Marco Pewal: „Wir sehen unsere Chance im Spiel gegen die Deutschen“
Am 26. Dezember 2021 startet die U-20-WM 2022 in Kanada (Edmonton & Red Deer). Für viele Talente ist es ein Schaulaufen für die NHL. Zahlreiche Scouts und Eishockey-Fans werden das in Nordamerika extrem beliebte Junioren-Turnier verfolgen. Elite Prospects Rinkside hat sich im Vorfeld mit den Nationaltrainern von Deutschland, der Schweiz und Österreich unterhalten. In dieser Ausgabe: Marco Pewal von Team Austria.
Bei der U-20-WM 2021 gab es für Aufsteiger Österreich nichts zu holen: Mit null Punkten und 1:29 Toren schloss Team Austria hinter den USA, Russland, Schweden und Tschechien als Schlusslicht der Gruppe B ab. Da es aufgrund der Covid-19-Pandemie keinen Absteiger gab, tritt Österreich bei der U-20-WM 2022 erneut in der Top-Division an und hofft auf mehr Punkte in Gruppe A mit Gastgeber Kanada, Finnland, Deutschland und Tschechien. Nationaltrainer Marco Pewal sieht das Spiel gegen die Deutschen als große Chance…
Servus Marco! Habt ihr euch in Kanada schon einleben können?
Wir sind seit Freitag in Quarantäne. Die Spieler waren auf Einzelzimmern, das Essen wurde vor die Tür gestellt und morgens um 9 Uhr ging es zum PCR-Test. Am Samstag durften wir dann erstmals raus, hatten Meetings und konnten mit dem Training starten.
Kanada ist total verrückt nach diesem Turnier. Ist schon etwas von dieser Begeisterung zu spüren?
Nein, eigentlich noch nicht. Wir sind am Flughafen angekommen und dann direkt mit dem Bus nach Red Deer gefahren, wo wir untergebracht sind. Es wird natürlich medial sehr viel über die WM berichtet.
Wie groß ist die Vorfreude bei euch?
Richtig groß! Wir Österreicher spielen alle zehn, 15 Jahre da mal mit. Durch Corona haben wir jetzt die Chance bekommen, zum zweiten Mal in Folge dabei zu sein. Wir haben noch nie ein Spiel gewonnen und wissen, dass wir der große Außenseiter sind.
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Wir sehen unsere Chance im Spiel gegen die Deutschen
Welche Lehren hat Team Austria aus der WM im Vorjahr gezogen?
Ich war damals noch nicht dabei, weil ich die Freigabe von VSV nicht bekommen habe. Die Lehre war, dass wir eisläuferisch eine größere und beweglichere Mannschaft mitnehmen müssen. Unser Hauptfokus wird auf der defensiven Zone liegen. Das Team ist so ausgerichtet, dass wir dort solide und stark spielen. Da geht es auch um Charakter, um ehrliche, harte Arbeit.
Was erwartest du von den Gruppengegnern?
Kanada ist sicher der große Favorit in unserer Gruppe. Auch gegen Finnland und Tschechien wird es schwierig. Die ersten drei Spiele gegen die Top-Nationen werden sehr schwierig werden. Wir wollen Österreich gut repräsentieren, wollen mutig und frech aufspielen. Das letzte Spiel ist dann gegen die Deutschen, die eine Turniermannschaft sind. Sie haben ein gutes Team und können für eine Überraschung sorgen.
Wird das Duell mit dem großen Bruder Deutschland ein ganz Besonderes?
Auf alle Fälle! Bei großen Turnieren gegen Deutschland zu spielen, da rechnen wir uns schon etwas aus. Deutschland ist freilich der Favorit, aber an einem guten Tag, mit ein bisschen Glück und einer guten Tormann-Leistung kann viel passieren. Wir sehen unsere Chance im Spiel gegen die Deutschen!
Zum Auftakt geht es am 27. Dezember gegen Finnland. Was erwartet ihr für ein Spiel? Wie geht ihr es an?
Wir müssen die Finnen frühzeitig stören. Sie haben klasse Spieler: Wenn sie viel Raum und Zeit bekommen, dann schauen sie gut aus. Genau das müssen wir ihnen nehmen. Natürlich haben wir das Powerplay und das Unterzahlspiel unserer Gegner analysiert, aber wir wollen uns mehr auf unser Spiel konzentrieren und schauen, dass wir besser werden. Wir wollen uns von Tag zu Tag weiterentwickeln.
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Wir wollen mutig und frech aufspielen.
Wie kann Österreich den Klassenerhalt schaffen?
