Marvin Feigl: Der DNL-Top-Scorer wartet auf das DEB-Debüt
Marvin Feigl vom ERC Ingolstadt ist aktuell der Top-Scorer in der deutschen Juniorenliga DNL. Mit Elite Prospects Rinkside hat das 19-jährige Sturmtalent über Tränen in der Laufschule, Ehrgeiz beim Training, einen kontrastreichen Bürojob und das Warten auf eine Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft gesprochen.
In der Scorer-Wertung der DNL U20 steht Feigl nach etwa der Hälfte der regulären Saison 2021/22 ganz oben: In 18 Spielen sammelte der 1,77 Meter große Linksschütze 32 Scorerpunkte (elf Tore, 21 Assists) und kommt damit durchschnittlich auf 1,78 Punkte pro Partie. „Ich schaue vor den Spielen schon immer, wo ich stehe“, sagt Feigl. „Immerhin ist es mein Ziel, zum Abschluss meiner Nachwuchs-Karriere auf Platz 1 zu stehen.“
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Das Talent trat sowohl als Torjäger als auch Vorlagengeber in Erscheinung. „Mein Trainer sagt immer, dass ich einen Mega-Schuss habe“, sagt Feigl. „Das weiß ich schon auch, nur meine ich es immer zu gut und spiele gerne immer noch einen Pass. Ich habe schon öfter den Spruch bekommen, dass ich mehr schießen soll.“
Enormer Ehrgeiz: „Das ist eine Sucht“
Auf dem Eis fällt außerdem auf, dass Feigl ein exzellenter Skater mit hohem Tempo ist. „Meine Stärke ist ganz klar das Schlittschuhlaufen“, weiß der Stürmer und erklärt, warum: „Das hat schon zu Schüler-Zeiten angefangen: Eduard Uvira war Trainer und hat viel aufs Läuferische gesetzt. Ich hatte den Ehrgeiz, jeden Tag brutal zu trainieren. Auch habe ich bei Maritta Becker, der Athletik-Trainerin beim DEL-Team, sehr intensiv die Schlittschuh-Technik auf dem Eis geübt und enorm viele Tipps bekommen. Das ist jetzt das Resultat, ich möchte aber noch mehr daran arbeiten.“
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Ohnehin macht der 19-Jährige den Eindruck, seiner Hockey-Karriere mit viel Fleiß voranzutreiben. „Dafür kann ich nichts“, lacht Feigl. „Es ist eine Sucht: Ich liebe das Eishockeyspielen! Auch habe ich von (ERC Sportdirektor) Larry Mitchell schon oft gehört, dass er meine Arbeitsmoral schätzt und dass ich nie aufgebe. Das kommt aber alles von mir selbst.“
Tränen in der Laufschule
Die große Leidenschaft für Eishockey war bei Feigl allerdings Liebe auf den zweiten Blick: „Als Kind wollte ich eigentlich mit Fußball anfangen, aber mein Dad, der schon immer ERC-begeistert war und selbst in einer Hobby-Mannschaft gespielt hatte, hat mich in die Laufschule geschickt. Es hat gar nicht funktioniert: Ich habe mich gesträubt, geheult, geschrien und meine Eltern mussten mich wieder mitnehmen“, plaudert Feigl aus dem Nähkästchen. „Dann war ich ein, zweimal im Fußballtraining, doch das hat mir auch keinen Spaß gemacht. Also habe ich es nochmal mit Eishockey probiert. Es war wie ein Schalter, der plötzlich umgelegt wurde: Es hat geklappt und ich konnte seitdem nicht mehr ohne."
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Feigl wurde in Ingolstadt geboren und wird bis heute beim heimischen ERC ausgebildet. „Das bedeutet mir enorm viel. Es war eine einfache Entscheidung hierzubleiben, weil ich schon als Schüler mit dem DEL-Team trainieren durfte. Die Verantwortlichen haben mir einen Weg aufgezeigt und für mich einen Plan erstellt, den ich Schritt für Schritt angehe.“
Hinzu kommt, dass Feigl nach seiner Mittleren Reife nun auch parallel eine Ausbildung bei einem ERC-Sponsor machen kann. „Ich habe zur Absicherung etwas in der Hand. Das ist sehr wichtig, denn eine Profi-Karriere kann auch sehr schnell vorbei sein“, sagt er. „Ich werde zur Fachkraft für Abfall- und Kreislaufwirtschaft bei der Braun Entsorgung GmbH ausgebildet, bin auf dem Betriebshof, vor allem aber im Büro, wo ich die Disposition mache und Angebote schreibe. Alles ist so abgesprochen, dass es keine Überschneidungen mit dem Eishockey gibt: Trainieren wir vormittags, gehe ich danach zur Arbeit – trainieren wir am Nachmittag, gehe ich davor arbeiten. Ein gutes Beispiel ist Enrico Henriquez-Morales, der auch nebenher eine Ausbildung gemacht hat und schon im letzten Jahr für den ERC in der DEL gespielt hat. Einen ähnlichen Ablaufplan habe ich auch. Ich habe definitiv den Traum, Eishockey-Profi zu werden!“
DEL-Debüt mit 18 Jahren
Feigl selbst hat in der Vorsaison 2020/21 bereits sein DEL-Debüt gegeben: Am 18. April 2021 stand er als damals 18-Jähriger sogar in den Starting-Six bei der 0:3-Niederlage bei den Iserlohn Roosters und erhielt 10:52 Minuten Eiszeit.
