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Alexander Dück: „Wir wollen unser bestes Eishockey spielen”

Am 23. April startet die U18-WM in Deutschland (Landshut und Kaufbeuren). Für viele Talente ist es ein Schaulaufen für den anstehenden NHL-Draft. Elite Prospects Rinkside hat sich vor dem WM-Start mit dem deutschen U18-Nationaltrainer Alexander Dück unterhalten.



Hallo Alexander! Bald stehst du für deine erste U18-WM als Cheftrainer an der Bande. Mit den Spielorten Landshut und Kaufbeuren findet die WM auch noch im eigenen Land statt. Wie aufgeregt bist du über diese Gelegenheit? 

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich noch nicht so richtig die Gelegenheit bzw. die Zeit gehabt habe, darüber nachzudenken und Aufregung zu spüren. Sicherlich wird das aber kommen, sobald wir live dabei sind und die Präsenz von der WM spüren. Sicherlich bereits beim ersten Spiel. Aber im Moment gibt es so viele Sachen zu tun bzw. zu erledigen, dass man ganz einfach mit den Gedanken woanders ist. 


Du bist in der letzten Zeit sicherlich sehr damit beschäftigt gewesen, den Kader zusammenzustellen. Welche Herausforderungen gab es für dich in dieser Hinsicht?

Gut, die große Herausforderung an sich ist, die ganzen Spieler durchzuschauen und zu analysieren. Wir haben jetzt über 50 Spieler über verschiedene Camps angeschaut. Dann ist es eine große Herausforderung, die Spieler auf einen Nenner zu bringen. Jeder von denen spielt in einem Klub mit einem eigenen System. Die sind noch Jungs und sind nicht so stabil in deren Spielweise, in welcher sie spielen. Sie weichen gerne von den Strukturen ab. Es ist also immer noch eine große Herausforderung, die Mannschaft zu einer Einheit zu formieren.


Man versucht den Spielern klarzumachen, dass jeder Spieler aus einem bestimmten Grund hier ist

Bist du im Winter viel gereist, um die Spieler live in deren Spielen in der DNL, Oberliga, DEL2 und gar DEL und AlpsHL zu sehen?

Definitiv. Soweit ich keine anderen Termine am Wochenende habe bzw. eine Maßnahme stattfindet, bin ich jedes Wochenende unterwegs. Zum Schluss auch unter der Woche für die Playoffs, sei es die DEL2 oder DEL oder die Endturniere. Ich versuche so viel wie möglich herumzureisen, die Spieler live zu sehen, mit den Spielern zu reden, Feedback von den Coaches zu holen und zu sehen, wie im Verein umgegangen wird. Es ist immer ein Unterschied, ob der Spieler bei uns ist oder im Verein. 


Hast du damit zu kämpfen, dass Spieler im Verein sehr starke Leistungen zeigen, aber nicht, wenn sie für die Nationalmannschaft unterwegs sind. Andersrum gibt es sicherlich die Spieler, die nicht für große Zahlen bei ihren Vereinsmannschaften sorgen, zeigen sich aber regelmäßig von ihrer Schokoladenseite, wenn sie mit der Nationalmannschaft in Verbindung kommen?

Das ist beides der Fall. Zum einen sind sie im Verein gewöhnt, eine Führungsrolle zu übernehmen und die besten Spieler zu sein. Dann kommen sie zur Nationalmannschaft und sind plötzlich einer von zwanzig solchen Spielern. Man will vielleicht in der Situation nicht die Verantwortung übernehmen. Von daher wollen sie einfach keine Fehler machen bzw. sich die Blöße geben, und das nimmt von ihrem Spiel womöglich ab. Da versucht man den Spielern klarzumachen, dass jeder Spieler aus einem bestimmten Grund hier ist, und wir schauen sie an, weil wir glauben, dass sie gut genug sind und dass sie keine Angst zu haben brauchen und einfach ihr Spiel spielen sollen.


Man kann sich vorstellen, dass es für einen jungen Spieler, der bei seinem Verein eine offensive Rolle einnimmt, schwer sein muss, sich in den unteren Reihen bei der Nationalmannschaft wiederzufinden. Gehört das zu den Schwierigkeiten für dich als Trainer?

