Frederik Tiffels: Ein Kölsche Jung in Lederhosen
Der gebürtige Kölner Frederik Tiffels hat in dieser Saison beim EHC Red Bull München eine neue Eishockey-Heimat gefunden. Mit EliteProspects Rinkside sprach der 26-jährige Nationalstürmer über Lederhosen, Trades im Juniorenbereich und ambitionierte Ziele.
Die Überschrift für dieses Portrait war schon vor dem Gespräch mit Frederik Tiffels gefunden: Immerhin erwischten wir den Nationalspieler unmittelbar nach einem Termin beim Trachten-Ausstatter. Wie man sich als Kölsche Jung in Lederhosen fühlt? „Ganz in Ordnung“, antwortet Tiffels. „Ich habe mich wohl darin gefühlt und es sah gut aus. Ich war auch schon ein paarmal mit den Jungs unterwegs und habe mir eine Lederhose von einem Kumpel geliehen. Als Kölner bin ich eh offen für vieles – warum also hier eine Grenze ziehen?“
EHC Red Bull München
Nach drei Jahren bei seinem Heimatklub Kölner Haie wechselte der Flügelstürmer im Sommer 2021 nach München, wo ihm das EHC-Trikot auch sehr gut steht: In bislang sechs Spielen sammelte er satte neun Scorerpunkte (drei Tore, sechs Assists). „Mega“, findet das auch Tiffels. „Ich kann nichts Negatives sagen, alles ist wunderbar hier. Es ist eine sehr schöne Stadt, ich habe eine coole Wohnung in einer coolen Gegend, die Jungs sind alle super drauf und das Trainerteam macht einen super Eindruck.“
Letzteres war eines der Gründe für den 26-Jährigen, überhaupt gen Süden zu wechseln. „Don Jackson war ein großer Punkt. Er hat in Deutschland alles gewonnen, viele Meisterschaften gefeiert, ich habe nur Gutes gehört“, sagt Tiffels über den ultimativen Meistermacher unter den DEL-Trainern (neun Titel). „Unser Ziel ist, Deutscher Meister und Champions-League-Sieger zu werden. Es ist geil, dass das der Anspruch ist.“
Ein wenig „Mia san mia“-Einstellung vom großen Fußball-Nachbarn FC Bayern scheint also auch auf den EHC abgefärbt zu haben. „Ich möchte Teil einer großen Mannschaft sein“, sagt Tiffels. „Wir haben die Qualität, um unsere Ziele zu erreichen. Ich möchte effektiv und erfolgreich sein, aber auch banale Sachen machen wie Checks fahren, Schüsse blocken oder gut forechecken.“
Frederik folgt dem großen Bruder Dominik
Zum Eishockey fand Frederik Tiffels über seine Eltern. „Mein Vater war Eishockey-Fan und auch meine Mutter war mit diesem Sport verbunden und öfters mal Schlittschuhlaufen. Dann hat mein Vater meinen Bruder mit zum Eishockey genommen. Er wollte es ausprobieren und dann habe ich es wegen meinem Bruder angefangen“, erinnert sich Tiffels.
Schon in den Anfängen und über weite Strecken seiner Karriere spielte Frederik immer wieder im selben Team wie sein ein Jahr älterer Bruder Dominik Tiffels. „Es war sehr geil, mit meinem Bruder in derselben Mannschaft zu spielen. Wir sind altersmäßig nicht so weit auseinander und haben eh alles zusammen gemacht, also war es auch normal, zusammen Eishockey zu spielen. Unser Verhältnis ist mega. Er ist immer vorausgegangen und hat alles ausprobiert, ich habe es mir von ihm abgeschaut und einfach nachgemacht. Es hat mir also geholfen, dass er der Ältere war. Trotzdem wollte ich immer besser sein als er.“
Frederik (li.) und Dominik Tiffels 2019 BILDBYRÅN/Beautiful Sportd
So wurden die Gebrüder Tiffels beim Krefelder EV, beim Kölner EC und schließlich auch bei den Jungadlern Mannheim ausgebildet. „Die Jungadler waren damals das Nonplusultra. Das Trainingspensum war um einiges höher. Wenn Qualität und Quantität zusammenkommen, dann hat man gute Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig waren dort die besten Spieler aus Deutschland und anderen Nationen, man konnte sich also immer mit den Besten messen. Dieser Konkurrenzkampf gehört dazu. Auch die internationalen Turniere in Schweden, Finnland, Kanada und den USA waren ein attraktiver Punkt. Inzwischen gibt es ja mit der Red Bull Eishockey Akademie noch eine weitere ausgezeichnete Adresse in Sachen Nachwuchsarbeit“, so Tiffels.
