Valentin Nussbaumer: Vom Seeland ins Bergland
Valentin Nussbaumer wurde für die Schweiz eher unüblich während der Saison von Biel nach Davos getradet. Der Jurassier wurde im Jahr 2019 von den Arizona Coyotes in der siebten Runde an 207. Stelle gedraftet. EliteProspects Rinkside sprach mit dem Westschweizer über seine Saison, seine Zeit bei den Shawanigan Cataractes in der QMJHL und seine Ziele für die Zukunft.
Valentin Nussbaumer hat eine bewegte Saison hinter sich, welche er wenig überraschend in zwei Phasen einteilt. „Ich hatte einen schweren Start. Es lief mir nicht so, wie ich es mir erhofft hatte und kam auch nicht so zum spielen, wie ich es mir gewünscht hatte.“ Mit der Zeit sei auch sein Selbstvertrauen flöten gegangen und er befand sich in einer Abwärtsspirale. „Mit dem Wechsel zu Davos lief es wieder besser. Mein Selbstvertrauen war zurück und ich kam wieder so zum spielen, wie ich es mir gewünscht hatte.“ Im Januar wurde er zusammen mit David Ullström für Perttu Lindgren und Luca Hischier nach Davos getradet. Das ist eher untypisch für die National League und eher in der NHL üblich. „Als ich im Oktober mit Davos über den Vertrag verhandelt habe, hatten sie mich bereits gefragt, ob ich mir auch einen Trade vorstellen könnte.“, sagt Nussbaumer. Er nahm an, dass dies wohl vor Weihnachten passieren würde. Als aber die Festtage kamen und immer noch nichts geschah, hakte er das Thema ab. So kam dann der Trade im Januar doch etwas überraschend. Er verließ das Berner Seeland und wechselte in die Bündner Berge. Das es beim Rekordmeister besser lief, unterstreichen auch seine Statistiken. Kam er beim EHC Biel auf gerade mal 2 Assists und eine -6 Bilanz, verbuchte er in 26 Spielen an seiner neuen Wirkungsstätte satte 18 Punkte, davon 6 Tore.
BILDBYRÅN/Pius Koller
Neuer Ort, Alter Trainer
In Davos traf er auch auf zwei alte Bekannte. Raeto Raffainer wechselte als GM der Schweizer Nationalmannschaft zu den Davoser in gleicher Funktion und installierte von der U20 Nationalmannschaft Christian Wohlwend als Headcoach. Der Bündner Trainer ist in Kanada Kult wegen seiner brutal ehrlichen Interviews. Das er Wohlwend bereits kannte, war sicher ein Plus bei der Vertragsunterzeichnung, aber nicht der Grund. „ Christian Wohlwends Vertrag lief zu diesem Zeitpunkt nur bis im Sommer und ich hatte für die Zeit danach unterschrieben.“, sagt der Romands. Überzeugen konnte ihn vor allem das neue Trainingscenter der Davoser und die Gespräche mit Raffainer. „Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl bei Davos. Ich wusste, hier habe ich gute Bedingungen den nächsten Schritt zu machen.“ In seiner Zeit bei Davos will er sich in allen Bereichen verbessern und dann zum zweiten Mal den Schritt über den großen Teich wagen. Auch wenn es nicht direkt in die NHL führen sollte, sondern über die AHL. „Ein Entry-Level Vertrag von den Arizona Coyotes zu bekommen ist sicher mein Ziel.“
„Arizona will mich besser machen!“
Der Kontakt mit der Franchise aus der Wüste sei nie abgebrochen, aber eindeutig weniger als noch vor Corona. „Corona ist für alle eine spezielle Situation. Auch für die Scouts, welche weniger oft in die Schweiz reißen können, um mich zu beobachten.“ Dennoch bekommt er immer noch Feedback in Form von Telefonaten oder Videos. Die Unterstützung durch die Coyotes gefällt ihm sehr. Nach dem Rookie-Camp bekam er sehr gutes Feedback und die Franchise pushte ihn immer wieder an seine Grenzen. Während seiner Zeit in der QMJHL haben die Coyotes sogar einen Skillcoach nach Shawanigan geschickt. Extra für ihn, um mit ihm zu trainieren. Er kann deswegen nur positiv über seine Erfahrung mit der NHL-Organisation aus Arizona sprechen. Auch wenn er es wegen Corona versteht, dass der Kontakt zu den Coyotes jetzt weniger intensiv ist als zuvor.
