Montreals Änderungen greifen: Anderson verhindert die Cup-Übergabe
Der Stanley Cup war für Spiel 4 bereits im Gebäude, doch überreicht wurde der „Heilige Gral“ des Eishockeys noch nicht. Grund dafür war der 3:2-Heimsieg n.V. der Montreal Canadiens gegen die Tampa Bay Lightning, die die Final-Serie auf 1:3 verkürzte.
Mit einem Sieg hätten die Bolts das Stanley Cup Finale 2021 entscheiden und die Serie sogar sweepen können, doch die Habs hatten in den zwei spielfreien Tagen offensichtlich an den richtigen Rädchen gedreht: Montreals Trainer Dominique Ducharme warf vor Spiel 4 die Rotationsmaschine an und brachte drei neue Spieler. Im Sturm erhielt Jake Evans den Vorzug vor Jesperi Kotkaniemi, in der Verteidigung wurde das komplette dritte Tandem getauscht, denn Alexander Romanov und Brett Kulak ersetzten Erik Gustafsson und Jon Merrill. Außerdem brach Ducharme drei seiner vier Sturmreihen auf: Toffoli|Danault|Gallagher, Anderson|Suzuki|Caufield sowie Byron|Evans|Lehkonen lauteten die neuen Top-3-Formationen. Unverändert blieb nur die Armia|Staal|Perry-Linie.
Diese Änderungen schienen Wirkung zu zeigen, denn die Canadiens verschliefen die Drittel-Starts dieses Mal nicht, gingen stattdessen zweimal in Führung und waren wieder stabiler im Penalty Killing (5/5). Zudem konnte Goalie Carey Price erstmals im Stanley Cup Finale ein Spiel stehlen, glänzte mit 32 Saves und 94,1 Prozent Fangquote (erstmals in vier Partien über 87 Prozent).
Anderson sorgt für die erste Führung im Finale
Power Forward Josh Anderson kam als physisches Element (1,91 Meter groß, 103 Kilogramm schwer) in die junge, spielstarke und temporeiche Reihe um Nick Suzuki (21, 1,80 Meter, 94 Kilogramm) und Cole Caufield (20, 1,70 Meter, 75 Kilogramm) und wusste sofort zu glänzen: Caufield schickte Suzuki über den linken Flügel und zog zum Tor. Suzuki ging bis zur Grundlinie durch und servierte den Puck per Rückhandpass auf den zweiten Pfosten, wo Anderson in Position gelaufen war und per Direktschuss auf 1:0 stellte (16.). Es war die erste Habs-Führung im Stanley Cup Finale.
Tampas Antwort dann im zweiten Durchgang, begünstigt durch einen Turnover in der eigenen Zone von Jeff Petry. Daraufhin brachte Blake Coleman die Scheibe zum Tor, McDonagh erreichte den Rebound und spielte den Puck quer zum mitgelaufenen Barclay Goodrow, der ins halbleere Tor zum 1:1 traf (38.).
Romanov schreibt Geschichte
Auch im dritten Drittel waren Ducharmes Änderungen direkt an der erneuten Führung beteiligt: Evans spielte den Puck vom rechten Flügel hoch zur blauen Linie, wo Romanov einen Schuss abgab, der sich durch den Verkehr ins Netz bohrte (49.). Artturi Lehkonen hatte Lightning-Torwart Andrei Vasilevsky (18 Saves, 85,7 Prozent Fangquote) erfolgreich die Sicht genommen. Für Romanov war es das erste Tor in den Stanley Cup Playoffs überhaupt. Der Verteidiger absolvierte erst sein drittes Playoff-Spiel und war als „Healthy Scratch“ über weite Phasen der Postseason nicht gefragt. Jetzt schrieb er sogar Geschichte: Der 21-jährige Russe ist der jüngste Abwehrspieler, der in einem Stanley Cup Finale ein Tor erzielen konnte.
Die Bolts waren damit aber noch nicht bezwungen und schlugen mit ihrer vierten Reihe zurück: Mathieu Joseph spielte einen Saucerpass quer auf Pat Maroon, der die Scheibe zum 2:2 ins Tor tippte (54.). Danach hatten die Canadiens bange Momente zu überstehen, denn eine Minute vor Ablauf der regulären Spielzeit wurde Habs-Kapitän und -Abwehrchef Shea Weber für vier Minuten (2+2 wegen eines hohen Stocks) auf die Strafbank geschickt. Montreal aber gab genau das noch einmal einen Motivationsschub: „Webby ist unser Anführer. Du kannst dir keinen besseren Teamkollegen vorstellen. Deshalb wollte sich jeder für ihn ins Zeug legen, insbesondere für ihn“, erklärte Stürmer Brendan Gallagher. „Natürlich hätten wir die Strafe auch für jeden anderen gekillt, doch er ist der Fels in der Brandung für uns, seitdem er hier ankam.“
Erlösung in der Overtime: Anderson staubt im Fallen ab
Auch dank Price überstanden die Habs das lange Unterzahlspiel schadlos und setzten dann selbst den entscheidenden Angriff: Anderson eroberte die Scheibe mit einem Stick-Lift in der eigenen Zone, startete über den linken Flügel durch und kehrte den Puck vors Tor, wo Caufield mit einem Schuss an Vasilevsky scheiterte. In diesem Moment kam Anderson von hinter dem Tor zurück und staubte im Rückwärtsfallen zum 3:2-Endstand n.V. ab (64.).
Eric Bolte-USA TODAY Sports
„Wir wollten nicht, dass es heute vor unseren Fans zu Ende geht“, betonte Doppelpacker und OT-Siegtorschütze Anderson. „Wir haben erwartet, dass wir morgen noch einmal nach Tampa fliegen würden. Ich denke, jeder in dieser Kabine hatte seine Tasche am Nachmittag schon gepackt. Wir hatten einfach das Gefühl, dass wir gewinnen würden und uns noch eine Chance geben würden.“
Auch Price, der in Elimination Games in dieser Saison überragende Werte von 1,85 Gegentoren/Spiel und 94,4 Prozent Fangquote vorweisen kann, hat mit dieser Saison noch nicht abgeschlossen: „Wir sind eine widerstandsfähige Mannschaft, wurden die ganze Saison mit Herausforderungen konfrontiert und haben gut darauf reagiert. Aber es liegt noch viel Arbeit vor uns.“
Spiel 5: Machen die Lightning in Tampa Bay alles klar?
Montreal wendete den Sweep ab und erzwang ein Spiel 5, das in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (2 Uhr MESZ) in der Amalie Arena in West-Florida steigen wird.
„Es ist frustrierend“, sagte Lightning-Trainer Jon Cooper. „Warum mussten wir überhaupt in diese Overtime? Wir hatten genug Chancen, um es zu beenden, haben es aber nicht geschafft.“ Überraschenderweise blieben Playoff-Top-Scorer Nikita Kucherov und -Top-Torjäger Brayden Point ohne Scorerpunkt in Spiel 4. Zweitreihen-Stürmer und Powerplayer Alex Killorn fehlte zum dritten Mal in Folge aufgrund einer unbekannten Verletzung.
Die Bolts haben nun die Chance, den Stanley Cup vor den eigenen Fans in Tampa Bay zu gewinnen. Geplant aber war ein solches Szenario nicht, versicherte Goodrow: „Wir wollten heute gewinnen, es sollte aber nicht sein. Sie sind ein gutes Team und nicht ohne Grund hier. Sie standen mit dem Rücken zur Wand und haben nochmal einen Push bekommen. Wir konzentrieren uns jetzt auf Spiel 5.“