Absolut. Das ist definitiv eine der Herausforderungen. Wir können nicht alle zum Team einladen, die nach vorne laufen. Es gibt Spieler, die sich nicht so wohl in der dritten Reihe fühlen, weil sie es immer gewöhnt sind, in den ersten beiden Reihen sowie in Überzahl zu spielen. Allerdings können die ersten beiden Reihen schon mit besseren Spielern besetzt sein. Da müssen wir gut schauen und gut sortieren, sodass wir auch Spieler einladen, die das Zeug für die Aufgaben der dritten und vierten Reihen haben, die aber das Spiel überall auf dem Eis gut spielen können.


Sind Spieleragenten oder Berater bei diesen Jungs, die zwischen 16 und 18 Jahren alt sind, schon ein Thema?

Ja, definitiv. Das ist sogar ein großes Thema. Eigentlich kann man an einer Hand die Spieler abzählen, die keinen Agenten haben. Agenten wollen natürlich immer, dass ihre Spieler bei der Nationalmannschaft spielen. Und dann ergeben sich die üblichen Gespräche, die das Team, den Manager, Trainer, Agenten und Spieler involvieren.


Dieses Turnier findet nicht häufig hier in Deutschland statt und ist deswegen eine große Gelegenheit für den DEB. Wie wichtig ist diese Gelegenheit für den DEB und die Sportart hierzulande?

Das ist eine große Ehre für uns, ein WM austragen zu dürfen. Zum einen, vor Ort für das eigene Land zu spielen. Zum anderen für die Jungs, die hier im eigenen Land das Trikot der Nationalmannschaft tragen. Auch für alle anderen, die dabei sind, ist es nun eine seltene Gelegenheit, die Mannschaften der anderen Nationen zu sehen. Das heißt: Funktionäre, Zuschauer, andere Nachwuchsspieler, dass sie nicht groß verreisen müssen, um mit die besten Spieler der Welt in dieser Altersklasse zu sehen. Wir haben mit dieser WM ein wichtiges Turnier hier, um das Eishockey populärer, präsenter und beliebter zu machen.


Wir gehen nicht bzw. nie in ein Turnier mit dem Gedanken abzusteigen

Die U18-WM ist für viele NHL-Scouts und -Manager ein sehr wichtiges Turnier vor dem Draft im Sommer, um sich einige der draftberechtigten Spieler das letzte Mal anzusehen. Spürt man diesen Druck und wie gehen sie mit diesem Thema im Trainerstab um?

Von den Spielern kann ich sagen, dass sie es auf jeden Fall wahrnehmen und jeder von ihnen das Ziel hat, in den Kader berufen zu werden, damit sie ihre Leistung zeigen können. Ich finde, dass die U18-WM nicht weniger wichtig ist als die U20-WM, weil dass der erste Schritt für jeden Spieler ist, der in der Zukunft womöglich in der NHL spielen könnte. Dieses Turnier ist wirklich eine Bühne, wo unglaublich viele Scouts sind. Beim Hlinka Turnier hatten wir gut 250 Scouts angemeldet. Da schauen schon viele Augen auf die Jungs und das ist ihnen auch bewusst. Die wollen ganz natürlich dabei sein, um sich auch zu präsentieren. 

Ob das auf meine Arbeit Einfluss nimmt, glaube ich nicht. Im Eishockey sowie im Leben gibt es immer jemanden, der zuschaut, beobachtet und beurteilt. Da soll man sich nicht abhängig machen lassen, sondern muss eine Linie halten, sich treu bleiben und die Sachen so machen, wie man sie für richtig hält. Ansonsten ist man nicht mehr sich selbst und wird irgendwann daran scheitern.


Apropos Scheitern: Das Turnier wird dieses Jahr ohne Russland und Weißrussland stattfinden. Nun sind es acht statt zehn Teams und alle acht werden sich für die Playoffs qualifizieren. Es wird auch keinen Absteiger geben, also ist diese Gefahr behoben. Inwiefern ändert sich die Arbeit und Vorbereitung für dich nun, wo die Ausgangslage eine deutlich andere ist?

Dass es dieses Jahr keinen Absteiger gibt, ist vielleicht schon eine Sorge weniger. Ansonsten ist die Arbeit gleich geblieben, denn wir gehen nicht bzw. nie in ein Turnier mit dem Gedanken abzusteigen. Wir gehen dahin, um gut zu spielen. Die Arbeit an sich ändert sich nicht. Wir wollen so oder so unser bestes Eishockey spielen. Was am Ende rauskommt, wird sich natürlich erst im Laufe des Turniers zeigen. Aus diesem Grund wird sich nichts an der Intensität der Arbeitsweise ändern.


