Dan Hamilton-USA TODAY Sports
NHL

„Am Boden zerstört“: Maple Leafs blamieren sich und scheiden aus

Wer hätte damit gerechnet? Als einer der Top-Favoriten waren die Toronto Maple Leafs in die Stanley Cup Playoffs 2021 gestartet, doch bereits in der ersten Runde ist für die Ahornblätter Schluss: Toronto unterlag den Montreal Canadiens in Spiel 7 mit 1:3 und hat ab sofort Sommerpause.


 

Torontos Traum vom Stanley Cup platzt in Runde 1  

Böse Zungen in Kanada sagen seit Jahren: Egal was passiert, die Maple Leafs werden einen Weg finden, es zu vergeigen. In dieser Saison schien die Zeit für Toronto gekommen zu sein: Mit einer 35-14-7-Bilanz waren die Leafs die sechsbeste Mannschaft in der NHL und das bestgesetzte Team in der North Division. Die Balance aus einer gefährlichen Offensive (3,32 Tore/Spiel, 6.) und einer sattelfesten Defensive (2,64 Gegentore/Spiel, 7.) schien zu stimmen. Der Kader hatte auf dem Papier ausreichend Tiefe. Spieler wie Joe Thornton (41), Jason Spezza (37), der vor der Trade-Deadline akquirierte Nick Foligno (33) oder Kapitän John Tavares (30) sorgten für die nötige Erfahrung. Und auch die Qualität in der Spitze war mit Superstars wie Auston Matthews oder Mitchell Marner gegeben: Matthews war ligaweiter Top-Torjäger (41 Treffer), Marner erreichte die 20-Tore-Marke.

Doch all das reichte trotz eines 3:1-Serien-Vorsprungs nicht, um die Montreal Canadiens, ein Team, das mit der geringsten Punkteanzahl aller 16 Playoff-Teams angetreten war (24-21-11), zu schlagen. Auch, weil die oben genannten Leistungsträger underperformten: Matthews (1-4-5) erzielte nur ein einziges Tor, Marner (0-4-4) blieb komplett ohne Treffer und auch Thornton (1-0-1) sowie verletzungsbedingt Foligno (vier Spiele, 0-1-1) und Tavares (ein Spiel, 0-0-0) konnten ihren Stempel nicht aufdrücken. Die Folge: Torontos Tormaschine fiel von 3,32 Toren/Spiel in der regulären Saison auf 2,57 in den Playoffs.

Im alles entscheidenden Spiel 7 traf einzig William Nylander für die Maple Leafs. Als er die Torlampe 1:36 vor Schluss zum 3:1-Endstand anknipste (59.), war das Schicksal seiner Mannschaft allerdings längst besiegelt. 

Zuvor hatte mit Torwart Jack Campbell (20 Saves, 90,9 Prozent Fangquote)) der nächste Leistungsträger geschwächelt und einen Schuss von Brendan Gallagher vom linken Bullykreis zum 0:1 durch die Hosenträger rutschen lassen (24.). „Dass mir das schlimmste Gegentor meiner Karriere ausgerechnet in Spiel 7 passiert, ist nicht akzeptabel“, haderte der Goalie. Das Team verlässt sich auf mich, dass ich besser bin und ich weiß, dass ich viel besser als das bin.“ Keine Chance hatte Campbell beim 0:2, als ihm Corey Perry die Sicht nahm und einen Schuss von Nick Suzuki mit dem Bein ins Ziel abfälschte (36.). Das 0:3 war dann ein Empty-Net-Tor von Tyler Toffoli (58.).

„Als Team war es das beste Spiel in der gesamten Saison“, jubelte Montreals Torhüter Carey Price (30 Saves, 96,8 Prozent Fangquote). „Als wir Spiel 5 gewonnen haben, haben wir Momentum bekommen und es bis heute Abend behalten.“ In der Stanley Cup Second Round treffen die Canadiens auf die Winnipeg Jets. Spiel 1 ist in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (1.30 Uhr MESZ) angesetzt. 

