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Ein ruhiger Manipulator: Moritz Seider in der Analyse

Moritz Seider dominiert in seiner ersten NHL-Saison in fast allen Belangen: Offensiv wie defensiv überzeugt der 20-Jährige bei den Detroit Red Wings. Elite Prospects Rinkside erklärt, was den deutschen Verteidiger so vielfältig und gefährlich macht. 




Seine Geduld in der defensiven Zone  

Moritz Seider zählt schon jetzt zu den besten Verteidigern in der NHL, wenn es um den Spielaufbau aus der eigenen Zone geht. Wo er früher oftmals noch den Puck einfach über die Bande aus der eigenen Zone chippte, verzögert er jetzt den Druck des Forecheckings und wägt seine Optionen gezielt ab. 

Auch wenn er sich somit ein wenig selbst unter Druck setzt, kreiert er unfassbar viel Raum und Zeit für seine Stürmer, die sich in vielen Situation nicht einmal unterhalb den Hashmarks anbieten brauchen. Bevor Seider überhaupt zur Scheibe geht, scannt er sein Umfeld und wägt die Gefahren und Anspieloptionen ab.


Wenn er von der Seite bedrängt wird, dreht sich Seider in der Regel weg, um mit dem Rücken zum Gegner zu stehen, eine Position, in der er sich aufgrund seiner Beweglichkeit und den Fähigkeiten, den Puck abzuschirmen, wohler fühlt. Bleibt der Angreifer hartnäckig, spielt er den Puck zu seinem Verteidigungspartner zurück oder, was am beeindruckendsten ist, zu einem Teamkollegen auf der Innenseite.

Auch versteht er es, die gegnerischen Forechecker zu manipulieren: In Puckbesitz schaut er von seinem gewünschten Passziel weg und wenn sich der Gegner aus der Gasse bewegen, gibt er den Pass zu seinem Mitspieler ab, den er nur wenige Sekunden zuvor absichtlich ignorierte.

Wenn er aus mehreren Richtungen unter Druck gerät, kombiniert er die verschiedenen Elemente: Versucht den Druck auf seinen Rücken auszuüben, den Forechecker zu manipulieren oder verzögert das Spiel. Es gibt kein Hetzen, keine erzwungenen Spielzüge und keine Entscheidungen, die der eigenen Mannschaft Probleme bereiten könnten. Er kreiert und wählt konsequent den bestmöglichen Spielzug aus der eigenen Zone. 


Diese Spielzüge sind nicht nur beeindruckend für einen Spieler, der sich in seinem ersten NHL-Jahr befindet. Diese Spielzüge wären auch beeindruckend von einem erfahrenen Top-Verteidiger in der NHL. 


Defensive Maschine  

Seider kann gegnerische Spielzüge aus dem nichts zerstören und oftmals kommen diese Spielzüge der gegnerischen Mannschaften erst gar nicht zustande, da Seider die Laufwege vorgibt. Er findet den richtigen Zeitpunkt, um Gegenspieler an die Bande zu treiben und sie dort zu halten. Selbst erfahrene Stürmer haben Schwierigkeiten, ihn in 1-gegen-1-Situationen herauszufordern.

Ein Großteil von Seiders defensivem Erfolg beruht auf seiner Aktivität und Reichweite. Es ist nicht ungewöhnlich, dass er Checks quer durch die Defensivzone austeilt. Das sind Situationen, in denen es für die meisten Verteidiger an der Zeit ist, den gegnerischen Angreifer an einen eigenen Stürmer abzugeben. Bei Seider sorgt seine Kombination aus Größe (1,93 Meter), Mobilität und instinktivem, defensivem Timing dafür, dass er gegnerische Spielzüge fast zu jedem Zeitpunkt stören kann.

Nicht zu vergessen ist, dass Seider mit erst 20 Jahren vielen NHL-Spielern körperlich bereits überlegen ist. Dazu kommt, dass ein Verteidiger in seinem Alter noch viel Luft nach oben hat, was die Kraft und das Skating angeht. 

Die defensiven Fähigkeiten stehen in Wechselwirkung mit Seiders Übergangs- und Offensivfähigkeiten. Natürlich gilt die einfache Prämisse: Je besser er verteidigt, desto mehr Zeit verbringt er in der offensiven Zone. Allerdings leitet er die offensiven Spielzüge oftmals bereits in der defensiven Zone ein, indem er seine Reichweite nutzt, um die gegnerischen Verteidiger, die zum Pinch ansetzen, in Verlegenheit bringt. Wenn er in das offensive Spielgeschehen eingreift, dann tut er das, ohne die Verteidigung zu gefährden. 


Rasches Wachstum in der Offensive  

Sich in den Angriff miteinzuschalten war schon immer Teil von Seiders Spiel, aber in der NHL macht er das jetzt noch mehr. Er sprintet durch die Mitte, oftmals auch über die schwache Seite oder fungiert als Trailer, der sich ein wenig absetzt. Er ändert seine Laufwege und seine Geschwindigkeit, wenn er zwischen diesen drei Optionen wechselt, um seinen Einfluss auf das Spiel zu maximieren. Gelegentlich ist er sogar vor seinen eigenen Stürmern zu finden. 


Die Manipulationen, die Seider bei Breakouts anwendet, ermöglicht es ihm, sich in die Offensive miteinzuschalten. Dies führt dann dazu, dass er seinen Außenstürmern die Gelegenheit gibt, in die Mitte zu ziehen, sodass diese auf den Außenbahnen den Puck nicht einfach tief schießen müssen.

Auch am Selbstbewusstsein fehlt es dem 20-Jährigen nicht. Er versucht oft, ankommende Gegenspieler auszuspielen, kann diese aber auch einfach an der Bande entlang überlaufen.


Wie selbstbewusst sich der Rookie in der NHL gibt, zeigen auch Szenen, nachdem der Schiedsrichter bereits abgepfiffen hat. Er schreckt auch nicht vor Größen wie Victor Hedman zurück, wie hier zu sehen ist:


Sein Selbstvertrauen basiert allerdings auch auf Kompetenz, die er sich in diesem Jahr angeeignet hat. 

Sollte Moritz Seider die Calder Trophy gewinnen und nach Rookie of the Year in der DEL (2019), Rookie of the Year in der SHL (2021) nun auch zum Rookie of the Year in der NHL werden?

Ja, zum aktuellen Zeitpunkt dieser NHL-Saison wäre Moritz Seider der verdiente Gewinner dieser Auszeichnung.

Seider spielt im Schnitt 22:48 Minuten pro Spiel und hat die Nummer-1-Rolle als Verteidiger in Detroit übernommen. In bislang 51 Spielen konnte er fünf Tore und 30 Assists erzielen. Mit 20 Jahren und bislang 35 Punkten in der laufenden NHL-Saison ist Seider der punktbeste Abwehrspieler unter allen U22-Verteidigern in der NHL. 



*In Zusammenarbeit mit Mitch Brown


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