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AHL

Nico Daws: Goalie-Talent mit NHL-Debüt und AHL-Rekord

Deutsche Eishockey-Fans müssen seit dieser Saison auch Nico Daws auf dem Zettel haben: Der in München geborene Torwart gab in diesem Jahr sein Debüt in der NHL und stellte auch noch einen neuen AHL-Rekord auf. Mit Elite Prospects Rinkside sprach das 20-jährige Talent über deutsche Wurzeln, Gold mit Kanada und seine bemerkenswerte Karriere.



Die Utica Comets sind mit 13 Siegen in die Saison gestartet und haben damit einen neuen AHL-Rekord aufgestellt. Einen großen Anteil daran hatten die beiden Goalies: Das Schweizer Talent Akira Schmid (21, sechs Spiele, 1,65 Gegentore/Spiel, 94,4 Prozent Fangquote) und der in München geborene Deutsch-Kanadier Nico Daws (20, sieben Spiele, 2,0 Gegentore/Spiel, 93,8 Prozent Fangquote).

Für Daws ist es eine weitere Bestätigung seiner kometenhaften Karriere: In der Saison 2019/20 hatte er die beste Fangquote in der kanadischen Juniorenliga OHL (92,4 Prozent), 2020 wurde er von den New Jersey Devils gedraftet (3. Runde, 84. Stelle), 2020/21 gab er sein Profi-Debüt beim ERC Ingolstadt in der DEL und 2021/22 machte er seine ersten Spiele für die Devils in der NHL. Doch der Reihe nach...


Wurzeln in Bayern  

Daws wurde am 22. Dezember 2000 in der bayerischen Landeshauptstadt München geboren. Anders als man erwarten könnte, spielte sein Vater kein Eishockey in der DEL. Seine Eltern sind beide in Kanada geboren, haben in Deutschland gearbeitet und dort auch geheiratet. Im Alter von sechs Monaten ging es für Nico Daws dann zurück nach Kanada. Entsprechend fühlt er sich selbst auch mehr als Kanadier. 

„Ich habe keine Erinnerungen an meine Anfänge in Deutschland. Meine Eltern haben mir aber Videofilme von Urlauben vorgespielt und gezeigt, wo ich gelebt habe“, erklärt Daws. „Die Familie meines Opas mütterlicherseits kommt aus Deutschland. Ich habe also bis heute Familie dort, die ich oft besuchen komme. Ich kann leider nicht wirklich Deutsch sprechen, schaffe vielleicht mal einen Satz. Aber ich verstehe es ganz gut.“


Aus einem Schussblocker wird ein Goalie  

Im Mutterland des Eishockeys kam Daws dann sehr schnell mit dem Nationalsport in Kontakt. „Meine Eltern haben mich mit drei Jahren in die Laufschule geschickt. Mich hat das nicht interessiert, denn ich wollte immer nur spielen. Sie haben mir dann aber erklärt, dass man skaten können muss, um gut Eishockey spielen zu können.

Torwart wurde Daws übrigens nicht, weil er auf dieser Position weniger laufen musste. „Bis ich acht Jahre alt war, wurde ich als Spieler eingesetzt. Schon zu dieser Zeit wollte ich immer Schüsse blocken. Dann haben wir ein Turnier in den USA gespielt. Es ging gegen bessere Teams, weshalb sich keiner zwischen die Pfosten stellen wollte. Also bin ich ins Tor gegangen. Wir haben zwar jedes Spiel mit sechs, sieben, acht Toren Unterschied verloren, doch ich habe es geliebt. In der Folgesaison war ich schon ein Vollzeit-Goalie.“


Leistungsexplosion in Guelph und Gold mit Kanada  

Zur Saison 2017/18 wurde es dann ernst: Daws schloss sich den Guelph Storm aus der OHL an. „Ich denke nicht, dass ich mental darauf vorbereitet war. Als ich im CHL-Draft ausgewählt wurde, habe ich es erstmal ruhig angehen lassen. Die Zeit in Guelph hat mir dann die Augen geöffnet: Ich musste immer fit und in Form sein.“

