Mika Henauer: Aufstrebendes Verteidiger-Talent mit Profigenen
Mika Henauer hat bereits seine Spuren im Schweizer Eishockey hinterlassen. Als Juniorenspieler war er an der U18- und U20-WM aktiv. Seine sportliche Begabung überrascht allerdings nur wenig: Seine Mutter ist ehemalige Profi-Slalomfahrerin und sein Vater Skisportexperte. Das sportliche Talent wurde ihm also in die Wiege gelegt. Dies zeigt er momentan auch als punktebester Verteidiger aller U23-Spieler in der National League.
Der bisherige Saisonverlauf von Mika Henauer hatte seine Schwankungen. Das könnte man auch über die Mannschaftsleistung des SC Berns sagen. „Wir hatten keinen guten Start, haben uns aber im Verlauf der Saison verbessert“, so Henauer. Als Team wurde ein Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber es fehlt der Mannschaft weiterhin an Konstanz. Diese Tatsache widerspiegelte sich auch in seiner eigenen Leistung. „Ich muss vor allem an meinem Spiel ohne Puck arbeiten. Aber auch beim Spiel mit dem Puck kann ich mich verbessern.“ So selbstkritisch sich der 1,78 Meter große und 81 Kilogramm schwere Verteidiger gibt, sind seine Statistiken vielleicht viel aussagekräftiger: In dieser Saison absolvierte Henauer bislang 42 Spiele für den SC Bern und konnte dabei fünf Tore und zwölf Assists erzielen. Eine Ausbeute, die das junge Talent statistisch gesehen zum besten Verteidiger aller U23-Spieler in der National League macht.
Mika Henauer ist der punktbeste Verteidiger aller U23-Spieler in der National League BILDBYRÅN/Andreas Haas
Für ein konstanteres Spiel bekommt Henauer Lehrstunden von Beat Gerber. Der Rekordspieler der National League hat schon über 1200 Spiele bestritten. „Beat ist die Konstanz in Person! Bei ihm schaue ich mir viel ab“, sagt Mika. Ihn kann er auch immer nach Tipps fragen und er hilft ihm viel. Auf Nachfrage, was ein spezifischer Tipp sei, meint Henauer die Geduld: „Ich solle öfters einmal abwarten. Lohnt es sich wirklich, eine Minute vor dem Drittelende bei einem Spielstand von 1:0 mit in den Angriff zu gehen?“
Bis 2024 beim SC Bern
Vor einem Jahr hatte Mika Henauer seinen Vertrag mit dem SC Bern um drei Jahre verlängert. Ein Zeichen, dass der Klub auf ihn setzt. „Als Berner bin ich sehr stolz für den SC Bern zu spielen. Hätte man mir vor fünf Jahren gesagt, dass ich mit 21 Jahren eine gute Rolle und einen langen Vertrag haben werde, hätte ich das nicht geglaubt.“ Tatsächlich musste sich der Verteidiger das Ganze hart erarbeiten. Mit guten Leistungen bei den Junioren und später beim SC Langenthal, wo er als Leihspieler zum Einsatz kam, hatte er sich Stück für Stück in das NL-Team gearbeitet. Mittlerweile kommt er oftmals in der 1. Verteidigungsformation zum Einsatz und spielt auch in wichtigen Situationen.
Henauer (re.) im Zweikampf mit Justin Abdelkader BILDBYRÅN/Geisser
Den Traum, einmal für den SC Bern zu spielen, hat sich Henauer mittlerweile erfüllt. Es gibt allerdings noch einen weiteren Traum, den der 21-Jährige noch nicht begraben hat und zwar die NHL. Dieses Ziel hat er nach wie vor. Auch wenn er nicht gedraftet wurde, sieht er diese Chance intakt. „Auch später kann man sich noch in die NHL arbeiten. Beste Beispiele dafür sind Grégory Hofmann und Janis Moser. Mit guten Leistungen kann ich auch diese Türe aufstoßen.“ Mit Letzterem hat Henauer auch bei den Junioren-Nationalmannschaften zusammengespielt. Auch hätten sie oftmals gegeneinander gespielt. „Moser hat mir sicher noch die defensive Konstanz voraus. Er macht kaum Fehler. Dadurch profitiert auch sein offensives Spiel.“
Tolle Erfahrungen bei den Junioren Nationalmannschaften
Henauer wurde bereits für die U18 WM in Russland aufgeboten. „Es war eine sehr coole Erfahrung. Wir durften vor so vielen Zuschauern spielen. Nachdem Training standen 30 Kinder da und alle wollten einen Schläger von uns“, erzählt er. Es war das erste Mal, dass er einen solchen Hype um das Eishockey und um ihn erfahren durfte. Sportlich sei das gute Spiel gegen die USA in Gedanken geblieben, auch wenn am Ende die Schweiz in die Relegation gegen Frankreich musste, welche sie aber souverän überstand.
