck Drop ist in der Nacht von Freitag auf Samstag um 2 Uhr MESZ erneut im Madison Square Garden. Dann wollen die Lightning ihren Rost abgeschüttelt haben.
"Wir sind definitiv keine Mannschaft, die die Pause als Entschuldigung benutzen wird“, unterstrich Kapitän Steven Stamkos. "Es gibt Bereiche, in denen wir uns verbessern müssen. Es war Spiel 1 einer langen Serie und man muss den Gegner loben. Wir hatten heute zu viele Puckverluste und haben nicht geliefert. Darauf müssen wir antworten. Wir waren schon zuvor in so einer Position und müssen uns das nächste Mal besser präsentieren."
Das sah Tampas Trainer Jon Cooper genauso, hob aber auch die Leistung des Gegners hervor: "Die Rangers haben ein paar dynamische Spieler. Wenn du ihnen einen Zentimeter Platz gibst, dann sind sie schon einen Kilometer weg. Genau das haben sie heute gezeigt. Man muss sie loben, sie sind ein gutes Team und haben hart gekämpft und stehen nicht umsonst da, wo sie stehen."