NL

Marco Lehmann: Die Rakete vom Zürichsee

Marco Lehmann hat seine Saison mit 30 Punkten abgeschlossen. Dazu kamen noch vier Punkte während den Playoffs und Pre-Playoffs. Mit diesen Statistiken hatte der pfeilschnelle Stürmer in diesem Jahr eine Breakout-Saison bei den Rapperswil Lakers. EliteProspects Rinkside sprach mit dem 22-Jährigen über seine Saison, seine Erfahrungen bei der U20 WM und das Geheimnis seiner Unterzahlqualitäten.



Marco Lehmann hatte zwar bereits in der Saison 16/17 sein NL-Debüt gegeben, doch war diese Saison seine erste komplette Saison in der höchsten Schweizer Spielklasse. „Ich ging ohne Erwartungen in dieses Jahr und es lief super!“, zieht er ein positives Fazit. Viel zu verdanken hat er dafür auch seinen beiden Sturmpartnern Nando Eggenberger und Andrew Rowe. Eggenberger kannte er bereits von seiner Zeit bei der Junioren-Nationalmannschaft. Er habe ihm auch neben dem Eis geholfen und sie verstehen sich super. „Andrew ist unser defensives Gewissen.“ Dank ihm können er und Nando vorne mit ihrer Geschwindigkeit wühlen, ohne dass sie sich Sorgen machen müssten. Die Chemie habe in ihrer Reihe dadurch sehr gut gepasst.


Dankbar ist er auch seinem Trainer Jeff Tomlinson. Er sei ein extrem guter Typ und habe ihm das Vertrauen auch in Unterzahl gegeben. „Ich bin Jeff und dem Klub für die Chance sehr dankbar. Sie haben ihr Wort gehalten und mir eine echte Chance gegeben. Deswegen freut es mich umso mehr, dass ich es mit einer guten Leistung zurückzahlen konnte.“ Der Wechsel von EHC Kloten zu den Rapperswil Lakers war also eine Win-Win-Situation für ihn und den Klub.


Bewegter Abschied von Coach Tomlinson  

Am Ende der Saison musste Tomlinson den Klub jedoch verlassen. Der Kanadier, welcher mit den Lakers 2018 den Titel in der Swiss League gewann und das Team aus Rapperswil zurück in die höchste Spielklasse führte, wird einen festen Platz in der Vereinsgeschichte erhalten. Einerseits wegen seiner Erfolge, anderseits weil er auch gesundheitlich eine schwere Zeit durchlief. Einige Spiele musste er wegen einer Nierenerkrankung aussetzen. Umso emotionaler verlief der Abschied nach dem Ausscheiden in den Playoffs. „Ich war zwar nur ein Jahr bei den Lakers, dennoch war es auch für mich sehr emotional. Er hat großartiges für den Klub geleistet. Umso schöner war es für uns, ihn mit einem Halbfinale zu verabschieden.”


Mit dem Erreichen des Halbfinales hatten die Lakers die Erwartungen mehr als übertroffen, denn das Saisonziel für die Mannschaft waren nur die Pre-Playoffs. Bis zum Schluss war es eine enge Angelegenheit mit dem direkten Konkurrenten Ambri Piotta. „In den Pre-Playoffs kam uns sicher auch der Modus entgegen. Wir brauchten nur zwei Siege und schon waren wir durch.“, erklärt Lehmann das Überstehen der 1. Runde. Mit dem Erreichen des Viertelfinales sei der Hunger nach mehr dazu gekommen. Zwar verschliefen die Lakers das erste Spiel der Serie gegen den HC Lugano, konnten aber dann die folgenden vier Spiele gewinnen. „Nachdem zweiten Spiel kamen wir in einen Lauf und konnten uns zweimal in der Overtime durchsetzen. Diese Spiele hätten auch gut auf die andere Seite kippen können.” Umso schöner sei der Erfolg, meint Lehmann. 


