NHL

Gregory Hofmann: NHL-Debüt im Alter von 28 Jahren

Nicht jedes Talent schafft schon als Teenager den Sprung in die NHL. Beim Schweizer Grégory Hofmann ging der große Traum gar erst im Alter von 28 Jahren in Erfüllung. Mit Elite Prospects Rinkside sprach der Stürmer der Columbus Blue Jackets über diese lange Wartezeit, Titel in der Schweiz und seine Zukunft.



Hofmann wurde im Draft 2011 in der 4. Runde an insgesamt 103. Stelle von den Carolina Hurricanes ausgewählt. Bis zu seinem NHL-Debüt aber sollte es noch ein Jahrzehnt dauern. „Endlich habe ich die Chance bekommen, in der NHL zu spielen. Ich bin glücklich, dass ich mich hier reinkämpfen und die ersten Spiele machen konnte. Alles ist neu für mich“, sagt Hofmann. 

Hofmann (re.) im Zweikampf mit Colton Parayko

Hofmann (re.) im Zweikampf mit Colton Parayko Jeff Curry-USA TODAY Sports


Der heute 29-jährige Flügelstürmer musste lange auf diesen Moment warten und eine Menge Geduld mitbringen. Bei den Hurricanes, die ihn ursprünglich gedraftet hatten, klappte es nicht mit dem NHL-Druchbruch: „Carolina hat mir leider nie eine Chance gegeben, zu spielen. Ich war zweimal dort im Training Camp und habe zwei Testspiele mitgemacht, dann wurde ich aber in die AHL geschickt. Gleichzeitig hatte ich noch einen Vertrag in der Schweiz und mir gedacht, dass es für meine Entwicklung wohl besser wäre, dort in einer größeren Rolle zu spielen. Carolina wollte mich in der AHL behalten, ich aber eine Chance mit der Nationalmannschaft haben, bei der WM auflaufen und in wichtigen Partien spielen.“


„Es hat ein wenig gedauert“: 10 Jahre zwischen Draft und Debüt  

Der Schritt zurück war im Nachhinein ein Schritt vorwärts: Hofmann feierte in der Schweiz zwei Meistertitel und gewann WM-Silber mit der Nati. „Ich habe versucht, besser zu werden. Dann sind die Columbus Blue Jackets auf mich zugekommen und haben mir die Möglichkeit gegeben, zu spielen. Diese habe ich angenommen.“

Bereits im Februar 2021 sicherten sich die Blue Jackets die Rechte an Hofmann in einem Trade mit den Hurricanes und schickten als Gegenwert ein Siebtrunden-Pick für den Draft 2022 nach Raleigh. Auf den Tag genau vier Monate später unterschrieb der Schweizer einen NHL-Vertrag über ein Jahr und 900.000 Euro Gage. 

Kurios: Auf den Tag genau sechs Monate nach der Vertragsunterschrift bzw. acht Monate nach dem Trade gab Hofmann sein NHL-Debüt beim 8:2-Heimsieg der Jackets gegen die Arizona Coyotes. „Ich hatte im Vorfeld viel über meine Karriere nachgedacht, auch über meine Familie, meine Trainer und all die harte Arbeit, die ich reingesteckt habe, um hier zu landen“, gibt der Stürmer einen Einblick in seine Gedankenwelt vor dem ersten NHL-Spiel. „Die ganze Zeit hatte ich immer im Kopf, eines Tages in der NHL zu spielen. Es hat ein wenig gedauert, aber ich habe immer an mich geglaubt und hart gearbeitet. Ich wollte nicht bereuen, es nicht versucht zu haben und es auch in meinem Alter jedem zeigen. Und siehe da: Es ist passiert!“

Russell LaBounty-USA TODAY Sports



Ein schneller Spieler mit dem Sinn für wichtige Tore  

Mittlerweile stehen 18 NHL-Einsätze in Hofmanns Vita. Auch gelangen ihm schon zwei Tore und vier Assists. Mit +3 hat er den drittbesten Plus-Minus-Wert im Kader der Blue Jackets, zwei Siegtreffer sind der Top-Wert (gleichauf mit Patrik Laine). Pro Spiel erhält der Flügelspieler durchschnittlich 11:35 Minuten Eiszeit. Zudem wurde er auch schon in den Special Teams (Powerplay und Penalty Killing) eingesetzt. „Die Trainer sind glücklich mit meiner Arbeitseinstellung und meiner Arbeit auf dem Eis“, sagt Hofmann. „Sie wollen aber mehr Kreativität sehen und dass auf dem Eis mehr passiert. Daran möchte ich arbeiten und besser werden.“

Auf dem Eis löst Hofmann viele Situationen mit seinem Tempo auf. „Ich denke, meine Geschwindigkeit ist meine große Stärke“, sagt der 1,82 Meter große und 79 Kilogramm schwere Linksschütze. „Ich denke auch, dass ich einen guten Hockey-Sinn und eine gute Übersicht habe. Ich muss mich aber noch in den Kleinigkeiten steigern und insgesamt ein besserer Spieler werden. Dazu zählen etwa 1-gegen-1-Zweikämpfe, dass ich den Puck besser beschütze und konstanter spiele.“


