DEL

T.J. Trevelyan: Loyalität ist vielleicht das Wichtigste

Im Sport ist Vereinstreue ein seltenes Gut. Das ist auch im Eishockey nicht anders. Umso beeindruckender ist es, dass T.J. Trevelyan bereits seine elfte Saison in Folge bei den Augsburger Panthern spielt. Elite Prospects Rinkside hat mit dem 37-jährigen Stürmer über Loyalität, Rollen auf dem Eis und schwäbischen Dialekt gesprochen. 



Als T.J. Trevelyan im Jahr 2011 seinen ersten Vertrag bei den Panthern unterschrieb, konnte keiner erahnen, dass er auch zehn Jahre später noch das AEV-Trikot tragen würde. Auch der Stürmer selbst nicht: „Ich hatte das nicht erwartet, es war auch nicht geplant, dass ich so lange am selben Ort bleibe. Normalerweise läuft es im Profi-Eishockey anders, da bewegst du dich von Vertrag zu Vertrag. Ich habe aber wohl etwas gezeigt, was dem Management und den Fans gefallen hat. Vielleicht bin ich genau das, was sie hier sehen wollen: Ein ehrlicher Zwei-Wege-Spieler. Da ist schon irgendetwas zwischen uns - und es ist großartig, noch immer ein Teil davon zu sein.“

BILDBYRÅN/Stefan Ritzinger


Aktuell spielt Trevelyan seine 11. Saison bei den Panthern. In Sachen DEL-Tore und -Punkte holt er immer weiter auf AEV-Ikone Duanne Moeser auf. „Wir haben noch nicht darüber gesprochen“, sagt Trevelyan. „Ich habe die Zahlen im Hinterkopf, aber es ist kein Wettkampf zwischen uns. Duanne ist ein toller Mensch, der eine tolle Karriere hinter sich hat. Überhaupt in der Nähe mit so einem Namen in den Rekordbüchern zu stehen, ist eine großartige Leistung.“

Augsburg ist längt seine „zweite Heimat“ geworden, wie er sagt. „Loyalität“, so Trevelyan, „ist vielleicht das Wichtigste“, doch funktioniert diese auch in beide Richtungen: „Sie kümmern sich hier um die Familien, helfen mit dem Papierkram und sind bei Fragen immer für einen da. Von oben bis unten sind die Panther eine tolle Organisation, die in den letzten Jahren immer besser wurde. Als ich hierherkam, gab es kaum ein Dach über der Eisfläche. Das war intensiv: Wir haben in meiner ersten Saison vielleicht 95 Prozent der Heimspiele gewonnen, allerdings auch genauso viel auswärts verloren. Die Fans sind unglaublich. Eishockey mag in Deutschland nicht der Nummer-1-Sport sein, aber die Arenen in der DEL sind sehr laut und intensiv.“


Schwäbisch für Anfänger  

Nach seinem Wechsel nach Deutschland musste sich Trevelyan nicht nur an die größere Eisfläche und die lauteren Fans, sondern auch an eine neue Kultur gewöhnen. „Anfangs war natürlich die Sprache die größte Herausforderung. Ich hatte kaum Zeit, Deutsch zu lernen, weil ich auch nicht gedacht hätte, so lange hier zu sein. Mittlerweile kann ich die Basics, finde mich gut im Alltag zurecht und kann mich unterhalten. Es ist eine schwere Sprache, insbesondere beim Satzbau, ansonsten sind viele Wörter auch ähnlich. Du musst es einfach probieren, sonst lernst du es nicht.“

Mittlerweile haben der AEV-Angreifer und seine Familie aber enorme Fortschritte gemacht: „Als wir begriffen haben, dass es hier eine permanente Situation wird, haben wir die Sprache gelernt, meine Frau ist dafür sogar zur Schule gegangen. Meine zwei Kinder sind hier geboren und lernen es im Kindergarten. Sie sprechen flüssig Deutsch.“ 

Trevelyan selbst hat mittlerweile auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Für ihn mehr als nur ein Stück Paper: „Ich bin schon so lange hier und verbringe acht bis zehn Monate im Jahr in Deutschland.“ Bleibt also nur noch eine kleine Hürde mit dem schwäbischen Dialekt: „Ich kann besser sprechen als es verstehen“, lacht Trevelyan.



Ein Spieler, der unter die Haut geht  

Bei den Fans zählt der 37-Jährige längst zu den Publikumslieblingen. Mit gerade einmal 1,75 Meter Körpergröße und 78 Kilogramm Gewicht scheut der Kanadier keinen Zweikampf, spielt giftiges Eishockey mit viel Tempo, Energie und geht dem Gegner mit seinem Arbeitseifer unter die Haut. Doch Trevelyan weiß auch, wo das Tor steht: Er erzielte in 402 DEL-Spielen 123 Tore und gab 111 Assists. Eine Mischung, die Fans, Trainer und das Management überzeugte. „Ich bin nicht besonders groß oder schwer, aber ich versuche, die kleinen Dinge richtig zu machen und dem Team mit meinem Zwei-Wege-Spiel zu helfen. So eine Rolle verändert sich auch im Laufe der Jahre: Am Anfang meiner Karriere habe ich noch viel im Powerplay gespielt, jetzt finde ich mich mehr im Penalty Killing wieder. Das Wichtigste aber ist, die Rolle zu spielen, die von dir verlangt wird und die dem Team hilft, um erfolgreich zu sein.“

BILDBYRÅN/Jan Huebner


So war Trevelyan in den letzten Jahren nie an der Spitze der Scorerliste der Panther zu finden – sehr wohl aber seine Reihenkollegen. „Wir hatten hier schon gute Spieler, die Tore schießen konnten. Ich glaube aber, dass ich mehr von ihnen profitiert habe, als sie von mir“, sagt der Linksschütze ganz bescheiden.

