Paul Mayer: Ein Blick in die Eishockey-Zukunft
Viermal in diesem Jahr lief Paul Mayer für die Kaufbeurer Joker in der DEL2 auf. Als 16-Jähriger wurde er zum besten Scorer aller U17-Spieler der abgelaufenen DNL-Saison. Elite Prospects Rinkside sprach mit dem jungen Talent über sein Profi-Debüt, seine Eishockeyfamilie und seinen bevorstehenden Wechsel in eine Talentschmiede.
Paul Mayer wurde 2005 in Kaufbeuren geboren. Hier war es auch, wo der 16-Jährige zum Verteidiger ausgebildet wurde. Die gerade abgelaufene Saison war für den jungen Verteidiger womöglich die bislang wichtigste Spielzeit in seiner bisherigen Entwicklung. Nach einer verkorksten Saison 20/21, wo die Deutsche Nachwuchsliga coronabedingt den Spielbetrieb einstellen musste, kam Mayer in dieser Saison auf 32 Einsätze in der DNL und durfte zudem viermal für den DEL2-Klub des ESV Kaufbeuren auflaufen.
Als 16-Jähriger durfte Paul Mayer in dieser Saison bereits viermal in der DEL2 auflaufen Paul Mayer/Privat
„Ich konnte in dieser Saison viele Pflichtspiele bestreiten. Nach der Corona-Saison war es enorm wichtig für mich viel Spielpraxis zu bekommen,” lautet Mayers Fazit zum Saisonablauf. „Ich hatte eine gute Vorbereitung, war zum Glück immer gesund und hatte einen guten Saisonstart in der DNL. Unser Team war von Beginn an vorn dabei. Wir haben eine super Saison gespielt. In den Playoffs hat es leider in zwei knappen Spielen gegen Berlin (3:4 n.V. und 3:4) nicht für das Finale gereicht. Trainer Daniel Jun hat immer auf mich gesetzt und ich bekam viel Eiszeit, auch in den Special-Teams. Als Underager, hätte es nicht besser laufen können.”
Paul Mayer schaffte es mit der DNL-Mannschaft von Kaufbeuren bis in das Halbfinale BILDBYRÅN/Nordphoto
Dass diese Aussage richtig ist, zeigt auch ein Blick auf die DNL-Scorerliste: Mit 20 Punkten (drei Tore, 17 Assists) in 32 Spielen wurde Mayer zum punktbesten Scorer aller U17-Spieler der DNL.
Profi-Debüt mit 16
Mayer durfte in der vergangenen Saison auch viermal in der DEL2 auflaufen. Für das junge Talent war es eine perfekte Gelegenheit zu sehen, wo er trotz seines jungen Alters in der Entwicklung steht und was im Profi-Eishockey verlangt wird. Dass er diese Privilege bereits als 16-Jähriger genießen durfte, überraschte in Kaufbeuren niemanden.
„Es ging alles sehr schnell. Ich trainierte schon ab September einmal pro Woche mit unserem DEL2-Team. Die Jungs da oben haben mich sehr freundlich aufgenommen,” beschreibt er. „Als Trainer Tray Tuomie zu mir sagte, dass er mir für ein paar Spiele die Möglichkeit geben will, im Team zu spielen, war ich einfach nur glücklich. Die Spieler sind erfahrener und spielen taktisch klüger als in der DNL. Überraschenderweise hatte ich mit dem Tempo kein Problem.”
Dies mag womöglich auch daran liegen, dass Mayer mit einer Körpergröße von 1,87 Meter und einem Gewicht von 82 Kilogramm bereits über Gardemaße eines Eishockeyspielers verfügt und das im Alter von nur 16 Jahren. Trotzdem zog das junge Talent wichtige Erkenntnisse aus seinen Einsätzen in der zweithöchsten Spielklasse: „Je höher das Level, umso konzentrierter musst du spielen. Ich habe mitgenommen, mich noch besser vorzubereiten und im Training noch konzentrierter zu sein.”
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Für viele Eishockeykenner ist der Standort Kaufbeuren selbstverständlich ein Begriff. Seit einer gefühlten Ewigkeit wird in Kaufbeuren eine erstklassige Eishockeyausbildung angeboten, die sich über alle Altersklassen streckt. Eine beachtliche Leistung für einen Ort mit nicht mehr als 45.000 Einwohner. Auch Mayer, der von klein auf in Kaufbeuren spielt, schätz die Eishockeybegeisterung in seinem Geburtsort.