Geboren in Biel, vier Stationen in der Schweiz  

Hofmann wurde am 13. November 1992 in Biel-Bienne geboren. „Es ist eine Hockey-Stadt, aber ich habe nie dort gespielt: Meine Eltern haben sich scheiden lassen, dann sind wir weggezogen. Ich bin aber stolz, von dort zu sein und habe noch immer Familie da“, erklärt Hofmann, der aus einer Hockey-Familie stammt: „Mein Vater war Schiedsrichter und hat genauso wie mein Onkel und mein Halbbruder selbst gespielt. Als ich noch jung war, habe ich mich sofort ins Eishockey verliebt: Ich fühlte die Kälte, das Eis, roch die Kabine – und ich wusste sofort, was ich erreichen wollte.“

Bevor es aber in die NHL ging, hinterließ Hofmann Fußspuren in der Schweiz. „Ich musste mich entscheiden, ob ich mit 16 oder 17 Jahren zu den Shawinigan Cataractes in die QMJHL gehe oder mit Ambri-Piotta Profi-Eishockey in der National Liga spielen wollte“, blickt er zurück. 

Die Wahl fiel auf NL-Hockey in der Schweiz, wo Hofmann für den HC Ambri-Piotta, den HC Davos, den HC Lugano und den EV Zug auflief. „Es ist schwer zu sagen, wo es mir am besten gefallen hat, das kann ich gar nicht beantworten. Ich habe es überall geliebt: Die ersten Spiele in Ambri waren etwas Besonderes, mit einer tollen Atmosphäre und tollen Fans. Danach bin ich in Davos Meister geworden und hatte mit Arno Del Curto einen guten Coach, der wichtig für meine Karriere war. Dann ging es nach Lugano, um in einer größeren Rolle einen Unterschied zu machen. Ich habe die Stadt sehr genossen. Und schließlich ging es noch nach Zug, um eine Meisterschaft zu gewinnen. Auch das war eine gute Zeit.“

Hofmann wird Meister mit dem EV Zug (2021)

Hofmann wird Meister mit dem EV Zug (2021) BILDBYRÅN/Just Pictures



Merzlikins und Texier als engste Kollegen  

Nun ist Columbus im US-Bundesstaat Ohio die neue Heimat von Hofmann. „Die Stadt ist großartig, die Organisation auch. Ich könnte mir keine besseren Menschen hier wünschen, jeder hat mir geholfen, mich zu integrieren. Auch die Fans sind großartig und laut. Es macht viel Spaß“, schildert Hofmann seine Eindrücke. „Natürlich vermisse ich meine Familie in der Schweiz und das gute Essen. Aber ich bin privilegiert, in dieser Liga zu spielen und mich mit den besten Spielern der Welt zu messen.“

Russell LaBounty-USA TODAY Sports


In der Jackets-Kabine verbringt Hofmann am meisten Zeit mit Torwart Elvis Merzlikins und Angreifer Alexandre Texier. „Mit Merzlikins habe ich schon in Lugano zusammengespielt. Er ist ein großartiger Typ und ein großer Kämpfer. Mit Texier habe ich auch einen Franzosen, mit dem ich französisch sprechen kann. Wir haben hier wirklich eine gute Mannschaft“, betont der Schweizer, der in der NHL nun auch auf einige Landskollegen trifft. „Ja, ich habe mich mit einigen schon getroffen. Ich kenne sie ja alle aus der Nationalmannschaft. Immer wenn wir gegen ein Team mit Schweizern spielen, dann ist das eine gute Gelegenheit, um mal hallo zu sagen. Ich schaue immer, wie die Schweizer spielen und telefoniere hin und wieder mal mit ihnen. Vielleicht sehen wir uns ja bei den Olympischen Spielen.“


„Das war erst der Anfang“  

Bis dahin aber möchte Hofmann noch große Ziele in der NHL erreichen und seinen Traum weiterleben: „Wenn ich aufs Eis komme, dann will ich einen Einschlag im Spiel haben und unserer Mannschaft dabei helfen, zu gewinnen. Ich will mich als NHL Spieler beweisen. Das geht nicht so schnell, du musst die Liga verstehen und respektieren, dein Spiel adaptieren, denn es ist anders als in Europa. Ich möchte meine Stärken aufs Eis bringen und mache mir keinen Druck in Sachen Tore oder Assists. Ich möchte einfach besser werden und versuche, Selbstvertrauen aufzubauen und an mich zu glauben.“

Letzteres hat Hofmann schon in den letzten zehn Jahren ausgezeichnet – trotz einem Jahrzehnt an Wartezeit. „Ich habe viel Erfahrung in der Schweiz gesammelt, wichtige Minuten in großen Positionen gespielt, bin Meister geworden und habe in der Nationalmannschaft gespielt. Das war etwas Besonderes. Gleichzeitig wusste ich aber, dass das nur der Anfang sein würde…“



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