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Tobias Abstreiter: „Wir wollen einen bleibenden Eindruck hinterlassen“

Am 26. Dezember 2021 startet die U-20-WM 2022 in Kanada (Edmonton & Red Deer). Für viele Talente ist es ein Schaulaufen für die NHL. Zahlreiche Scouts und Eishockey-Fans werden das in Nordamerika extrem beliebte Junioren-Turnier verfolgen. Elite Prospects Rinkside hat sich mit den Nationaltrainern von Deutschland, der Schweiz und Österreich unterhalten. In dieser Ausgabe: Tobias Abstreiter von Team Germany.



Deutschland erreichte bei der U-20-WM 2021 das Viertelfinale und zog dort knapp mit 1:2 gegen Russland den Kürzeren. Zuvor landete Team Germany in der Gruppenphase hinter Kanada und Finnland sowie vor der Slowakei und der Schweiz auf Rang drei. Bei den World Juniors 2022 treffen die Deutschen in Gruppe A erneut auf Gastgeber Kanada, Finnland, Tschechien und Österreich. Nationaltrainer Tobias Abstreiter peilt erneut das Viertelfinale an…


Servus Tobi! Wie waren die ersten Tage in Edmonton?

Nach überstandener Quarantäne sind wir seit dem 18. Dezember wieder im Training. Wir sind nicht weit vom Rogers Place untergebracht. Weil wir in einer Bubble sind, müssen wir uns an Sicherheitsvorkehrungen halten und jeden Tag mit dem Bus hin- und herfahren. Leider können wir uns nicht draußen bewegen. Darum bekommen wir von der Stadt eigentlich nichts mit, wir sind ja nur im Hotel oder im Stadion.


Hat der Rogers Place zumindest Eindruck hinterlassen?

Die Spieler, die letztes Jahr mit dabei waren, kannten die Halle ja schon. Die Jungs, die noch nicht dabei waren, haben schon einen ersten Eindruck erhalten. Da waren ein paar große Augen dabei.


Wie groß ist die Vorfreude bei euch?

Die ist sehr groß! Wir freuen uns alle, dass wir heuer wieder eine Weltmeisterschaft im Mutterland des Eishockeys spielen dürfen.


Letztes Jahr war Deutschland Dritter nach der Vorrunde, im Viertelfinale war dann gegen Russland Schluss. Was habt ihr euch in diesem Jahr vorgenommen?

Das Primärziel ist immer, dass wir uns in der Top-Division halten. Klar haben wir wieder eine sehr gute Chance, ins Viertelfinale zu kommen. Das wird eine sehr reizvolle und spannende Aufgabe.


Wie schätzt du eure Gruppengegner ein?

Zu Finnland und Kanada braucht man nicht viel sagen, das sind die Top-Favoriten. Tschechien hat auch eine gute Mannschaft dabei. Nichts desto trotz wollen wir jeden herausfordern und sind nicht im Vornherein ein Punktelieferant. Wir wollen einen bleibenden Eindruck hinterlassen und uns von Spiel zu Spiel weiterentwickeln. 


Zum Auftakt geht es am 26. Dezember gegen Finnland. Wie wollt ihr dieses Spiel angehen?

Finnland im ersten Spiel ist natürlich ein schöner Start. Wir dürfen nicht zu übermotiviert sein, müssen unsere Emotionen im Griff haben und uns auf unsere Stärken besinnen. Wir rechnen uns schon Chancen aus.


Im zweiten Spiel geht es gegen Kanada, gegen das es im Vorjahr eine deutliche 2:16-Niederlage gab, Wie kann Deutschland gegen den euphorisierten Gastgeber bestehen?

Die Frage ist doch, warum so ein Ergebnis damals zu Stande gekommen ist. Man muss auch mal die Voraussetzungen erwähnen, denn das wird immer vergessen: Wir hatten tags zuvor mit neun Stürmern und fünf Verteidigern gegen die Finnen gespielt. Nach der Quarantäne und nur zwei Trainingseinheiten. Da war der Energietank einfach leer. Deswegen ist dann auch so ein Spiel zu Stande gekommen. Das war menschlich. 


Deutschland ist vor Kanada also weder Angst noch Bange?

Überhaupt nicht. Klar haben die gute Spieler, aber es ist nicht so, als ob wir da nullkommanull Chancen haben. Wenn wir eine sehr gute Leistung abrufen und so lange wie möglich im Spiel bleiben, dann ist es auch möglich, eine Eishockey-Nation wie Kanada zu ärgern.


Im letzten Gruppenspiel geht es am 31. Dezember gegen den Nachbarn Österreich, die sich Chancen ausrechnen. Ist es auch für euch ein ganz besonderes Spiel?

Ja klar. Es ist ein Spiel, in dem es mit Sicherheit um den Einzug ins Viertelfinale gehen wird. Natürlich wissen wir, dass Österreich hochmotiviert in dieses Spiel gehen wird. Wir werden alles dagegenhalten. Wenn wir unsere Stärken aufs Eis bringen, dann haben wir gute Chancen.


Was genau sind denn die Stärken dieser Nationalmannschaft?

