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NHL

Erst Schwachpunkt, jetzt große Stärke: Vegas siegt dank offensivstarker Verteidiger

Für offensivstarke Verteidiger waren die Vegas Golden Knights in ihrer vierjährigen Klubgeschichte bislang nicht bekannt. Das aber scheint sich in den Stanley Cup Playoffs 2021 zu ändern: Beim 4:1-Heimsieg in Spiel 1 der Halbfinal-Serie gegen die Montreal Canadiens waren Abwehrspieler für drei der vier Tore verantwortlich.


 

Dass die Golden Knights in ihren ersten Jahren zu wenig torgefährliche Verteidiger in ihrem Kader hatten, wurde von vielen Experten als die Achillesferse auf dem Weg zum Stanley-Cup-Sieg ausgelegt. Also versuchte Vegas in den letzten Jahren an genau dieser vermeintlichen Schwachstelle zu arbeiten: Vor der Trade-Deadlinie 2019 wurde Alec Martinez (3-2-5 in den Playoffs 2021) von den L.A. Kings in die Wüste Nevadas gelotst, in der Offseason 2020 wechselte Alex Pietrangelo (1-7-8) als Free Agent nach Sin City. Derweil entwickelte sich Shea Theodore (1-7-8) von einem vielversprechenden Talent zu einem Leistungsträger an der blauen Linie. 

Die Verteidigung der Golden Knights ist also längst nicht mehr nur aufs Zerstören aus, sondern präsentiert sich spielstark, mit einem sicheren wie ruhigen Aufbau und ist nun auch noch torgefährlich: Mit Theodore und Pietrangelo spielt Vegas im Umbrella-Powerplay mit zwei passstarken Abwehrspielern als „Libero“ zentral an der blauen Linie. Martinez wird für Direktabnahmen auf dem rechten Flügel positioniert. Hinzu kommt, dass Defensivspieler wie Nick Holden (2-5-7), Zach Whitecloud (1-3-4) oder selbst der siebten Verteidiger Nicolas Hague (1-1-2) plötzlich als Torschützen in Erscheinung treten. Bereits neun Playoff-Tore gingen auf das Konto von Verteidigern. Einzig Brayden McNabb (0-3-3) traf noch nicht ins Tor.


Montreals erster Rückstand nach 447:08 Minuten  

Diese neue Waffe sollte auch beim Auftakt im Stanley Cup Halbfinale gegen die Canadiens zum Erfolg führen: drei der vier Golden-Knights-Treffer gingen auf das Konto von Verteidigern. Den Anfang machte Theodore: Nach Bullygewinn von Chandler Stephenson legte McNabb quer, Theodore fasste per Schlagschuss ab – 1:0 (10.). Damit ging Montreals Serie von 447:08 Minuten ohne Rückstand zu Ende. Übrigens die zweitlängste in der NHL-Playoff-Geschichte. Den Rekord halten die Habs selbst mit 488:38 Minuten im Jahr 1960. „Wir haben in den Besprechungen vor dem Spiel darüber gesprochen, dass sie es von ihrer Struktur her unangenehm finden würden, in Rückstand zu geraten. Es hatte lange niemand mehr geschafft, sie in so eine Situation zu bringen. Also war das Tor wichtig“, sagte Vegas-Trainer Peter DeBoer.


Caufields erster Playoff-Treffer im „Sandwich“ von Martinez und Janmark  

Im zweiten Drittel war es dann Martinez, der kurz nach dem Ablauf der Powerplay-Zeit vom rechten Bullypunkt per Direktabnahme auf 2:0 stellte (23.). Dann machte erstmals Habs-Goalie Carey Price (26 Saves, 86,7 Prozent Fangquote) auf sich aufmerksam, als er einen Schuss von Mark Stone spektakulär aus dem rechten Winkel fischte (25.). Auch sein Gegenüber Marc-André Fleury (28 Saves, 96,6 Prozent Fangquote) zeigte starke Saves, musste sich dann aber in Unterzahl geschlagen geben: Habs-Rookie Cole Caufield staubte aus der Nahdistanz ab und erzielte so das erste Playoff-Tor seiner NHL-Karriere (33.). „Ich denke, wir hatten unsere Chancen, um zurückzukommen, wir hatten aber ein paar unglückliche Abpraller“, so Caufield. Eine Beschreibung, die perfekt auf das 3:1 der Knights passte: Ein Schuss von Alex Tuch wurde abgefälscht, eierte durch den Verkehr, wo Mattias Janmark die Scheibe dann über den linken Pfosten ins Tor lenkte (33.).


Holden: „Du brauchst Scoring von jedem“  

Im Schlussdrittel war es mit Nick Holden dann der dritte Verteidiger, der in diesem Spiel 1 ein Tor erzielte: Vegas eroberte den Puck mit aggressivem Forechecking in der Offensivzone, dann legte Reilly Smith quer für Holden, der sah, dass Price auf einen erneuten Pass spekulierte. Also schoss der Abwehrmann selbst und traf ins halbleere Tor zum 4:1-Endstand. Für die Golden Knights war es bereits der fünfte Sieg in Serie. 

Vegas ist erst das zweite Team in der NHL-Geschichte, das in einem Playoff-Halbfinal-Spiel drei Tore von Verteidigern erhielt. Das schafften sonst nur die Pittsburgh Penguins im Jahr 1991. „Wenn du tief in den Playoffs vordringen möchtest, dann brauchst du Scoring von jedem“, so Holden. „Wenn selbst Spieler treffen, die nicht die größten Offensivwaffen sind, dann wirst du auch Spiele gewinnen.“


Nach 464 Tagen: Ein kanadisches Team zurück in den USA  

Für Montreal war es das erste Spiel eines kanadischen Teams in der USA seit 464 Tagen (zuletzt am 7. März 2020). Erst am 6. Juni 2021 wurde wieder erlaubt, dass NHL-Teams unter bestimmten Hygiene-und Quarantäne-Vorschriften die Grenze überschreiten dürfen. „Wir waren aufgeregt, wieder vor voller Hütte spielen zu dürfen“, sagte Canadiens-Verteidiger Joel Edmundson. „Es hat Spaß gemacht, aber wir wollen im nächsten Spiel besser sein.“

Stephen R. Sylvanie-USA TODAY Sports


Spiel 2 steigt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um 3 Uhr MESZ erneut in der T-Mobile Arena in Las Vegas.




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