Nur über eine gute Teamleistung. Wir müssen eine Einheit sein, unheimlich gut defensiv spielen, auch die taktische Disziplin wird sehr wichtig sein, wir müssen von der Strafbank wegbleiben und dürfen keine dummen Strafen nehmen und natürlich gehört ein wenig Glück dazu. Unser Ziel ist, den Klassenerhalt zu schaffen. Wir wollen mutig und frech aufspielen.
Team Austria geht zusammen mit der Slowakei mit der jüngsten Turnier-Mannschaft in die WM (18,1 Jahre). Sieben Spieler sind noch unter 18. Habt ihr bewusst so eine junge Truppe zusammengestellt?
Wir haben schon bewusst darauf wertgelegt, ja. Wir wollen schon jetzt auf die nächsten Jahre schauen, damit die Spieler Erfahrungen sammeln können. Wir haben auch sehr auf den Charakter geschaut, das sind alles tolle Jungs und tolle Talente. Auch eisläuferisch sind wir gut aufgestellt.
Der wohl größte Talent und der bekannteste Spieler im Kader ist mit Marco Kasper einer dieser 17-Jährigen. Was macht ihn so stark?
Mir imponieren seine Einstellung und sein professionelles Verhalten. Bei ihm geht es 24 Stunden am Tag nur um Eishockey. Er war ja auch schon bei der A-Nationalmannschaft dabei und für mich der beste Spieler. Er ist ein Zwei-Wege-Stürmer, sehr giftig in den Zweikämpfen und bringt seine Einstellung und Leidenschaft jeden Tag aufs Eis.
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Bei Kasper geht es 24 Stunden am Tag nur um Eishockey.
Kasper dürfte im Fokus der vielen NHL-Scouts vor Ort stehen. Viele Experten schätzen ihn als Erstrundenpick für den Draft 2022 ein. Traust du ihm eine NHL-Karriere zu?
Auf alle Fälle! Ich hoffe, dass er ein gutes Turnier spielen wird und sich selbst nicht zu viel Druck macht. Er hat die Einstellung, die es heutzutage braucht. In Österreich hatten wir ein großes Problem, dass keiner mehr tun wollte als der Spieler neben sich. Er aber hat das Feuer und die Leidenschaft für eine große Karriere.
Nach einer von Thomas Vanek und Michael Grabner geprägten Ära ist Michael Raffl mittlerweile der einzig verbliebene NHL-Spieler aus Austria. Wie siehst du diesen Trend?
Das ist natürlich auf die ganze Nachwuchsarbeit in Österreich in den letzten Jahren zurückzuführen. Wir haben viele Talente, diese spielen aber selten in Österreich, weil wir mit zwölf, 13 Importspielern in der Liga spielen. Gute Talente bekommen nicht die Chance und dürfen bei uns keine Fehler machen. Das geht also in die völlig falsche Richtung. Wir müssen schauen, dass wir wieder mehr Kinder zum Sport kriegen. Wir brauchen auch gut ausgebildete Trainer. Das dauert aber fünf bis zehn Jahre, um von unten wieder etwas aufzubauen.
Welche Spieler im österreichischen Kader sollten die Scouts noch auf dem Zettel haben?
Vinzenz Rohrer könnte es auch in die NHL schaffen. Lucas Thaler hat schon in Salzburg mit den Profis gespielt und war mit 16 Jahren schon bei mir in Villach. Leon Wallner spielt in Schweden, Senna Peeters in Halifax in der QMJHL. Luca Auer ist ein 2004er Jahrgang, der schon bei den Profis gespielt hat und in der 2. Liga einer der Top-Scorer ist.
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Vielleicht singen die Spieler ein paar Lieder.
Ihr habt auch ein enges Verhältnis bei im Trainerteam. Wie ist die Stimmung?
Die Stimmung ist wirklich hervorragend, muss ich sagen. Ich habe zuvor schon mit Philipp Lukas und Philipp Pinter (beide Co-Trainer) und mit Jürgen Penker (Torwarttrainer) zusammengearbeitet. Wir kennen uns schon als aktive Spieler miteinander und gegeneinander gespielt. Es sind nicht nur unglaubliche Trainer, sondern auch unglaubliche Menschen mit einem tollen Charakter, die viel Erfahrung haben und von denen die Spieler viel lernen können.
Wie werdet ihr Weihnachten feiern?
Wir haben am 24. einen Reisetag, werden in Red Deer frühstücken und danach nach Edmonton fahren, wo wir ein Hotel beziehen und dann in die Eishalle gehen, um zu trainieren. Ich denke, dass wir uns danach zu einem guten Essen zusammensetzen werden. Vom Verband wird es kleine Geschenke geben. Vielleicht singen die Spieler ja auch ein paar Lieder (lacht).