OHL Images/Terry Wilson


Erste positive Ergebnisse stellten sich beim 1,93 Meter großen Torhüter schnell ein: „2018/19 hat alles zusammengepasst: Wir hatten gute Spieler und große Namen wie Nick Suzuki oder Ryan Merkley. Sie waren unglaublich talentierte und clevere Spieler, haben jeden Tag hart trainiert. So wie sie gespielt haben, hat auch mir das sehr geholfen, denn ich musste selbst jeden Tag auf diesem Niveau performen. Ich war Backup, und wir haben am Ende die Meisterschaft gewonnen.“

Der Ehrgeiz war bei Daws längst geweckt. „Ich habe über den Sommer 25 Pfund (ca. 11 Kilogramm) abgenommen und mit Hingabe gearbeitet. Ich wusste: Wenn ich Profi werden möchte, dann muss ich ein gutes Jahr haben.“ Und genau das sollte ihm gelingen: In 38 Einsätzen hatte er mit 92,4 Prozent die beste Fangquote aller OHL-Goalies in der Saison 2019/20.

Außerdem wurde Daws auch für die kanadische Junioren-Nationalmannschaft nominiert und kürte sich als Starter zum U-20-Weltmeister. „Das war etwas, was ich so nicht erwartet hatte. Ich habe überhaupt nicht an Team Canada, sondern nur an die Saison mit Guelph gedacht. Ich wurde ins Camp eingeladen und fand schon das etwas Besonderes. Ich dachte nicht, dass ich es in den Kader schaffen würde, doch plötzlich war ich sogar der Starter und wir haben die Goldmedaille gewonnen. Dieses Turnier war definitiv eines der Höhepunkte in meiner Karriere.“ 

BILDBYRÅN/Simon Hastegård



Ein Anruf von Vorbild Brodeur  

So verwunderte es nicht, dass auch die NHL den aufstrebenden Torwart für den Draft 2020 auf dem Zettel hatte. Daws wurde in der 3. Runde von den Devils ausgewählt. „Ich war in einem Restaurant von Freunden in der Nähe meines Hauses. Freunde und Familie waren da. Es war ein ganz spezieller Moment, ich war aufgeregt und werde das niemals vergessen. Als es dann auch noch New Jersey wurde, war ich total begeistert, denn es ist eine überragende Organisation und als Kind war Martin Brodeur immer mein Lieblingsgoalie. Das hat also perfekt gepasst. Als ich gepickt wurde, hat er mich sogar angerufen – das war unglaublich.“

Nach dem Draft diskutierte Daws mit den Devils und seinem Berater darüber, was in einer von der Covid-19-Pandemie beeinträchtigen Saison das Beste für seine Entwicklung wäre. „Es war ungewiss, ob die OHL überhaupt starten würde. Mein Agent hat sich umgesehen, dann hat mir Ingolstadt einen Vertrag angeboten. Es war eine großartige Möglichkeit für mich, denn ich hatte ja Familie dort und konnte mich leicht eingewöhnen.“


Zurück nach Bayern: Daws fängt für Ingolstadt  

Mitte November 2020 war Daws tatsächlich zurück in seinem Geburtsland und stand für den ERC Ingolstadt zwischen den Pfosten. „Es war unglaublich“, so Daws. „Zurück zu sein, wo alles anfing – das war überragend.“ 

BILDBYRÅN/Johannes Traub


Bei den Schanzern gab Daws sein Debüt im Profi-Bereich und kam in zehn DEL-Spielen zum Einsatz. Dabei hatte er einen Gegentorschnitt von 2,9 und eine Fangquote von 89,8 Prozent. „Es war hart in einer richtig guten Liga mit vielen guten Spielern. Ich habe etwas Zeit gebraucht, bin dann aber besser reingekommen und konnte viel lernen.“

BILDBYRÅN/Fotostand


Der Lohn: Nach der Saison unterschrieb Daws einen Entry-Level-Kontrakt bei den Devils. „Das war zu 100 Prozent die aufregendste Unterschrift meines Lebens“, lacht Daws. „Das war wirklich spannend, denn darauf hatte ich lange hingearbeitet. Es war ein unglaubliches Gefühl.“


