Chicago Blackhawks in der Krise: Kein Sieg und ein Mega-Skandal
Die Chicago Blackhawks befinden sich in der vielleicht schlimmsten Krise ihrer Franchise-Geschichte: Sportlich konnten die Hawks noch kein einziges Spiel gewinnen, hinzu kommt ein Skandal, der die Franchise aus Windy City in ihren Grundfesten erschüttert und eine Lawine an Konsequenzen nach sich ziehen könnte.
Mit großen Ambitionen waren die Blackhawks in die Saison 2021/22 gestartet. Nach sechs Spielen aber wartet Chicago noch immer auf den ersten Saisonsieg (0-5-2) und ist das zweitschlechteste Team in der NHL hinter den ebenfalls noch sieglosen Arizona Coyotes (0-5-1). Die Hawks haben die viertschlechteste Offensive (2,0 Tore/Spiel) und die zweitschlechteste Defensive (4,29 Gegentore/Spiel).
Prominente Neuzugänge wie Vezina-Trophy-Gewinner Marc-André Fleury (0-4-0, 5,75 Gegentore/Spiel, 83,9 Prozent Fangquote), der zweifache Stanley-Cup-Champion Tyler Johnson (1-2-3, -6) oder der neue Abwehrchef Seth Jones (0-6-6, -9) blieben bislang weit hinter den Erwartungen zurück. Superstar und Schlüsselspieler Patrick Kane ist noch immer im Covid-19-Protokoll. Gleiches gilt für Stürmer Jujhar Khaira und Verteidiger Riley Stillman. Kapitän Jonathan Toews (0-2-2, -7) braucht nach einem Jahr ohne Eishockey definitiv noch Anlaufzeit.
Die Frustration innerhalb der Mannschaft ist groß. „Wir haben immer noch Momente, in denen wir zu schön spielen wollen, statt die einfachen Spielzüge zu machen, die Scheibe mit Tempo chippen und hart forechecken. Das sollte die Stärke unseres Teams sein. Wenn wir so spielen, dann spielen wir wirklich gut. Aber wir sind davon weggekommen“, analysierte Johnson nach der jüngsten 2:3-Niederlage n.V. im heimischen United Center gegen die Toronto Maple Leafs.
Der Trainerstuhl von Coach Jeremy Colliton wackelt jedenfalls gehörig. In der Gerüchteküche köcheln bereits mögliche Nachfolger.
Ein folgenschwerer Skandal
Bereits seinen Posten geräumt hat General Manager Stan Bowman. Allerdings nicht aufgrund der sportlichen Misere, sondern wegen eines schlimmen Skandals.
Im Jahr 2010 soll der damalige Blackhawks-Spieler Kyle Beach von seinem damaligen Video-Coach Brad Aldrich sexuell missbraucht worden sein. Chicago soll elf Jahre lang den Mantel des Schweigens über diesen Vorfall gehüllt haben, jetzt aber brach Beach sein Schweigen. Der Vorwurf: Sowohl das Management als auch die Trainer und die Spieler sollen von diesem Vorfall gewusst, jedoch nichts unternommen haben, um den sportlichen Erfolg – die Blackhawks wurden Stanley Cup Sieger 2010 – nicht zu gefährden. Im Gegenteil: Beach, der nicht homosexuell ist, soll nach seinen Anschuldigungen schikaniert und zum Teil auch homophob drangsaliert worden sein.
Die NHL hat Chicago bereits mit einer Geldstrafe in Höhe von zwei Millionen US-Dollar belegt. Außerdem trat Hawks-GM Bowman Anfang dieser Woche zurück. Es dürfte nur der Anfang einer Lawine gewesen sein, die nun über die damals beteiligten Personen hinwegrollt. In der Kritik steht auch der damalige Trainer Joel Quenneville, der aktuell die noch ungeschlagenen Florida Panthers (7-0-0) coacht. Auch Toews und Kane sollen von den Vorfällen gewusst, aber geschwiegen haben. Beide Spieler äußerten sich bereits in den Medien, gaben aber an, erst jetzt erfahren zu haben, dass es sich damals um Beach handelte. In den bisherigen Untersuchungen war Beach immer unter dem Namen „John Doe“ (dt. Max Mustermann) aufgetaucht, ehe dieser nun aktiv in die Öffentlichkeit ging und das Geheimnis lüftete.
Der damals 20-jährige Beach spielt heute übrigens Eishockey in Deutschland. Der 31-Jährige stürmt für den EHC Erfurt in der 3. Liga. In der NHL lief der Rechtsschütze nie auf.
https://www.tsn.ca/kyle-beach-john-doe-1.1712468