Die Maple Leafs sind dann schon längst im Sommerurlaub. „Unsere Jungs sind am Boden zerstört“, sagte Torontos Trainer Sheldon Keefe. „Ich habe deshalb nach dem Spiel auch nicht zur Mannschaft gesprochen. Es ist wirklich schwer, in Worte zu fassen. Wir sind am Boden zerstört und enttäuscht. Wir hatten mehr von uns erwartet und ich denke, dass wir auch mehr hätten erreichen können, nicht nur heute, sondern in der kompletten Serie.“ Auch Matthews rang nach Worten: „Ich glaube nicht, dass es dazu viel zu sagen gibt. Es ist insgesamt extrem frustrierend.“ 

Trotz hoher Ansprüche konnten die Leafs seit 2004 keine einzige Playoff-Serie mehr gewinnen: Sechs Playoff-Serien gingen seitdem verloren, darunter acht Niederlagen in Entscheidungsspielen, die eine Serie zu Gunsten von Toronto hätten entscheiden können. Die bösen Zungen in Kanada haben also nicht unrecht. Insbesondere für Thornton dürfte das eine bittere Pille sein: „Jumbo Joe“ hatte im Sommer seinen langjährigen Klub San Jose Sharks den Rücken gekehrt und für ein Jahr bei den Maple Leafs unterschrieben, um endlich den Stanley Cup zu holen. Dieser Traum ist schon in der ersten Runde geplatzt, wie eine Seifenblase. Seine Zukunft ist übrigens noch offen. 



Islanders gleichen Serie in Boston aus  

Die New York Islanders haben zurückgeschlagen und Spiel 2 der Serie gegen die Boston Bruins auswärts mit 4:3 n.V. gewonnen.

Boston führte dank einer feinen Einzelaktion von Charlie Coyle (3.) nach dem 1. Drittel mit 1:0. New York aber entschied das zweite Drittel klar für sich: Josh Bailey spielte die Scheibe im Powerplay quer durch den Slot, wo sie vom Schlittschuh von Bruins-Verteidiger Jérémy Lauzon ins Tor abgefälscht wurde (27.). Dann prallte der Puck von der  Bande hinter dem Tor zurück in den Gefahrenbereich, wo Kyle Palmieri am schnellsten reagierte und das Spielgerät über die Linie kehrte (32.). Und schließlich lauerte Jean-Gabriel Pageau in Überzahl am zweiten Pfosten und tippte einen Pass von Anthony Beauvillier zum 3:1 ins Ziel (38.). Die Bruins aber gaben sich noch nicht geschlagen und legten im dritten Abschnitt ein Comeback aufs Eis: Patrice Bergeron mit einer Direktabnahme zwischen den Bullykreisen (51.) und Brad Marchand mit einem Handgelenksschuss im Powerplay (56.) retteten Boston in die Overtime. 

Hier leitete sich Lauzon aber einen folgenschweren Fehler: An der blauen Linie spielte er einen scharfen Pass auf die Kufe des vorbeifahrenden Mitspielers Coyle, wodurch die Scheibe in den Lauf von Casey Cizikas gelenkt wurde, der alleine auf Tuukka Rask zulief und ins linke Kreutzeck traf (75.). 

Rask stoppte in seinem 100 Playoff-Spiel 35 von 39 Schüssen (89,7 Prozent Fangquote). Bei den Islanders stand Semyon Varlamov (39 Saves, 92,9 Prozent) zwischen den Pfosten und erhielt damit den Vorzug vor Ilya Sorokin. „Es war eine ziemlich leichte Entscheidung“, sagte Isles-Trainer Barry Trotz, der ein Freund der Goalie-Rotation ist: „Wir haben zwei richtig gute Torhüter. Varlamov ist ein erfahrener Spieler, der keine Angst vor diesen Momenten hat und für uns das ganze Jahr schon ein Fels in der Brandung ist.“

Für Spiel 3 in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (1.30 Uhr MESZ) wechselt das Heimrecht nach Long Island, wo 12.000 Zuschauer erwartet werden. „Das wird aufregend“, glaubt Siegtorschütze Cizikas. „Wir wissen, dass diese Bude rockt, werden von den Zuschauern getragen und freuen uns darauf.“




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