Deutschland mit Herz, Stolz und Emotionen ins Halbfinale
Erstmals seit elf Jahren steht Deutschland wieder im Halbfinale einer Weltmeisterschaft. Am heutigen Samstag geht es ab 17.15 Uhr gegen Finnland. Eine schwere Aufgabe, die das DEB-Team mit Herz, Stolz und Emotionen angehen möchte.
Es ist seit Beginn dieser WM die wohl größte Stärke der Deutschen: Sie sind eine echte Mannschaft. Jeder im Team, egal ob NHL-, AHL- oder DEL-Profi, warf sich ohne jegliche Allüren in Schüsse, steckte harte Checks ein, teilte eben diese selbst aus und rammte bis zum Ende die Kufen ins Eis.
So auch beim nervenzerreißenden 3:2 n.P. im Viertelfinale gegen die Schweiz. Deutschland glaubte an sich, konnte sich im Verlauf immer weiter steigern und belohnte sich am Ende spektakulär: Beim entscheidenden Penaltyschuss von Marcel Noebels, der den Puck mit einer Hand am Torwart vorbei ins Tor führte, dürfte wohl jeden aus den Sitzen gerissen haben: Die Spieler auf der Bank, die Zuschauer vor dem Fernsehen und sogar TV-Kommentator Basti Schwele.
Müller unter Tränen: „Wir sind noch nicht fertig!“
Wie emotional dieser Sieg für die Nationalmannschaft war, zeigte ein Interview mit Moritz Müller nach dem Spiel, das im Internet bereits knapp 50.000-mal aufgerufen wurde. Mit Freudentränen im Gesicht sagte der Kapitän auf Englisch: „Wenn du so viel Herz und Emotionen ins Spiel legst, dann verdienst du so einen Sieg. Ich bin so stolz auf dieses Team.“ Wie ein Halbfinale für ihn klingt? „Das klingt verdammt geil. Verdammt geil“, sagte Müller, wischte sich eine weitere Träne aus dem Auge und legte im Brustton der Überzeugung nach: „Aber wir sind noch nicht fertig! Wir werden nicht aufhören!“
Diese großen Gefühle ließen freilich auch den eher ruhigeren Bundestrainer Toni Söderholm nicht kalt. „Diese Glücksgefühle haben sie sich zu 1000 Prozent verdient“, befand er und betonte: „Die Geschichte, die unsere Jungs gerade schreiben, da kommen noch Kapitel dazu. Das ist der allgemeine Wille.“
Vorfreude auf Finnland
Mit Herz, Stolz und Emotionen möchte Deutschland im Halbfinale jetzt auch Finnland überraschen. Dass der amtierende Weltmeister auf dem Papier der klare Favorit ist und auch über bessere Einzelspieler verfügt, steht außer Frage. Doch wer hat die bessere Mannschaft?
„Wir haben einen unglaublichen Zusammenhalt, eine unglaubliche Truppe, das möchte ich nochmal unterstreichen“, sagte Mittelstürmer Stefan Loibl. „Wir haben es schon gesagt: Wir sind hier noch nicht fertig.“ Auch Angreifer Markus Eisenschmid fiebert dem Spiel entgegen: „Die Vorfreude auf das Halbfinale ist groß. Wir wissen, dass die Finnen sehr diszipliniert und defensiv stark sind. Es wird auf die Geduld ankommen.“
Und darauf, die Begeisterung zu kanalisieren. „Das war ein totales Stimmungschaos. Jetzt sind wir schon wieder heiß auf das Halbfinale“, sagte Verteidiger Marco Nowak. „Wir wissen, dass ganz, ganz viele zu Hause zuschauen, darauf sind wir stolz“, zieht auch Eisenschmid Energie aus der Begeisterung zu Hause.
Beim Aufeinandertreffen in der Gruppenphase konnte Deutschland lange auf Augenhöhe mithalten, verlor am Ende aber knapp mit 1:2. Es ist also noch eine Rechnung offen.
Schreibt Deutschland Eishockey-Geschichte?
Eine deutsche Eishockey-Nationalmannschaft im Halbfinale einer Weltmeisterschaft? Das gab es zuletzt bei der Heim-WM 2010. Auch damals räumte die DEB-Mannschaft im Viertelfinale die Schweiz aus dem Weg (1:0), verpasste den Final-Einzug dann aber denkbar knapp gegen Russland (1:2) und wurde am Ende Vierter (1:3 gegen Schweden).
„Wir haben seit elf Jahren das Halbfinale nicht mehr erreicht. Für das deutsche Eishockey ist es wichtig, weil es den Olympia-Erfolg noch einmal verstärkt“, so Müller. „Was für eine Mannschaft, was für eine Leidenschaft. Wir haben es einfach verdient.“
In einem WM-Finale stand eine DEB-Auswahl übrigens zuletzt 1953, also vor 68 Jahren. Eine zusätzliche Motivationshilfe aber dürfte diese Mannschaft nicht nötig haben.