Marcel Mahkovec: Ein blutjunger Slowene rockt die Oberliga Nord
Die beiden Oberligen (Süd und Nord) bieten nicht nur aufregendes Eishockey für ein begeistertes Publikum, sie dienen auch als Sprungbrett für junge Spieler. So auch im Fall von Marcel Mahkovec. Der 18-jährige Slowene wurde mit großem Abstand zum besten Scorer aller U20-Spieler in der Oberliga.
Marcel Mahkovec spielt seit vergangener Saison für die Oberligamannschaft des Krefelder EV. Bereits in der Saison 2020/21 in seinem ersten Jahr in Deutschland kam der junge Stürmer auf 21 Punkte in 41 Spielen. In dieser Saison explodierte das junge Talent allerdings und erzielte in 44 Spielen 65 Punkte. Mit dieser Ausbeute führt Mahkovec die Topscorerliste aller U20-Spieler mit 30 (!) Punkten Vorsprung an. Zudem wurde er punktbester Scorer seiner Mannschaft. Unter seine Statistiken fallen auch acht Tore und 21 Punkte in Überzahl, eine bemerkenswerte Leistung für einen Spieler, der sich in einem Team befindet, das im ligaweiten Vergleich lediglich auf Platz 10 der Überzahl-Effizienz (18,2 %) landete.
Mit 65 Punkten rockte Marcel Mahkovec als 18-Jähriger die Oberliga Nord BILDBYRÅN/Fotostand
Am Ende der Saison trug der Jüngling sogar das “C” auf der Brust. Schier unerhört für einen 18-Jährigen in der dritthöchsten Spielklasse Deutschlands. Doch waren die Anfänge in einem neuen Land und in einer neuen Umgebung nicht immer leicht. „Die erste Saison im Oberliga-Team von Krefeld war wirklich schwer für mich,” erzählt der bescheidene Linksschütze. „Ich war körperlich nicht so stark und hatte keine Erfahrung mit dem Eishockey hier in Deutschland. Ich wusste nicht, wie gut die Spieler wären. Das machte mir manchmal zu schaffen.”
Doch sollte sich die Saison 2020/21 als sehr lehrreich erweisen. „Für diese Saison habe ich ganz genau gewusst, wie gut die Spieler sind, woran ich zu arbeiten hatte und was ich verbessern musste. Im Sommer habe ich richtig hart gearbeitet und war auch sehr häufig auf dem Eis. Ich habe meine Möglichkeiten gut genutzt. Ich bin sehr froh für die Gelegenheit und Eiszeit, die mir gegeben worden sind,” versucht der Jüngling zu erklären, wieso es diese Saison so gut gelaufen ist.
Die Sportart in der kleinen Heimat
Mahkovec kommt aus dem wunderschönen slowenischen Ort Bled. Nicht unweit entfern ist auch NHL-Star Anze Kopitar (Los Angeles Kings) aufgewachsen. „Anze Kopitar kommt aus dem naheliegenden Jesenice und war ganz klar einer meiner großen Idole während meiner Kindheit, aber mit dem Eishockey habe ich angefangen, weil auch mein Vater und Onkel Eishockey gespielt haben. Insofern habe ich immer schon Eishockey von jung auf angeschaut und gespielt,” erklärt der 18-Jährige. Neben Kopitar sind auch Alexander Ovechkin und Pavel Datsyuk Spieler, die Mahkovec faszinieren.
Anze Kopitar nach dem Gewinn des Stanley Cups 2014 BILDBYRÅN/Robert Laberge
Der zweifache Stanley-Cup-Sieger Kopitar (2012 und 2014) sei es auch, warum Eishockey in Slowenien immer beliebter wird: „Slowenien ist ein wirklich kleines Land mit nur zwei Millionen Einwohner. Wir haben nur sieben Eishallen, aber Eishockey ist schon ganz beliebt dort. Durch die wenigen Möglichkeiten, regelmäßig aufs Eis zu gehen, können wir nicht so viele Top-Spieler produzieren. Einige Spieler müssen schon in jungen Jahren ins Ausland gehen, um dort gegen angemessene Konkurrenz zu spielen. Vor allem dank Kopitar hat die Sportart einen hohen Stellenwert in Slowenien. Das ist aber hauptsächlich im Norden der Republik. Im südlichen Teil gibt es keine Eishallen”.
Mahkovec selbst durchlief die gesamte Nachwuchsabteilung von HK Bled und durfte im Alter von 16 Jahren schon einige Spiele in der heimischen Semi-Profi-Liga absolvieren. Aber wie in vielen kleinen Eishockeyländern Europas gibt es spätestens im Juniorenalter eine Entscheidung zu treffen, in welche Richtung die Reise der Talentförderung gehen soll. „Bled ist, wo ich meine ganze Nachwuchszeit durchlaufen habe. Ich bin dort aufgewachsen und habe dort auch in den U17- und U19-Teams gespielt. Aber dann musste ich eine Entscheidung treffen, weil es dort nicht weiterging und weil wir keine so richtigen Profiligen haben. HK Olimpija Ljubljana (ICEHL) und HDD Jesenice (AlpsHL) sind die einzigen wirklichen Profiteams des Landes.”