Unglaubliche Zeit in Shawanigan
Sollte es mit dem Entry-Level-Vertrag klappen, wäre es wie bereits angekündigt nicht sein erstes Abenteuer in Nordamerika. Bereits von 2018 bis 2020 wagte er den Sprung in eine der drei größten Juniorenligen Kanadas. Am Ende wurden es die Shawanigan Cataractes, welche ihn beim Importdraft an 4. Stelle zogen. Es ist eine Ehre, so hoch gezogen zu werden, sagt aber weniger über die Qualität des Spielers aus, denn anders als beim NHL-Draft, wählen die Teams bewusst nur Spieler aus, welche auch tatsächlich den Schritt nach Übersee machen wollen. Für Valentin Nussbaumer war es vor allem wichtig in der „Q“ zu spielen. „Meine Muttersprache ist Französisch und das machte mir den Wechsel leichter.“
Die Zeit bezeichnete er kurz und bündig als „Amazing!“. Er habe sich auch neben dem Eis weiterentwickeln können. „Alleine eine neue Kultur zu erleben und weit weg von der Familie zu sein, hat mich erwachsener werden lassen.“ Natürlich hat er neben tollen Freunden und einer tollen Gastfamilie auch das kleinere Eis kennengelernt. Dabei habe er sich viele gute Gewohnheiten angeeignet und auch sein Bandenspiel verbessern können. Klar brauchte er etwas Anlaufzeit, aber im Großen und Ganzen sei ihm der Wechsel gut gelungen. „Es sind Welten zwischen der Schweiz und Kanada auf der Junioren Stufe. Zwar ist man noch kein Profi, aber man führt schon das Leben eines Profis!“. Es habe viel mehr Fans, die Medien sind auch immer präsent, man hat bereits Videocoaches etc. Es sei alles mehr als nur eine Nummer grösser.
Patrick Kane als Vorbild, Glücklich für Ajoie
Als sein Vorbild bezeichnet er Patrick Kane. Es hat bestimmt nicht geschadet, das Kane während des Lockouts für den EHC Biel aufgelaufen ist. Sein späteres Juniorenteam, welches nur wenige Kilometer von seinem Stammklub Ajoie entfernt ist. „Er hat einen sehr ähnlichen Spielstil wie ich. Ihn versuche ich so oft wie möglich anzuschauen und mir das eine oder andere abzuschauen.“ Betonen möchte er aber klar, dass er Kane nicht einfach kopieren möchte, sondern sein eigenes Spiel entwickeln will und noch weit vom Level des Captains der Chicago Blackhawks entfernt ist. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr. Wie Kane gilt Nussbaumer, welcher von seinen Freunden „Nuss“ genannt wird, als kleiner, aber mit einem guten Hockeysense ausgestatteter Spieler. Auch wenn sein Skating noch gewisse Mängel hat, wird es von den Scouts oft gelobt. Er selber findet auch das sein Hockeysense seine große Stärke ist. „Verbessern muss ich mich in allen Bereichen. Insbesondere muss ich noch mehr Muskelmasse aufbauen. Mein Skating und Bandenspiel muss ich auch noch aufpolieren.“, meint er auf die Frage, wo er bei sich selbst noch Potenzial sieht.
Zum Schluss kommen wir noch kurz auf seinen Stammverein, dem HC Ajoie zu sprechen. Der Verein aus dem Schweizer Kanton Jura ist gerade der Aufstieg in die National League gelungen. Zu Hause holten sie sich den Titel in der 2. Liga und schlugen mit dem EHC Kloten den klaren Favoriten um den Aufstieg. Keine andere Mannschaft hatte so ein großes Budget wie die Zürcher. Dennoch gelang es den Jurassier, sich aufzustemmen und sich gegen die großen Klotner erfolgreich zu wehren. Das passt zu den Jurassiern, bis in die 70er-Jahre kämpften sie für die Unabhängigkeit vom Kanton Bern und rebellierten auch mit Bombenanschlägen. Diese Underdogmentalität hat Kräfte frei gesetzt. „Ich habe mich wahnsinnig gefreut. Es ist eine super Sache für meinen Heimatklub. Besonders den Spielern mag ich es gönnen! Ich wünsche ihnen allen nur das Beste für die Zukunft!“, sagt er zu diesem für den Jura historischem Ereignis. Wer weiß, ob Valentin mit dem HCD oder später in der NHL genau so historisches gelingt. Das Talent und die Einstellung dafür hat die „ Nuss“ auf jeden Fall.