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Benjamin Baumgartner: Das Glück in der Ferne

Benjamin Baumgartner zog schon in jungen Jahren fort von seinem Zuhause von Zell am See, um seine Eishockey-Karriere voranzutreiben. Über Wien, Küsnacht und Zürich landete er am Ende in Davos und zieht diesen Sommer weiter nach Lausanne. Der im Jahr 2020 von den New Jersey Devils in der sechsten Runde an 161. Stelle gezogene Österreicher sprach mit EliteProspects Rinkside über seine Saison, seinen Werdegang und seine Ziele für die Zukunft.



Benjamin Baumgartner hat eine harte Saison hinter sich. Vor zwei Jahren hatte er fast schon Midas Hände und alles was er anfasste, wurde zu Gold. Auch das letzte Jahr lief noch ziemlich rund. Es ist ein Phänomen, unter dem viele Sportler immer wieder leiden. In Amerika spricht man dort gerne von einem sogenannten „Sophomore Slump“. Gemeint ist die Krise, welche die meisten Collegestudenten erleben, nachdem sie ihr Freshman- oder im Sport Rookie-Year abgeschlossen haben. „Heuer lief alles etwas harziger. Mir ist viel weniger gelungen. Vielleicht habe ich mir zu viel Druck selber auferlegt, nachdem es vorhin so gut lief.“, führt er selbstkritisch als Erklärung auf. Trotzdem habe er wieder viel gelernt und einen Schritt nach vorne gemacht. 


Bei der U20-WM das Wunder vollbracht  

Dass ihm zuvor praktisch alles gelang, kann man sehr gut an der U20-WM 2019 aufzeigen. Österreich wurde vor dem Turnier als eines der Teams gehandelt, dass sogar absteigen könnte. „In der Vorbereitung haben wir gegen Lettland noch 0:9 verloren! Und im Turnier gewinnen wir gegen sie. Das war unglaublich!“, erzählt er von seinen damaligen Emotionen. Nach der knappen Startniederlage gegen Weißrussland vor über 5000 Zuschauern war der Sieg gegen Lettland ein Schlüsselmoment. Am Ende stieg Rot-Weiss-Rot mit einem Punkt Vorsprung auf Lettland und Weißrussland von der Division 1 A in die Top Division auf. Benjamin Baumgartner hatte einen großen Anteil daran. Von den 18 Toren der Österreicher war er an elf beteiligt. „Nachdem uns alle vor dem Turnier abgeschrieben hatten, war das einfach Wahnsinn. Eine echte Cinderella Story!“, berichtet der 21-Jährige.

Im Jahr davor durfte er sogar sein Debüt in der A-Nationalmannschaft geben. Roger Bader, der Trainer der Österreicher, nahm in sogar in die WM nach Bratislava mit. Auch dort lief es für Baumgartner gut. „Zusehen wie die Schweden, Russen oder Letten spielen, hat mir geholfen und ich konnte in dieser Zeit wieder viel lernen.“ Er empfindet die Zeit im Nachhinein grundsätzlich als Positiv, auch wenn die Enttäuschung über dem Abstieg natürlich schwer wiegt. 

Seinem Trainer bei der Nationalmannschaft ist er sehr dankbar. „Roger Bader holt viele junge Spieler ins Team und kann die Taktik sehr gut rüber bringen“, zählt er einige Vorzüge des Schweizers auf, welcher auch der Vater des Spielers Thierry Bader ist. Die Trainingseinheiten seien auch super und er schaffe es immer wieder mit den Spielern einen guten Draht aufzubauen. Auch dank ihm empfand er diese Zeit bei der Nationalmannschaft super.


Draft als krönenden Abschluss  

Am Ende dieser zwei Fabelsaisons stand der Draft an. Baumgartner wurde in der sechsten Runde an 161. Stelle von den New Jersey Devils gezogen. Während der Saison wurde er von vielen NHL Teams kontaktiert. Dass dies aber noch nichts heißen mag, wusste der Österreicher aber bereits. „Während des Draftjahrs wurden viele andere vor mir von Teams kontaktiert. Einige von diesen wurden dann aber doch nicht gedraftet.“ Umso mehr freue es ihn deshalb, dass es mit den Devils geklappt hat. Er ist nicht der einzige deutschsprachige bei dem Team aus New Jersey. Neben dem Nummer 1 Draft-Pick Nico Hischier befinden sich auch noch Jonas Siegenthaler und Gilles Senn drei Schweizer in der Organisation der Devils. 