Aufbruch nach Nordamerika – Trades im Junioren-Bereich
Im Jahr 2012 trennten sich dann die Wege von Frederik und Dominik. Der jüngere Tiffels-Bruder wagte nämlich den Sprung über den großen Teich und wechselte zu den Muskegon Lumberjacks in die USHL. „Durch die Spiele mit Mannheim in Amerika wurde ich auch gescoutet. Muskegon war das erste Team, das auf mich zukam. Steve Palmer war damals Assistenztrainer. Er hatte eine Vergangenheit in der DEL und konnte Deutsch sprechen. Also hatten auch meine Eltern einen Ansprechpartner, was ihnen sehr wichtig war“, berichtet Tiffels und erklärt, warum er in die USHL und nicht wie viele andere in die CHL gewechselt ist: „Sobald man in die kanadische Juniorenliga geht, verbaut man sich den Weg für das College-Eishockey. Für meine Eltern war es aber wichtig, dass ich nebenbei noch die Schule machen und studieren konnte, sollte es nicht für eine Eishockey-Karriere reichen. Die USHL hatte ein extrem hohes Niveau. Das Eishockey ist sehr schnell, körperbetont und hart. Die Top-Talente aus den USA spielen dort. Es gibt auch in der NHL viele Spieler, die diese Liga durchlaufen haben.“
Nach einer Saison bei den Lumberjacks schlüpfte Tiffels im zweiten Jahr gleich in drei verschiedene Trikots: Das deutsche Talent wurde erst von Muskegon (US-Bundesstaat Michigan) zu Fargo Force (North Dakota) und dann zu den Cedar Rapids RoughRiders (Iowa) getradet. „Das waren schon große Distanzen zwischen den drei Klubs. Natürlich kam ich immer wieder in neue Gastfamilien und es war im ersten Moment hart. Man muss da einfach durch, das hinnehmen und weitermachen, wenn man einen Traum hat.“
Über Uni-Hockey zur Nationalmannschaft und zur Heim-WM
Ab 2014 wechselte Tiffels dann an die Western Michigan University. „Muskegon war ja schon im Bundesstaat Michigan. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt, meine Gastfamilie war direkt da und mit Andy Murray hatte ich einen gut vernetzten Trainer mit über zehn Jahren NHL-Erfahrung, der durch seine Zeit bei den Eisbären Berlin, Kölner Haien und in der Schweiz Deutsch konnte. Es war die erste Uni, die an mir interessiert war. Auch dort geht man durch Training Camps und die Spiele werden gescoutet. Mich kannte damals ja keiner, ich bin wie neue Ware rübergekommen. Man hat mich gesehen und fand mich wohl ganz gut.“
Tiffels (re.) im Trikot der Western Michigan University BILDBYRÅN/ZUMA Wire
Tiffels, der sich auch für Psychologie oder einer Ausbildung als Pilot interessiert hätte, studierte am Ende „Business Finance“ und spielte Eishockey in der College-Liga NCAA. „Das war nochmal ein großer Sprung. In der USHL ging es gegen maximal 20-Jährige. Im College dann aber als 18-Jähriger gegen 24-Jährige. Das ist in diesem Alter ein großer Unterschied. Das Eishockey war also besser, schneller und kräftiger. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen.“
In seinem dritten Jahr in der NCAA wurde Tiffels dann zum deutschen Nationalspieler. Der damalige Bundestrainer Marco Sturm nahm den Kölner sogar mit zur Heim-WM 2017. „Marco hat mir die Möglichkeit gegeben, am Vorbereitungsprogramm teilzunehmen. Ich wusste, dass meine Chancen eher schlecht waren, aber ich wollte unbedingt mitmachen, weil die WM ja in meiner Heimat Köln war. Ich konnte mich durchsetzen und war dabei, was ein absolutes Highlight in meinem Leben war. Dafür bin ich Marco sehr dankbar. Ich war jetzt kein Unbekannter, aber weder Fans noch Medien hatten mich auf dem Radar.“
Tiffels (li.) neben Dominik Kahun bei der WM 2017 BILDBYRÅN/Jan Huebner
„Kein Spaß“ in der AHL – „Augenöffner“ ECHL
Bald aber sogar die NHL: Die Pittsburgh Penguins statteten Tiffels nach der WM mit einem Zweijahresvertrag aus. Zum Einsatz aber kam der deutsche Stürmer nur in der AHL für die Wilkes-Barre/Scranton Penguins sowie in der ECHL für die Wheeling Nailers.