„Kaufbeuren ist eine Eishockeystadt und der ESV Kaufbeuren ist wie eine große Familie für mich. Ich hatte hier alle Möglichkeiten zur Entwicklung. Mein Vater ist hier seit Jahren in verschieden Altersbereichen als Trainer tätig und hat mir viel auf meinem Weg mitgeben können,” reflektiert Mayer.
Vater Stefan Mayer spielte selbst jahrelang Profieishockey, unter anderen für die Augsburger Panther und die Nürnberg Ice Tigers in der DEL. 1998 repräsentierte er sogar Deutschland bei der WM. Die letzten Saisons seiner Karriere verbrachte er dann mit den Kaufbeuren Jokers in der Oberliga.
Stefan Mayer (links) im Trikot der Revier Löwen Oberhausen (1998) BILDBYRÅN/Oliver Behrendt
Eine ähnliche Geschichte hat auch Pauls Onkel Klaus Micheller, dessen Profikarriere sich nach vier Jahren DEL in Krefeld über sieben weitere Saisons in der 2. Bundesliga streckte.
Klaus Micheller im Einsatz für die deutsche Nationalmannschaft (1998) BILDBYRÅN/Heuberger
Wie man sich vorstellen kann, haben der Vater und Onkel einiges an den Sprössling weitergeben können: „Leider konnte ich die beiden nicht mehr live spielen sehen,” fängt Mayer an. „Klaus war ein Zwei-Wege-Verteidiger und Papa ein Defensivverteidiger. Die beiden haben 1998 bei der Weltmeisterschaft sogar in einem Verteidigungspaar für Deutschland gespielt. Bei Familientreffen wird natürlich fast nur über Hockey gesprochen und das hat mir immer gefallen.”
Mit einem Eishockeyprominenten-Familienhintergrund, wie ihn Paul Mayer genießt, ist es natürlich auch selbstverständlich, dass der Verteidiger diese Ressourcen auch nutzt:
„Mein Vater hat sehr viel Sport mit mir gemacht und macht immer noch Extraschichten mit mir, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Ich habe als Allrounder begonnen und wurde dann Mittelstürmer. Ich habe immer gern die Scheiben verteilt und war ein kleiner Spielmacher. Als ich 14 Jahre alt war, hat Papa mit mir gesprochen und mir erklärt, dass ich als spielerischer Verteidiger gutes Potenzial hätte. Mir hat das dann so viel Spaß gemacht, ich wollte nur noch Verteidiger spielen.”
Erste Erfahrungen mit dem Bundesadler auf der Brust
Im Rahmen dieser Saison wurde Mayer auch das erste Mal vom DEB in den Kader der U17-Nationalmannschaft berufen und machte somit seine erste internationale Erfahrung. Für den jungen Mann waren die Einheiten mit dem DEB ein besonderes Erlebnis. „Es war absolut aufregend. Im August 2021 spielten wir in der Schweiz nach der Corona-Saison endlich wieder die ersten Spiele. Es ist alles gut gelaufen und ich konnte mir einen Platz in der ersten Verteidigung erspielen. Ich habe mitgenommen, dass ich körperlich auf diesem Niveau noch robuster spielen möchte, denn auf diesem Level hat man mit seinen Entscheidungen extrem wenig Zeit.”
Als Sohn eines ehemaligen Profis, der mittlerweile seit Jahren als Coach arbeitet, kann man gut nachvollziehen, dass Mayer ein besonderes Verständnis für das Spiel besitzt und regelmäßig am Analysieren ist. In der Regel sind solche Spieler auch sehr aufnahmefähig, wenn es um Feedback geht: „Mein U17-Nationaltrainer Philip Kipp war insgesamt sehr zufrieden mit mir. Ich sollte weiter an meiner Stärke, dem Skating, arbeiten. Wichtig ist, dass ich als großer Spieler beweglich bleibe. Außerdem sagte er mir, dass ich in der Kabine mehr das Wort ergreifen kann.”