Erfolgreicher hingegen verlief die U20 WM in Tschechien. „Wir waren eine tolle Equipe, viele von uns spielten bereits in der National League und wir wussten, wir können was reißen.“ Tatsächlich lief es für die Schweiz in der Vorrunde hervorragend. In Erinnerung blieb vor allem der Sieg gegen Finnland und somit das Erreichen des 2. Platzes in der Vorrunde. Danach schied man aber gegen Russland im Viertelfinale aus. „Für mich war es aber schon vorher vorbei, da ich mit einer Gehirnerschütterung ausfiel.“ Dennoch habe das Turnier viel Selbstvertrauen gegeben. Sie hätten als Spieler nun gewusst, dass sie mit allen mithalten können.
Henauer bei der U20 WM in Tschechien BILDBYRÅN/CTK Photo
Bei der A-Nationalmannschaft durfte der junge Verteidiger auch bereits reinschnuppern, denn er wurde im Sommer in das Prospectcamp eingeladen. Im "On Your Marks”, das modernste Trainingszentrum Europas, durfte er mit dem ganzen Staff zusammen mit anderen Talenten trainieren. „Das war eine extreme Motivation für mich. Man lernt die Abläufe kennen und möchte unbedingt wieder für die Nationalmannschaft aufgeboten werden.“ Davon dürfte auch der SC Bern profitieren. Ein hart arbeitender Henauer kann somit eigentlich nur gute Leistungen im Klub erbringen.
Die Sportbegabung wurde in die Wiege gelegt
Sehr gute Leistungen im Sport haben auch Mikas Eltern vollbracht: Seine Mutter Corinne Schmidhauser ist die ehemalige Slalomfahrerin, die 1987 den Welt-Cup im Slalom gewann und 1988 bei den Olympischen Winterspielen in Calgary teilnahm. Sein Vater Kurt Henauer ist als nordischer Skisportexperte bekannt.
Neben seinen sportlich erfolgreichen Eltern ist auch sein Bruder Andri Henauer Eishockeyprofi. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder ist nämlich Goalie und kam diese Saison vor allem in der Swiss League zum Einsatz. „Wir haben ein extrem gutes Verhältnis, wir tauschen uns viel aus und geben uns Feedback“. Besonders schätzt er daran, dass er sich darauf verlassen kann, dass dieses ungefiltert kommt. Sie sind sehr ehrlich zueinander und haben keine Angst, sich gegenseitig mit konstruktiver Kritik zu verärgern.
Ein kleiner Traum ist es, zusammen für den SC Bern aufzulaufen. Das habe es während der Corona-Saison bereits einmal gegeben. „Das war schon sehr cool. Wenn es aber noch einmal passiert vor der versammelten Stehrampe, und 16.000 Leute, die zweimal Henauer schreien... Das wäre ein kleines Karrierehighlight für uns beide.“
Mika Henauer (li.) mit seinem Bruder Andri (re.) im Trikot des SC Berns BILDBYRÅN/Pius Koller
Josi, das perfekte Vorbild
Zum Schluss kommen wir noch einmal auf sein Potenzial zusprechen. Neben der angesprochenen Konstanz sieht er auch noch etwas fehlendes Selbstvertrauen in seinen Fähigkeiten mit der Scheibe. Nicht dass er Zweifel hätte, aber er wünscht sich von sich selbst noch ein wenig mehr Mut, sich mit Puckbesitz in die Offensive einzuschalten. Dass er dazu fähig ist, hat er schon mehrmals bewiesen. Ein großes Vorbild, was die Offensive angeht, ist ein weiterer Berner und zwar Roman Josi von den Nashville Predators. Josi ist einer der besten Verteidiger der Welt und versteht es auch in der Offensive seinen Beitrag zu leisten. „Roman ist wie ich, ein offensiver Verteidiger, hat ähnliche Stärken und ist wie ich, ein echter Berner. Daher passt er als Vorbild für mich optimal.“ Bis Mika Henauer das Level von Roman Josi erreicht, dürfte es noch Zeit und harte Arbeit benötigen. Allerdings ist es nicht zu bezweifeln, dass der Berner in den nächsten Jahren zu einem offensiv dominanten Verteidiger reifen wird. Den Anfang hat er bereits gemacht. Warum dann nicht auch in der NHL?