„Es war auf jedem Fall eine aufregende Saison. In der AHL war es hartes Eishockey. Es war schwer, Kameradschaft aufzubauen, weil ich so häufig hoch und runter geschickt wurde und es herrschte eine Ellenbogen-raus-Mentalität. In der ECHL war es ganz anders und eine coole Erfahrung: Ich war zunächst total enttäuscht, dass ich runtergeschickt wurde und war am Hadern, wie mir das passieren konnte. Dann habe ich aber feststellen dürfen, dass alles nur Perspektive ist. Die Jungs, die da spielen, verdienten nicht viel Geld, hätten jederzeit gekündigt werden können, waren teilweise schon 30 Jahre alt, hatten Frau und Kind und wussten nicht, was morgen passiert. Das hat mir die Augen geöffnet.“
Nach nur einem Jahr setzte dann auch Tiffels andere Prioritäten für sich selbst, kehrte nach Deutschland zurück und schloss sich wieder seinem Heimatklub Kölner Haie an. „Ich wollte einen Neuanfang“, so Tiffels. „Für mich war klar, dass ich nach Köln zurückgehe. Ich war ja sechs Jahre von zu Hause weg und habe mich gefragt: Was mache ich hier? Warum mache ich nicht das, was mir Spaß macht und was ich liebe? Ich wollte einfach die Liebe für Eishockey wiedergewinnen.“
BILDBYRÅN/Eduard Bopp
In der NHL kam der 1,83 Meter große Linksschütze also nie zum Einsatz. „Wäre ich Sidney Crosby, dann hätte ich in der NHL gespielt. So gut war und bin ich aber nicht“, räumt Tiffels selbstkritisch ein. „Es lag an mir, ich habe das zu verantworten. Wenn ich so überragend gewesen wäre, dann hätte ich auch gespielt. Am Ende des Tages setzt sich Qualität durch.“
Laufstarker Stürmer mit klaren Zielen
Diese zeigte Tiffels fortan auf DEL-Eis. „Ich bin ein Spieler, der über die läuferische Qualität kommt und den Gegner damit unter Druck setzt. Ich glaube auch, dass ich lieber nochmal den Pass suche, als selbst abzuschließen“, beschreibt sich Tiffels selbst. „Eigentlich ist mein Bestreben, dass ich effektives und attraktives Eishockey spiele. Ich finde es geil, wenn man eine Passstafette macht und dann ins leere Tor schießt.“
Tiffels trifft gegen die Krefeld Pinguine BILDBYRÅN/Eibner
Drei Jahre trug Tiffels das Haie-Trikot, erlebte beim KEC „Höhen und Tiefen“, wie er selbst sagt. Im Sommer 2021 schlug er dann das neue Kapitel in München auf, wo der Kölsche Jung in Lederhosen jetzt klare Ziele hat: „Ich will Deutscher Meister und Champions-League-Sieger werden!“
EHC Red Bull München