Der Kontakt zu den Verantwortlichen in New Jersey sei trotz Corona nicht abgebrochen. Die Organisation habe viele Spiele geschaut und haben ihm viel Feedback gegeben. „Letztes Jahr hatte es wegen Corona mit dem Rookie-Camp nicht geklappt. Umso mehr freue mich auf das Camp in diesem Jahr und hoffe, es klappt trotz der Pandemie.“ Zurzeit bereitet er sich mit der österreichischen Nationalmannschaft auf ein Ersatzturnier für die ausgefallene B-WM in Slowenien vor und wird im Sommer nach Lausanne wechseln.


Nächster Sprung Lausanne - Erneut weg von Zuhause  

Es ist der nächste Schritt in seiner Karriere. Nach sieben Jahren in Davos wagt er zum ersten Mal den Schritt in eine nicht deutschsprachige Region. In Lausanne, in der Stadt am Genfersee wird er neben einem neuen Team auch eine neue Sprache kennenlernen. „Es ist ein neues Team, wo ich mir wieder aufs Neue meinen Platz erkämpfen muss. Lausanne gab mir sofort das Gefühl, dass sie mich fördern wollen.“, sagt er zum Wechsel. Der LHC habe ein gutes Verhältnis zu vielen Teams in der NHL, unter anderem den Devils. Mit Petr Svoboda haben sie auch einen NHL-Titanen als GM. 

Der Schritt passt zu Benjamin Baumgartner. Mit jedem Wechsel hatte er sich mehr von zu Hause entfernt und den Schwierigkeitsgrad für sich auf und neben dem Eis etwas erhöht. Zuerst ging es von Zell am See aus nach Wien. „Meine Mutter war aus Wien und das machte mir den Wechsel einfacher.“ Seine Eltern hatten immer abwechselnd zwei Wochen mit ihm in Wien oder bei seiner Schwester zu Hause verbracht. Seine Eltern hatten ihn immer unterstützt: „Sie haben immer zu mir gesagt: Egal ob Tennis, Ski oder Eishockey. Mach es mit Freude, aber mach es richtig!“ Auch heute könne er sich noch voll auf sie verlassen. 


Schweiz als Sprungbrett  

Diese Unterstützung erfuhr er auch bei seinem Wechsel von Wien in die Schweiz. Mit 14 ging es nach Zürich, wo er für die ZSC Lions und dem Farmteam GC Küsnacht die Schlittschuhe schnürte. „Danach habe ich mich für einen Wechsel nach Davos entschieden, weil ich es mit der Sportschule kombinieren konnte“, erklärt er den nächsten Schritt auf seiner sportlichen Leiter. Dort blieb er dann für die nächsten sieben Jahre. Er ist bei Weitem nicht der erste Österreicher, der den Weg über die Schweiz einschlug. Das aktuellste Beispiel ist Dominic Zwerger des HC Ambri Piotta, welcher auch hier sich den letzten Schliff bei den Junioren holte. „Die Ausbildung im Eishockey auf und neben dem Eis ist in der Schweiz besser als in Österreich“, erklärt er, warum viele junge Österreicher sich in den Schweizer Juniorenligen tummeln. Dazu komme, dass es ein Nachbarland sei und auch deutschsprachig. Insbesondere für die Vorarlberger sei die Sprachbarriere kaum vorhanden.

BILDBYRÅN/Pius Koller


Ein Wechsel in eine der CHL-Ligen in Nordamerika war für ihn keine Option, obwohl es eine Möglichkeit gab, aber der Salzburger hatte sich für Davos entschieden. „Ich sah bei Davos eine echte Chance, in der 1. Mannschaft eingesetzt zu werden. In der NHL werde ich dann auch gegen Männer antreten müssen.“ Da er bessere Entwicklungsmöglichkeiten für seinen NHL-Traum sah, entschied sich der Österreicher für die Schweizer Berge. Nun macht der mit „seidenen Händen“ ausgestattet offensive Flügel den nächsten Schritt in Lausanne in Richtung seines Traums. Wenn sich die Leiter weiter durch seine Karriere zieht, müsste er als Nächstes eigentlich in die AHL und sich danach in der NHL festbeißen. Wer weiß, vielleicht hängt ganz oben an der Karriereleiter ein Stanley Cup für Benjamin Baumgartner.



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