So entschied sich Mahkovec im Teenager-Alter nach Deutschland zu gehen…
Ein Wechsel für die so wichtige Talentförderung
Der Kontakt nach Deutschland sei durch seinen Spielerberater zustande gekommen: „Ich hatte nach einer Gelegenheit im Ausland gesucht. Zusammen mit meinem Berater, der Bekanntschaften in Krefeld hatte, kamen wir zu der Entscheidung, dass Deutschland und Krefeld ein optimaler Ort für meinen weiteren Werdegang wäre. Seitdem spiele ich hier.”
Marcel Mahkovec spielt seit der Saison 20/21 für den Krefelder EV BILDBYRÅN/Brauer-Fotoagentur
Und der Wunsch nach Entwicklung und vielen Möglichkeiten zu spielen, ist für Mahkovec ohne Frage in Erfüllung gegangen, denn der junge Stürmer durfte nicht nur für die Oberligamannschaft auflaufen, sondern bekam auch noch die Gelegenheit, für die DNL-Mannschaft von Krefeld zu spielen. „Das war eine der Sachen, die Krefeld so ausschlaggebend gemacht hat, dass ich sowohl Oberliga als auch U20 spielen konnte,” attestiert er. „Es war allein aufgrund der Eiszeit von immenser Wichtigkeit.”
Auch spricht Mahkovec über die Unterschiede zu der Deutschen Nachwuchsliga und dem Nachwuchssystem in seinem Heimatland: „Die DNL ist natürlich eine anderer Liga als die Oberliga. Die Spieler sind nicht so erfahren und körperlich stark, allerdings wird viel gelaufen. Es ist eine starke Juniorenliga mit vielen jungen Spielern. Fast jede Mannschaft kann mit jeder anderen konkurrieren. Oftmals entscheidet lediglich die Tagesform. Das ist ganz anders als in Slowenien, wo wir nur ein paar Vereine haben, die gut spielen und gute Spiele gegeneinander liefern. Dann gibt es die paar andere Vereine, gegen die man zweistellig gewinnt, was am Ende dann keinen so richtigen Spaß macht.”
Kometenhafter Durchbruch in Krefeld
In Krefeld hatte der junge Mann aus Bled allemal seinen Spaß. In dieser Saison absolvierte er 44 Spiele (26 Tore, 39 Assists, 65 Punkte) für die Oberligamannschaft und lief zudem elfmal für die DNL-Mannschaft auf, wobei er sagenhafte elf Tore und 14 Assists erzielte. Seine Statistiken in der DNL avancierten ihn zum zweitbesten Scorer des DNL-Teams, obwohl er 19 Spiele weniger als Topscorer Nick Kardas (26 Punkte) absolviert hat.
Auch das Geschehen in der DEL verfolgt Mahkovec ganz genau. Bei den Krefelder Pinguine baut man in dieser Saison bekanntlich schon auf überdurchschnittlich viele junge Spieler wie Nikita Quapp (19), Alexander Blank (20), Maciej Rutkowski (19) und Justin Volek (20). Im Saisonverlauf der Pinguin hätte man auch meinen könnten, dass es Gelegenheiten gegeben hätte, Mahkovec eine Chance in der DEL zu geben, doch ist dieses Szenario ein wenig komplizierter, denn Mahkovec ist mit keiner Förderlizenz ausgestattet.
Es ist für mich ein Traum eines Tages in der DEL zu spielen
„Ich verfolge das Geschehen der DEL-Mannschaft ganz genau. Ich gucke mir fast jedes Spiel an. Ob ich ein Thema für die DEL-Mannschaft bin, ist nicht wirklich aktuell. Ich bin Ausländer und würde eine Importlizenz in Anspruch nehmen. Es ist natürlich schwerer, in der DEL als 18-jährige Ausländer zu spielen,” begründet Mahkovec, der die höchste deutsche Eishockey Liga aber trotzdem im Visier behält. „Ich kenne die jüngeren Spieler im Team und sie machen ihre Sache in der DEL sehr gut. Es ist für mich ein Traum eines Tages in der DEL zu spielen.”
Erste internationale Erfahrung
In dieser Saison durfte Mahkovec auch seine erste internationale Eishockey-Erfahrung mit der slowenischen Nationalmannschaft machen. Mit der U20-Mannschaft nahm er an der D1B U20-WM in Estland teil. Die Gegner dort hießen Estland, Frankreich, Japan, Polen und Ukraine. „Es war eine besondere Erfahrung. Es war meine erste WM, denn Corona hat meine Möglichkeit, bei einer U18-WM zu spielen, zunichtegemacht. Bei dieser U20-WM habe ich meinen Geburtstag gefeiert und drum herum war es eine tolle Erfahrung, alles auf einem IIHF-Turnier aufzusaugen. Einige Mannschaftskollegen waren alte Freunde von mir und wir haben gutes Eishockey zusammen gespielt”.