NHL-Debüt im Alter von 20 Jahren  

Doch damit nicht genug. Daws schaffte es auch, im Training Camp der Devils zu überzeugen. „Ich habe den Home Opener in Utica gespielt und dann den Call-up bekommen. Ich habe meine Tasche gepackt, bin ins Auto gestiegen und nach New Jersey gefahren.“ Dort wartete die nächste Überraschung auf den Deutsch-Kanadier: „Der Coach hat mich ins Büro gerufen und gesagt, dass ich im nächsten Spiel spielen werde. Ich konnte es kaum glauben.“

Und so stand der gerade einmal 20-jährige Torwart plötzlich in der NHL zwischen den Pfosten: Am 23. Oktober 2021 stoppte er im Heimspiel gegen die Buffalo Sabres 25 von 27 Schüssen (92,6 Prozent Fangquote) und feierte mit den Devils einen 2:1-Heimsieg n.V. „Es war nervenaufreibend“, erinnert sich Daws. „Ich war vor dem Spiel sehr nervös, immerhin ist die NHL die beste Liga mit den besten Spielern der Welt. Am Anfang war ich noch ein wenig wackelig, aber nach den ersten Saves habe ich Selbstvertrauen bekommen. Mein Gehirn hat sich ausgeschaltet, ich kann mich nicht mehr an viel erinnern. Das Tor in der Overtime war eine Erlösung. Jeder hat sich für mich gefreut und auch die Trainer waren glücklich mit meiner Leistung.“

Dougie Hamilton und P.K. Subban gratulieren Daws zum ersten NHL-Sieg

Dougie Hamilton und P.K. Subban gratulieren Daws zum ersten NHL-Sieg Tom Horak-USA TODAY Sports



AHL-Rekord und Schweiz-Connection  

Nach seinem zweiten NHL-Spiel kehrten die zuvor angeschlagenen Torhüter Mackenzie Blackwood (24) und Jonathan Bernier (33) zurück. New Jersey schickte Daws also zurück in die AHL. „Ich wusste, dass sie die Nummern 1 und 2 sind. Es gab keinen Grund, mich oben zu lassen“, nahm es Daws sportlich. „Blackwood ist ein unglaublicher Torwart, der nur ein bisschen älter ist als ich. Er hat im Training und im Spiel ein hohes Level, da kann ich mir viel abschauen. Bernier ist ein Veteran, dem ich schon als Kind zugesehen habe. Er hat viele Tricks im Ärmel, es ist cool, von ihm zu lernen.“

Das konnte Daws auch in der AHL zeigen und stellte mit den Comets einen neuen AHL-Rekord auf: 13 Siege zum Start in eine Saison gab es zuvor in der American Hockey League noch nie. „Wir haben ein richtig gutes Team hier, sind gut drauf und wollen unsere Siegesserie fortsetzen“, sagt Daws. Zu seinem Schweizer Konkurrenten Schmid hat Daws einen guten Draht und verstand sich in der NHL auch mit den Eidgenossen Nico Hischier und Jonas Siegenthaler. „Am engsten bin ich mit Akira, wir kommen richtig gut miteinander aus. Wir haben natürlich auch schon über Deutschland und die Schweiz geredet. Ihre Geschichten sind cool.“

Geoff Burke-USA TODAY Sports



Ambitionierte Ziele  

Daws‘ Ziel für die laufende Saison ist, „ein besserer Goalie zu werden. Egal wo ich bin, ich möchte mein Bestes geben und Meister werden“, betont der gebürtige Münchner. „Ich möchte es auch in die NHL schaffen, entweder in diesem oder im nächsten Jahr.“

Für Daws sprechen sein Positionsspiel, seine Rebound-Kontrolle und Geschwindigkeit. „Ich möchte noch viel schneller werden und muss noch an vielen Dingen arbeiten, um in der NHL Fuß zu fassen“, glaubt Daws. „Ich denke, dass meine Ruhe der wichtigste Teil meines Spiels ist: Ich gerate nicht in Panik und lasse schwere Saves leicht aussehen. Mein Spiel ist einfach, ich möchte nichts Außergewöhnliches machen.“

Geoff Burke-USA TODAY Sports


Zweifelsohne ist der 20-Jährige eines der größten Torwart-Talente in Nordamerika. Ob Daws sich vorstellen kann, noch einmal in Deutschland zu fangen? „Eines Tages vielleicht“, sagt er mit einem Augenzwinkern.



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