Auch du hast einst Deutschland bei einer U18-WM vertreten. Das ist nun fast 25 Jahre her. Was sind für dich die größten Unterschiede zwischen dem heutigen und damaligen Stand der Entwicklung von Spielern in diesem Alter?

Die Entwicklung ist anders im taktischen Sinne und im System. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir damals alles so analysiert und mit Video-Sessions alles angeschaut und mit großartigen Systemen durchgenommen haben. Es war alles mehr von der Einzelleistung abhängig. Heutzutage ist es wirklich so, dass fünf Skater und ein Torwart einer Meinung sind, also auf der „same page“ sein müssen, wie man so schön sagt, um die Leistung zu bringen.

Zum anderen ist es ein bisschen einfacher für die Spieler in der jetzigen Zeit, sich schlauzumachen. Sie können durch die sozialen Medien alle ihre Idole sehen. Das, was sie sich abgucken und mitbekommen, wird dann auch schnell auf dem Eis ausprobiert und umgesetzt. Was die Skills angeht, sind technische Sachen bezüglich Schlittschuhlaufen und Stocktechnik viel weiterentwickelt, als wir es damals waren. Die jungen Spieler heute haben viel bessere Voraussetzungen, um mit der Scheibe zu spielen.


Einige Spieler des Jahrgangs 2004 haben in dieser Saison bereits Profi-Eishockey gespielt. Für einige waren es nur ein paar Spiele. Andere haben viel Zeit in der DEL2, Oberliga oder gar AlpsHL verbracht. Ein paar haben ihr Debüt in der DEL gegeben. Siehst du das als einen Vorteil in Anbetracht der anstehenden WM oder darf man das nicht überbewerten?

Ich glaube eher, man muss das mit Vorsicht betrachten. Natürlich kann das für einige Spieler ein Vorteil sein, wenn sie viel Eiszeit bekommen und durchspielen. Das ist Männer-Eishockey und das hilft definitiv weiter. Auf der anderen Seite spielt nicht jeder im Profibereich die Rolle, die er dann bei uns spielen soll. Bei einer Eiszeit von z. B. sieben Minuten pro Spiel im Profi-Team, ist es oft schwer für den Spieler die 20 Minuten Eiszeit zu absolvieren, die wir von ihm brauchen. Zum einen sind die Fitness-Strukturen oft ganz anders und zum anderen ist es die Rolle, die der Spieler einnimmt, denn gerade solche Spieler müssen bei uns oft eine Führungsrolle übernehmen. Sie müssen in der Lage sein, die Mannschaft zu führen. In der DEL oder DEL2 sind das nicht ihre Aufgaben. Sie spielen defensivere Rollen und sind darauf bedacht, wenige Fehler zu begehen.


In der Vorbereitungsphase waren lediglich zwei Spieler des Jahrgangs 2005, nämlich Leon Willerscheid und Edwin Tropmann, dabei. Beide haben es letztendlich in den Kader für die WM geschafft. Hat das zu bedeuten, dass sie mit Abstand die zwei besten deutschen Spieler dieses Jahrgangs sind?

Beide Spieler waren aus bestimmten Gründen im Camp. Sie hätten aber beide genauso bei der U17 sein können. Unsere U17- und U18-Maßnahmen waren Anfang April gleichzeitig gelegt, sodass ich die Spieler besser beobachten konnte. Wir haben die Teams auch gegeneinander spielen lassen. Es war bewusst so geplant, dass die meisten Spieler der unterschiedlichen Jahrgänge zusammen in ihren Teams bleiben. Willerscheid und Tropmann waren die Ausnahmen. Willerscheid kam dazu, weil wir vier Torhüter im Training haben wollten. Tropmann hat den 10. Platz in der Verteidigung übernommen, weil Rayan Bettahar in Kanada war und noch nicht dabei sein konnte. Keine Frage, dass sie beide gute Spieler sind. Sie sind Spieler für die Zukunft und wir wollten beiden so weit es geht, die Möglichkeit geben, schon mal dabei zu sein und die Atmosphäre mitzunehmen.


Das Team hat dann zwei Testspiele gegen die Schweiz absolviert und beide verloren. Welche Erkenntnisse wurden aus diesen Spielen gezogen?