Doch die erfolgreiche Krönung eines Aufstiegs gab es für Mahkovec und sein Heimatland nicht, denn obwohl sie ungeschlagen in das Finale einzogen, mussten sich die Slowenen in der Verlängerung den Franzosen geschlagen geben.
Mahkovecs persönliche Leistung bei dem Turnier war erneut mehr als dominant, denn er kam in fünf Spielen auf drei Tore und sieben Assists. Mit dieser Leistung spielte sich der Linksschütze auch in den Vordergrund für die Herren-Nationalmannschaft. „Mit dem Verband wurde nur ein wenig gesprochen. Sie haben gemeint, dass es dieses Jahr wahrscheinlich nichts wird, aber dass ich nächstes Jahr einige Camps mit den Herren absolvieren soll. Da muss ich dann ganz schön gut sein, um in die Herrenmannschaft zu kommen.”
Denkbare Chancen für den NHL-Draft
Mit der abgerufenen Leistung in dieser Saison dürften auch einige Talentspäher aus der NHL ihre Aufmerksamkeit auf Mahkovec gerichtet haben, denn der Slowene ist für den anstehenden NHL-Draft berechtigt. In den “Midseason Rankings” steht das junge Talent mittlerweile schon auf Platz 123 aller europäischen Spieler. Zu Saisonstart war eine solche Platzierung noch undenkbar gewesen.
Marcel Mahkovec ist für den kommenden NHL-Draft berechtigt BILDBYRÅN/Brauer-Fotoagentur
„Gedraftet zu werden, ist der Traum eines jeden jungen Spielers. Das gilt natürlich auch für mich,” gibt er hoffnungsvoll bekannt. „Bis jetzt habe ich ehrlich nie gedacht, dass ich das schaffen könnte. Ich mache mir darüber keinen Kopf. Ich muss einfach kontinuierlich besser werden”. Mahkovec selbst wird sich den Draft selbstverständlich auch ansehen: „Ich verfolge den NHL Draft jedes Jahr und dieses Jahr werde ich das umso intensiver tun.”
Bis dato haben sich allerdings noch keine Scouts oder Verantwortlichen der 32-NHL-Teams bei dem jungen Talent gemeldet: „Keine Scouts haben mit mir persönlich geredet. Wenn überhaupt, machen sie das mit meinem Berater,” berichtet Mahkovec. „Vor der Saison habe ich gar nicht erwartet, dass ich überhaupt auf irgendeiner Liste für die NHL-Talentspäher stehe. Nun tauchte ich in den Rankings für Europäer in den Top 150 auf und das ist schon mal etwas, womit ich zufrieden sein kann. Damit meine ich, dass es mir zeigt, dass ich etwas richtig mache und ich an dieser Stelle weitermachen muss.”
Der nächste Schritt
Fürs Erste hat der Slowene die Oberliga Nord gerockt. Ob er in Deutschland bleibt oder woanders in Europa den nächsten Schritt macht, steht noch offen: „Wo ich nächste Saison spielen werde, weiß ich momentan nicht. Ein paar Optionen liegen auf dem Tisch. Die Entscheidung dazu wird erst nach der Saison fallen und ich werde die Option ziehen, die für meine weitere Entwicklung am besten ist.”
Es ist nicht auszuschließen, dass der Weg auch über die Juniorenligen Kanadas führen könnte. Neben dem NHL-Draft gibt es auch noch den CHL-Import-Draft, für den er berechtigt wäre.
Für Mahkovec gibt es ganz klare Facetten seines Spiels, die zu bearbeiten sind. “Ich kann alles noch verbessern, vor allem meine Kraft, mein defensives Spiel, wie physisch ich spiele, dass ich mehr Checks zu Ende fahre… Ich kann wirklich alles noch verbessern.”
Aber ganz sicher steht Mahkovec auf der Wunschliste einiger Vereine hier in Europa sowie im Ausland, und sie werden wissen, was er zu Tisch bringt. „Meine Stärken liegen in der Offensive und ich bin ein kreativer Spieler. Ich möchte entweder immer ein Tor schießen oder vorlegen. Ich zocke gern, ich passe gere, ich mag die Spielsituationen gerne schnell umsetzen und Spaß am Spiel haben. Es mag sein, dass ich als ein Vorlagengeber angesehen werde, aber wenn ich eine gute Möglichkeit zu schießen habe, dann nehme ich auch sehr gern den Schuss”.
Eins steht fest: Auf jedem Level, auf dem der 18-jährige Marcel Mahkovec jemals gespielt hat, konnte er dominieren. Es macht den Anschein, als ob dem jungen talentierten Stürmer keine Grenzen gesetzt sind.