Jungen Eishockey-Spielern, die weder mit großen Körpern noch mit einem Killer-Instinkt vor dem gegnerischen Tor gesegnet sind, macht Trevelyan Mut: „Die Leute wollen Tore, Tore, Tore sehen, aber es gibt auch die kleinen Dinge zu betrachten, die ein Team erfolgreich machen. Zum Beispiel eine Scheibe tief zu spielen, einen Schuss zu blocken oder Verantwortung zu übernehmen. Das ist genauso wichtig. Vor 20 Jahren war die Größe noch wichtig, jetzt ist das Spiel immer temporeicher geworden. Vor allem in Europa, wo die Eisflächen breiter sind. Es geht nicht mehr nur darum, groß und stark zu sein. Auch in die NHL schaffen es kleine Spieler.“


Mit vier Jahren auf dem Weiher – Adrenalin in der AHL  

Trevelyan, der eigentlich Thomas Jordan mit vollem Vornamen heißt („Auch meine Eltern sagen T.J. zu mir“) stammt aus Mississauga in der kanadischen Provinz Ontario und stand im Alter von vier Jahren erstmals auf Schlittschuhen. „Auf einem kleinen Weiher hinter dem Haus“, erinnert sich der Stürmer. „Ich habe dort mit meinem Dad und mit meinen Freunden gespielt. Später wurde es dann organisierter.“

Vier Jahre spielte er in der College-Liga NCAA für die St. Lawrence University, studierte erst Wirtschaft und dann Geschichte, weil ersteres „nicht mein Ding war“. Seine erfolgreichste Zeit als Scorer hatte Trevelyan übrigens ausgerechnet in der physisch-geprägten AHL, wo er zunächst zwei Jahre für die Providence Bruins auflief. „Weil ich etwas zu beweisen hatte“, erklärt Trevelyan. „Ich war im Training Camp der Boston Bruins, doch die haben mich schnell in die ECHL zu den Long Beach Ice Dogs geschickt. Dann kam ich hoch in die AHL und hatte so viel Adrenalin. Ich habe mir gedacht jetzt oder nie und musste mir selbst beweisen, dass ich stark genug war. Ich war jung, konnte skaten und wurde nicht müde. Auch habe ich mit guten Spielern wie David KrejciPascal Pelletier oder Martins Karsums zusammengespielt. Wir hatten ein richtig gutes Team. Es hatten also alle gut gepunktet.“

Das Tor zur NHL aber wollte auch nach drei weiteren AHL-Jahren, eines bei den Iowa Chops und zwei bei den Worcester Sharks, nicht aufgehen. "In meinem zweiten Jahr in Worcester habe ich zwar einen Zwei-Wege-Vertrag bei den San Jose Sharks unterschrieben, aber ich hatte ehrlich gesagt nicht die Saison, die mir die Chance gegeben hätte, in der NHL zu spielen“, so Trevelyan.



Viele Verletzungen und eine offene Zukunft  

Also schlug Trevelyan ein neues Kapitel in Europa auf. In Deutschland. In Augsburg. „Mein Agent hatte mir zwei Optionen vorgelegt: Die eine in Schweden, wo ich die Liga eigentlich besser kannte, und eine andere in Augsburg. Larry Mitchell war damals Trainer bei den Panthern. Ich hatte bereits in Worcester vier-, fünfmal mit ihm gesprochen, er wollte mich unbedingt holen. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und der AEV hatte gute Nordamerikaner im Team und mein guter Freund John Zeiler, mit dem ich auf dem College war, hat dort gespielt. Also habe ich mich dazu entschieden, nach Deutschland zu wechseln.“

T.J. Trevelyan (re.) und John Zeiler (li.) 2013

T.J. Trevelyan (re.) und John Zeiler (li.) 2013 BILDBYRÅN/Revierfoto


Dort verzückt Trevelyan die Fans auch in seiner elften Saison noch mit seinem bissigen Spielstil und seinem Hockey-Smile. „Jeder hat ein strahlendes Lächeln, wenn ihm vorne vier Zähne fehlen“, lacht er. „Mein Dad hat zu mir gesagt, dass ich das erst nach der Karriere richten lassen soll.“

BILDBYRÅN/Jan Huebner


Mit Verletzungen hatte der 37-Jährige ohnehin seine ganze Karriere zu kämpfen: In Augsburg kam Trevelyan in zehn Anläufen noch nie verletzungsfrei durch eine Saison. „Es waren Bänderrisse und Brüche in den Schultern, ich habe mein Knie kaputtgemacht, hatte einen Muskelfaserriss im Oberschenkel, habe mir drei Finger und meine ganze Hand gebrochen. Da waren ein paar ernsthafte Verletzungen dabei, doch ich habe es immer wieder geschafft, zurückzukommen. Auch das hat etwas mit Loyalität zu tun: Augsburg ist mit mir durch diese Zeit gegangen und hat an mir festgehalten.“

Trevelyans Vertrag läuft zum Saisonende aus. Ob der dann 38-Jährige noch ein Jahr dranhängen wird, ist noch komplett offen: „Ich denke schon, dass ich noch Sprit im Tank habe, kann aber nicht in die Zukunft blicken. Meine Kinder werden älter und wir müssen sehen, ob sie mal in Deutschland oder in Kanada leben wollen. Ich selbst habe nach wie vor nur Hockey im Kopf. Es ist noch zu früh, um etwas zu sagen.“



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