Wir sind in der Breite ganz gut aufgestellt, haben vier gute Sturmreihen, mit denen wir hohes Tempo gehen wollen. Wir haben gute Torhüter und Verteidiger, die für Stabilität sorgen werden und Stürmer, die wissen, wo das Tor steht und die für Gefahr sorgen können.


Letztes Jahr ragte Tim Stützle heraus, wurde sogar bester Stürmer des Turniers. Wer im deutschen Aufgebot hat bei dieser WM das Potenzial herauszuragen?

Ich würde keinen vorneweg neben Timmy stellen, das wäre nicht fair. Tim ist ein Ausnahmespieler, der ganz früh gedraftet wurde. Diese Spitze haben wir in diesem Jahr nicht – trotzdem aber viel Qualität in der Tiefe.


Florian Elias wird Deutschland als Kapitän aufs Eis führen. Warum fiel die Wahl auf ihn?

Wir haben mehrere Spieler, die letztes Jahr schon bei der U-20-WM dabei waren. Sie tragen mit dieser Erfahrung jetzt auch die Verantwortung. Flo ist ein Vorbild, geht mit gutem Beispiel voran, gibt in jedem Wechsel alles, deswegen haben wir gedacht, dass er das „C“ auf der Brust haben sollte. Aber man muss nicht immer einen Buchstaben auf dem Trikot haben, um Verantwortung zu übernehmen. Das verlangen wir von allen.


Elias hat auch schon viel Erfahrung in der DEL gesammelt. Was macht ihn so stark?

Er ist sehr stabil und beweglich auf den Schlittschuhen. Obwohl er nicht der Größte ist, ist es nicht leicht, ihn von der Scheibe zu trennen. Er hat einen guten Zug zum Tor und den Blick für seine Mitspieler. Deswegen hat er auch letztes Jahr schon ein gutes Turnier gespielt als Center neben Timmy (Stützle) und JJ (John Peterka). Wir glauben, dass er auch heuer ein Leistungsträger und Leader für unsere Mannschaft sein wird.


Elias wäre für den NHL Draft 2022 berechtigt. Kann er es in die NHL schaffen?

Das würde ich schon sagen, ja. Ich traue ihm das auf jedem Fall zu. 


Mit Torwart Nikita Quapp und Verteidiger Luca Münzenberger stehen zwei bereits gedraftete Spieler im deutschen Aufgebot. Welche Rolle werden sie spielen?

Nikita ist ein junger Torwart, der schon in der DEL Spiele gemacht hat. Ich denke, dass er noch einen guten Weg vor sich hat, wenn er so weitermacht. Luca ist ja ein Verteidiger, der letztes Jahr schon mit dabei war, in Nordamerika spielt und sich schon gut auf der kleineren Eisfläche zurückfindet. Diese Erfahrung müssen alle anderen erst noch machen. 


Wie schwierig wird die Umstellung auf die nordamerikanische Eisfläche?

Das ist schon eine Umstellung, die die Jungs verkraften müssen. Normalerweise dauert das länger als ein paar Trainingseinheiten. Es ist ein anderes Spiel, du hast keine Zeit, keinen Raum und viele Zweikämpfe. Schon bevor du die Scheibe bekommst, musst du Lösungen parat haben.


Deutschland stellt den ältesten Kader bei dieser WM. Habt ihr bewusst auf den Faktor Erfahrung gesetzt?

Wir hatten ganz einfach das letzte Jahr schon viele 2002er Jahrgänge dabeigehabt. Dieses Jahr wollten wir von dieser Erfahrung profitieren und die Jungs weiterhin im Kader haben.


Viele Jungs haben auch schon erste DEL-Erfahrung sammeln können. Wie wichtig ist das für junge Spieler?

Ich denke, das ist sehr wichtig, um sich weiterzuentwickeln. Es ist aber auch nicht alles: Genauso wichtig ist es, Eiszeit in der Crunch Time zu bekommen und auch da seine Erfahrungen zu machen. Deswegen kann es auch gut sein, in den unteren Ligen wie der DEL2 oder der Oberliga in allen Situationen zu spielen. Auch das kann weiterhelfen.


Wie genau wollt ihr die Spiele angehen? Wird die Grundhaltung eher defensiv oder eher offensiv sein?

Unsere Marschrichtung ist, dass die Jungs defensiv so arbeiten, dass wir auch offensive Akzente setzen können. Du bekommst keine Offensivaktionen, wenn du defensiv nicht stabil stehst und nicht weißt, wie du ohne Scheibe verteidigst. Unser Ziel ist es, uns ein Gefühl der Sicherheit zu erarbeiten und aus einer Kompaktheit heraus vorne zu Chancen zu kommen. 


Wo landet Deutschland bei diesem Turnier?

Unser Ziel ist, ins Viertelfinale zu kommen. Danach ist alles möglich. In den Playoffs kann ja bekanntlich alles passieren.


Wie werdet ihr heute Weihnachten feiern?

Wir werden uns am Abend zusammensetzen, und ein schönes Essen bestellen. Jeder wird ein Geschenk vom Verband bekommen, darüber werden sich die Spieler bestimmt freuen. Es ist aber nicht so, dass wir großartig feiern werden. Es geht ja morgen schon mit Training weiter. Bei uns steht die WM im Mittelpunkt.



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