Dass diese Spiele nicht gut werden, war uns bereits im Voraus klar. Das ist ein Teil des Prozesses. Wir hatten eine wirklich harte Woche hinter uns. Wir wollten die Spieler auf das Level der Müdigkeit bringen, die nötig sein wird, wenn sie dann in der WM das dritte und vierte Spiel bestreiten. Deswegen war es eine geplant intensive Woche. Es hat mich dennoch gestört, dass es am Ende so hohe Ergebnisse gegeben hat. Die mentale Prüfung haben wir noch nicht bestanden. Ein Teil von unserem Spiel ist es, niemals aufzugeben, bis zum Schluss zu spielen und dem System treu zu bleiben. Es hatte aber mit der Müdigkeit zu tun. Die Spieler waren in der Lage, die erste Hälfte zu spielen. Dann sind wir eingebrochen, vor allem mental. Unter anderem haben wir seitdem genau daran gearbeitet. 


Ich will eine “Mannschaft” sehen

Julian LutzLuca Hauf und Rayan Bettahar waren bereits in den USA beim letztjährigen Turnier dabei. Bettahar hat diese Saison bei den Swift Current Broncos in der WHL verbracht, während Lutz und Hauf in den DEL bzw. DEL2 gespielt haben. Welche Rolle werden diese Spieler mit ihrer Erfahrung für das deutsche Team übernehmen müssen?

Die Jungs befinden sich in einem Alter, wo es schnell vom Positiven ins Negative umschlagen kann. Bei diesen Jungs ist das nicht der Fall gewesen. Sie haben ihre Leistung diese Saison gebracht. Punkto Lutz: Er hatte eine sehr schwierige Saison gehabt. Er war sehr lange raus und hat sehr viel verpasst. Man muss mit ihm gut und behutsam umgehen, sodass es nicht zu viel wird. Wir haben gerade sehr intensiv gearbeitet und er hatte ein, zwei Tage freibekommen. In den Spielen war er auch nicht dabei. Ich weiß bereits, wozu er in der Lage ist, und musste ihn in Anbetracht der Situation nicht sehen.


Was willst du von deinem Team bei dieser U18-WM sehen?

Ich will eine “Mannschaft” sehen. Ich will eine Mannschaft sehen, die als eine Einheit für und miteinander spielt. Ich will eine Mannschaft sehen, die mental und durch Fitness in der Lage ist, die Spiele mitzuspielen und den Gegner unter Druck zu setzen, sodass wir es jedem Gegner schwer machen, gegen uns Punkte zu holen. Wir wollen so spielen, dass auch wenn wir ein Spiel verlieren, der Gegner bzw. die anderen Nationen Respekt vor unsere Mannschaft haben. Ich will sehen, dass die Mannschaft am Ende alles gegeben hat, ob das Ergebnis reicht oder nicht, werden wir dann sehen.


Ihre Gegner in der Vorrunde in Landshut heißen USA, Kanada und Tschechien. Das sind wirkliche Brocken, gegen die Deutschland antreten wird. Was kannst du zu diesen Gegner sagen?

Ja, das sind wirklich drei gute Nationen und mindestens die ersten zwei werden um die Medaillen spielen. Das ist für uns eine sehr gute Runde, in der Hinsicht, dass wir gleich auf so starke Gegner treffen und wenn wir Defizite haben, werden wir sie schnellstmöglich erkennen und auch verbessern können. Wichtig ist, in keiner Phase der Spiele auseinanderzufallen, sondern bis zum Schluss dranzubleiben. Ich bewundere Kanada in dem Sinne, dass sie niemals stehen bleiben, egal wie hoch das Ergebnis ausfällt. Sie sind eine der Nationen, die niemals vom Gas runtergehen, seien es zehn oder 16 Tore, die geschossen werden. Sie spielen das Eishockey weiter, als wäre es noch bei 0:0. 


Zum Abschluss eine persönliche Frage. Wie gefällt es dir, Trainer der U18-Nationalmannschaft zu sein und mit den jungen Spielern zu arbeiten?

Für mich ist es in erster Linie eine große Ehre, Trainer einer deutschen Nationalmannschaft zu sein. Ich habe mich für den Job beworben und war sehr froh, als meine Wenigkeit gewählt wurde. Ob als Spieler oder Trainer, es ist einfach eine unglaubliche Ehre für die eigene Nation zu spielen bzw. an der Bande zu stehen und ich liebe es. Es sind viele Herausforderungen und es ist eine ganz andere Arbeit als im Verein. Für meinen Geschmack ist es ein bisschen zu wenig Bezug zu der Mannschaft, weil man sich zu selten sieht. Das ist ein Teil, was mir ein bisschen fehlt, die Nähe zur Mannschaft zu finden. Ansonsten ist es für mich einfach eine große Ehre, Trainer der deutschen U18-Nationalmannschaft zu sein.





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