DEL-Debüt für Marvin Feigl BILDBYRÅN/Eibner
„Es war relativ kurzfristig: Es war Abfahrtstag und ich war nach dem Training in der Kabine gesessen. Trainer Doug Shedden kam zu mir und hat gesagt: ‚Marvelous (Feigls Spitzname ist Marvelous Marvin), du fährst mit.‘ Boom! Ich bin schnell nach Hause, habe Klamotten eingepackt und schon saß ich im Bus nach Iserlohn. Ich habe mich mit meinem Reihenpartner Hans Detsch zusammengesetzt und mir das System und die Laufwege erklären lassen. Shedden kam vor dem Spiel dann noch in die Kabine und hat die Starting-Six mit meinem Namen angesagt. Da war ich natürlich dann schon sehr nervös, gleichzeitig aber auch unglaublich glücklich, so ein Debüt erleben zu dürfen. Es war wie in einem Film und so, als ob ich das schon ewig gemacht hätte. Die Jungs haben es mir einfach gemacht, mich immer wieder gelobt und gepusht. Ich habe versucht, alles zu geben und habe gutes Feedback bekommen. Diese Momente werde ich niemals vergessen.“
Feigl und Joe Whitney (re.) BILDBYRÅN/Eibner
Nun hofft Feigl auf sein zweites DEL-Spiel in der laufenden Saison. Anders als beim Debüt am Seilersee sind jetzt auch wieder Zuschauer in den deutschen Stadien erlaubt. „Das ist definitiv ein enormer Ansporn für mich“, betont das Talent. „Erstmals vor heimsicher Kulisse spielen zu können, das ist etwas ganz anderes, wenn deine Freundinnen und Freunde und deine Familie in den Rängen stehen. Ich erinnere mich noch an eine Mannschaftsvorstellung auf dem Eis bei vollem Stadion. Da war ich viel nervöser als gegen die Roosters. Ich habe jetzt aber auch schon in der Oberliga gespielt. Das hat geholfen.“
Erfahrungen in der Oberliga – Warten auf das DEB-Debüt
Auf Leihbasis lief der Angreifer schon in der zweiten Saison für den HC Landsberg in der drittklassigen Oberliga Süd auf. „In der DNL musst du sehr viel mehr laufen und mit dem Puck spielen. In der Oberliga sind die alteingesessenen Ex-DEL- oder -DEL2-Spieler. Es wird also mit viel Kopf und sehr technisch gespielt. Ich habe Mitspieler in meiner Reihe, die auch schon DEB-Erfahrung gesammelt haben.“
Feigl im Trikot des HC Landsbergs BILDBYRÅN/Beautiful Sports
Genau dieser Umstand geht dem DNL-Top-Scorer übrigens noch ab: In Feigls Vita taucht noch kein einziges Spiel für die deutsche Junioren-Nationalmannschaft auf. „Ich wurde noch nie eingeladen“, berichtet er. „Ich kenne den Grund dafür nicht. Ich mache mir keinen Kopf und möchte mich da nicht reinsteigern. Ich hoffe aber, dass es irgendwann mal klappt.“
Zumal im kommenden Dezember und Januar die U-20-Weltmeisterschaft 2022 in Kanada ansteht. Diese ist auch immer ein optimales Schaufenster, um sich für NHL-Scouts ins Schaufenster zu stellen. Auch Feigl ist im Draft 2022 auswahlberechtigt. „Ich habe mitbekommen, dass schon Scouts bei meinen Spielen zugeschaut und auch mal etwas über mich gefragt haben. Ich denke, dass mich das schon nochmal ein Stück pusht, wenn ich weiß, dass ein Scout zuguckt. Aber ich versuche immer ruhig zu bleiben, denn ich weiß, was ich kann.“ Feigls Lieblingsklub in der NHL sind übrigens die Chicago Blackhawks, sein Idol ist Patrick Kane.
Keine ERC-Bettwäsche
Auf dem Zettel von Ingolstadts Sportdirektor Mitchell steht Feigl auf jeden Fall. „Der Kontakt mit Larry ist sehr eng. Ich kenne ihn auch schon seit dreieinhalb Jahren. Wir treffen uns immer, wenn ich zu den ERC-Spielen gehe, wir reden dann immer kurz und ich bekomme Feedback, ein paar Tipps und versuche, diese umzusetzen.“
Auch darf Feigl immer wieder mit den Profis mittrainieren und saugt dort alles auf: „In der Kabine ist jeder für mich ein Vorbild, ich kann von jedem enorm viel lernen.“
Der Call-up in die DEL dürfte wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen und noch in der laufenden Saison 2021/22 erfolgen. „Mein Ziel ist, so weit wie möglich zu helfen, in der Oberliga Gas zu geben und mein letztes DNL-Jahr top abzuschließen.“
Ein gebürtiger Ingolstädter, der beim ERC ausgebildet wurde und es bis in die DEL geschafft hat – es wäre ein Bilderbuch-Ende für solch ein Portrait. Es fehlt eigentlich nur noch das Klischee mit dem Jungen, der früher auch noch in ERCI-Bettwäsche geschlafen hat. „Nein“, lacht Feigl. „Komischerweise habe ich das gar nicht: Ich schlafe in Ikea- und Spongebob-Bettwäsche.“