U20 WM als momentanes Karriere Highlight  

Mit der U20 WM 2019 in Vancouver hatte Marco bereits ein Highlight in seiner Karriere. „Ich war zuallererst froh, dass ich überhaupt dabei sein konnte.“, blickt der Zürcher zurück. Er habe viel zeit in Unterzahl erhalten und es habe ihn extrem stolz gemacht, die Schweiz vor so vielen Zuschauern vertreten zu dürfen. „Das wir nach dem Sieg gegen Schweden dann sogar das Halbfinale erreichten, machte die ganze Sache umso schöner!“

BILDBYRÅN/Joel Marklund


Im Halbfinale mussten sich die Schweizer dann jedoch einer starken finnischen Mannschaft mit 1:6 geschlagen geben. Auch an das Spiel um Platz drei gegen Russland wird sich Lehmann noch lange erinnern, denn es ereignete sich etwas, dass an Kuriosität fast nicht zu übertreffen ist. „Ich erinnere mich gut daran, wie ich zweimal gefoult wurde. Ich dachte okay, das wird sicher einen Penalty plus eine kleine Strafen geben.“ Doch die Schiedsrichter entschieden anders. Die Schweiz erhielt zwei Penalties. „Hätte ich meinen ersten verwandelt, wäre der zweite Penalty in eine Zwei-Minuten-Strafe umgewandelt worden. Aus einer Spielsituation können keine zwei Tore resultieren. Das war echt verrückt! Wir alle waren überrascht und hatten so etwas noch nie erlebt“, erinnert er sich an diese Situation. Leider wurde keiner der beiden Penalty-Shots verwertet und die Schweiz musste sich am Schluss mit 2:5 geschlagen geben. Am Ende resultierte ein 4. Platz für die „Eisgenossen“.


Austausch und Feedback mit Bruder Nico  

Marco Lehmann ist aber nicht der einzige Eishockeyspieler in seiner Familie. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Nico Lehmann spielt aktuell beim HC Thurgau. „Wir haben beide zusammen bei den Huskies unsere ersten Erfahrungen mit Eishockey gemacht. Später sind wir zusammen nach Kloten gewechselt, wo wir sogar das eine oder andere Spiel gemeinsam bestritten.“ Sie haben ein tolles Verhältnis zueinander, ergänzt er noch. Als großer Bruder schaut er sich viele Spiele von Nico an und umgekehrt. Danach tauschen sie sich aus und geben sich gegenseitig Feedback.


Wobei beim Thema Feedback auch gleich seine Stärken und Schwächen angesprochen werden können. Er selbst nennt seinen Speed als große Stärke. Würde es in der Schweiz ein Allstar-Game wie in der NHL geben, wär Marco Lehmann sicher ein Kandidat für den schnellsten Skater der Liga. Ein Hauptgrund für seinen Speed ist, dass Marco einen extrem tiefen Körperschwerpunkt hat. So gelingt es ihm, viel Kraft auf die Kufen zu übertragen und kann somit sehr schnell Geschwindigkeit aufnehmen. Auch kann er das Spiel gut lesen. Das sei wohl auch das Geheimnis, weswegen er sich in Unterzahl so gut hält. „Mit meinem Speed und meiner Antizipation kann ich viele Passwege schließen“. Verbessern muss er noch sein Bandenspiel und auch an Körpermasse will er noch zulegen. Dann könne er sich auch noch besser vor dem Tor durchsetzen, meint Lehmann.


Lieber Männerhockey  

Die kanadischen Juniorenligen waren für ihn nie ein Thema. Warum genau weiß er selber nicht. Allerdings fand er es sowieso besser, gegen Männer zu spielen. „Dadurch lernte ich als kleiner Spieler, wie ich mich auch gegen größere Spieler behaupten kann.“ Schon als Teenager konnte er das beim EHC Kloten in der National League und nach dem Abstieg dann auch in der zweithöchsten Liga, der Swiss League beweisen. Nachdem Wechsel zu Rapperswil hatte er es in der National League eindrücklich erneut bewiesen. 


Lehmanns Ziel sei es nun, diese gute Saison zu bestätigen. Was danach kommt, weiß er noch nicht. Sein Vertrag läuft Ende nächste Saison bei Rapperswil aus und er dürfte ein gefragter Mann auf dem Schweizer Markt sein. Ein weiteres Ziel sei es auch, sich für die Nationalmannschaft aufzudrängen. "Es wäre schön, die Nationalmannschaft eines Tages wieder vertreten zu dürfen". Auch die NHL hat er nicht abgeschrieben. Darauf arbeite er auch hin. „Das wäre die Krönung meiner Karriere“, meint der 22-Jährige. Ob Marco Lehmann der Sprung gelingt, wird sich zeigen. Den Speed und die defensiven Qualitäten hätte die Rakete vom Zürichsee.



Das könnte Dich auch interessieren:
Valentin Nussbaumer: Vom Seeland ins Bergland
Valentin Nussbaumer: Vom Seeland ins Bergland
Dieser Artikel ist über:
Feature Stories Kloten Rapperswil-Jona NL Nando Eggenberger Marco Lehmann Nico Lehmann Andrew Rowe Jeff Tomlinson
Scoring Leaders