„Ich gehe für die nächsten drei Jahre nach Mannheim"
Neue Maßnahmen mit dem DEB waren vom 03. bis zum 06. April in Füssen angesetzt, wo Mayer mit von der Partie war. Zeitgleich absolvierte auch die U18-Mannschaft ihre Vorbereitung für die U18-WM in Landshut und Kaufbeuren. Für dieses Turnier kann sich theoretisch jeder Spieler, der 2004 oder später geboren wurde, noch empfehlen. Auch für Mayer eine denkbare Möglichkeit: „Ich könnte mir schon vorstellen, dass der ein oder andere von der U17 noch den Sprung zur WM schaffen könnte. Ich konzentriere mich erst mal auf die U17. Eine WM im eigenen Land zu spielen wäre ein Traum. Sollte ich nicht dabei sein, werde ich natürlich nach Landshut fahren und den Jungs zuschauen.”
Vom Allgäu in die Quadratestadt
In der kommenden Saison wird es für Mayer zu einem Tapetenwechsel kommen, denn der Weg der Entwicklung für den jungen Eishockeyspieler führt zu einem äußerst vielversprechenden Standort: „Ich gehe für die nächsten drei Jahre nach Mannheim. Nächste Saison habe ich noch keinen Vertrag, weil ich noch Nachwuchsspieler bin. Im Anschluss habe ich einen DEL-Vertrag für die Saisons 2023/24 und 2024/25 unterschrieben,” erklärt Mayer die geplanten Abläufe für die nächsten Jahre. „Zusammen mit Jan-Axel Alavaara und meinem Agenten Martin Ancicka wurde es so geplant, dass ich in der kommenden Saison eine tragende Rolle in der DNL übernehmen kann. Ich habe dann innerhalb dieses Zeitraumes die Möglichkeit, mich durch gute Leistungen über den Kooperationspartner Heilbronn in der DEL2 bis zum DEL-Team der Adler hochspielen zu können.”
Obwohl viele Eishockeystandorte in Deutschland mittlerweile eine hervorragende Jugendarbeit leisten, sind die Wege eines Leon Draisaitl, Moritz Seider, und Tim Stützle über Mannheim gegangen. Sie sind eine Inspiration für die nächste Generation von Eishockeyspielern in Deutschland. Das sieht auch Mayer so: „Es ist echt der Hammer, wie unsere Jungs in der NHL einschlagen. Gerade auch wegen ihnen verfolge ich die NHL noch intensiver. Mein großer Traum und auch ein langfristiges Ziel ist die NHL und ich arbeite weiterhin hart dafür.”
Gerade Seider spielt eine phänomenaler Rookie-Saison in der NHL und ist ein heißer Kandidat für die Calder Memorial Trophy, die an den besten Rookie in der NHL verliehen wird. Für junge deutsche Verteidiger, die ihre Zukunft wie Mayer noch vor sich haben, ein ideales Vorbild - aber längst nicht das Einzige. „Moritz spielt eine überragende Rookie-Saison. Natürlich ist er ein Vorbild von mir. Mir imponiert seine Abgeklärtheit. Er spielt so abgezockt und da schaue ich mir viel ab,” gibt Mayer zu. „Mein größtes Vorbild ist aber Nicklas Lidström. Kurz nachdem ich auf die Verteidigerposition wechselte, habe ich meinen Vater gefragt, wer denn der beste Verteidiger aller Zeiten in der NHL war. Er sagte, es gibt viele überragende Verteidiger in der Geschichte, aber Nicklas Lidström war unglaublich dominant und als Typ äußerst professionell. Ich habe dann Material gesucht und mir viele Videoaufnahmen und Dokus über ihn angesehen. Er ist für mich der Prototyp eines Top-Verteidigers: Ruhig, körperlich stark, manchmal hat er über ganze Spiele hinweg keinen Fehler gemacht. Wegen ihm spiele ich, falls sie nicht vergeben ist, mit der Nummer 5.”
Bis Mayer überhaupt draftberechtigt ist, hat der Verteidiger noch viele Gelegenheiten sein Können unter Beweis zu stellen. Genauso sieht er das auch: „Die NHL ist mein Ziel. Meine Draftsaison ist die Saison 23/24. Ich gehe Schritt für Schritt und bin kein verkrampfter Typ. Mit dem Thema Draft mache ich mich nicht verrückt. Mir ist es wichtiger, Spaß am Hockey zu haben und dann einfach schauen, was passiert.”
Ganz Eishockey-Deutschland darf gespannt sein, was mit dem gerade mal 16-jährigen Paul Mayer in den kommenden Jahren passiert und wie er sich entwickeln wird. Eines steht jedoch fest, für eine erfolgreiche Eishockeykarriere bringt der Verteidiger alle Voraussetzungen mit.
Und das Ziel sollte spätestens hiermit vorgegeben sein …