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EV Zug schließt mit dem 2. Schweizermeistertitel eine jahrelange Mission ab

Der Eissport Verein Zug holte die Besen raus und gewann das Finale mit einem Sweep gegen Servette Genf. Die Jungs des Norwegers Dan Tangnes galten schon vor Saisonbeginn als Favorit und stellten einen neuen Punkterekord in der Schweiz mit 119 Zählern auf. Auf ihrem weg zum Titel schalteten sie nacheinander Rapperswil, den SC Bern und zum Schluss die Genfer aus und beendeten eine Ära im Schweizer Eishockey.



Um 22:20 stand es fest. Die Zuger gewannen das letzte Spiel mit 5:1 und krönten sich zum zweiten Mal in der relativ jungen Vereinsgeschichte nach 1998 zum Schweizermeister. Die Serie war enger als es der Sweep oder das Resultat im letzten Spiel vermuten lässt. Nach einem 1:0 im ersten Spiel gelang den Zugern das Break in Genf mit 2:1 und holten sich bereits für das 3. Spiel den 1. Matchpuck, welchen sie nun souverän verwerteten.

„ Es ist wie ein Ballon der jetzt geplatzt ist. Ich bin unglaublich stolz auf die Jungs und die harte Arbeit, welche sie geleistet haben. Ich freue mich für all diese Leute, welche so lange darauf gewartet haben.“, gab ein sichtlich von Emotionen überwältigter Coach des EVZs zu Protokol. Als er mit der Mannschaft 2019 das Finale verlor, versprach er den Fans den Titel und hat an diesem Abend sein Versprechen eingelöst. Ein besonderer Moment war es auch für den Captain der Zuger. Der Ex NHL-Spieler Raphael Díaz verlässt das Team nach der Saison Richtung Fribourg und durfte sich als Meister verabschieden. „ Es fühlt sich unglaublich an. Den Pokal zu Hause zu holen hier in Zug. Das ist wie im Film. Ein Riesenkompliment an die Mannschaft. Wir haben das ganze Jahr eine Superleistung abgeliefert!“ sagt der Mann, welcher direkt neben der alten Halle aufgewachsen war. 

„ Das war keine 3:0 Serie. Wir waren immer nahe dran, aber ich bin Stolz, was wir und die Jungs geleistet haben. Wir hätten es auch Gewinne können, aber ich will Zug gar nichts wegnehmen. Sie haben die letzten Jahre hier etwas aufgebaut und haben es verdient. Das müssen wir jetzt auch machen.“, meinte ein enttäuschter Tanner Richard aufseiten der enttäuschten Verlierer aus Genf. Mit diesem Aufbau spricht er etwas an, worauf wir später mehr eingehen wollen. 


Tausende Feiern, Dominanz gebrochen  

Trotz Corona fanden sich mehrere Tausend Fans vor dem Stadion ein und feierten rund 20 Minuten mit dem Team vom Balkon. Dass es so kurz war, war angesichts des Ereignis sehr schade, während einer globalen Pandemie aber absolut verständlich und vorbildlich. Auch die Zuschauer waren zwar ausgelassen, trugen aber praktisch ohne Ausnahme eine Maske oder stellten sich etwas abseits des Geschehen hin. Die Polizei war Vorort, schritt aber nicht ein. Es war eine verständliche Reaktion der Behörden auf ein Ereignis, worauf die Stadt 23 Jahre gewartet hatte. 

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Mit dem Titel beendete Zug auch die seit 1999 anhaltende Dominanz der großen vier des Schweizer Eishockey. Die Big-4 bestehend aus den ZSC aus Zürich, dem HC Davos, dem HC Lugano und dem SC Bern, welcher den größten Zuschauerschnitt außerhalb der NHL hat, machten die letzten 22 Jahre den Titel unter sich aus. Die Zuger mauserten sich aber seit dem Umzug in die Bossard Arena aber immer mehr zum neuen Platzhirsch. Auch dank der Unterstützung von Hanspeter Strebel. Der mehrere hundert Millionen Euro schwere Schweizer unterstützt den Verein vor allem was die Infrastruktur und die Junioren betrifft. 


Gute Eigengewächse und clevere Zuzüge waren der Schlüssel  

Sicher half auch die eine oder andere Finanzspritze der weiteren Sponsoren in der starken Wirtschaftsregion. Zug ist einer der wichtigsten Rohstoffhandelsorte der Welt, Glencore hat beispielsweise hier seinen Firmensitz. Doch nur mit einer gut gefüllten Schatulle für den Sportchef Reto Kläy lässt sich der Erfolg alleine nicht erklären. Der richtige Angriff auf die Spitze startete mit der Erschaffung der Academy und dem zugehörigen Farmteam in der zweithöchsten Spielklasse, der Swiss League. Mit diesem Programm konnte man Zürich den Rang als bester Ausbildungsort für Junioren Spieler ablaufen. Wechselten früher viele junge wegen der besseren Perspektive nach Zürich, gehen sie heute den umgekehrten Weg. Die ersten Früchte dieser Investition heißen Yannick ZehnderTobias GeisserLivio Stadler und Nico Gross. Sie alle haben sich einen Platz in der 1. Mannschaft etabliert, Tobias Geisser sogar im 1. Verteidigungspaar. 

Neben diesen Eigenprodukten hatte Reto Kläy auch das Team durch kluge Zuzüge immer wieder auf ein neues Level gehievt. Zwar schlugen nicht alle sofort oder jedes Mal ein, aber jedes Jahr hatte das Team etwas mehr Qualität, ohne das den Junioren ein Platz weggenommen wurde. Zwar wurde anfangs dieser Saison keine großartigen Neuzugänge vermeldet, doch das musste Zug auch nicht. Die Zuzüge aus der Vorsaison, insbesondere Jan Kovar, hatten nun das Spielsystem von Dan Tangnes verinnerlicht und wurden ihrer Vorschusslorbeeren nun vollends gerecht. Gegen Ende der Qualifikation gelang ihm sogar ein Coup. Mit Justin Abdelkader gelang Kläy die Verpflichtung eines NHL-Titans. Geholt wurde er vor allem wegen seines Körperspiels, doch fiel er mehr durch seinen Hockeysense und Scorerpunkte auf. Abdelkader könnte das letzte entscheidende Puzzleteil auf dem Weg zum Titel gewesen sein, was den Kader betrifft.


OYM für die letzten Prozente  

Doch das wahre Prunkstück und glitzernde Puzzleteil im Meister-Mosaik ist nicht das Farmteam oder die Stars der Mannschaft, sondern das OYM. 2020 eröffnete das gänzlich durch Hanspeter Strebel finanzierte Trainingszentrum „ On your Marks“. Über 100 Millionen ließ er sich das ganze Kosten. Der Staat wollte sich finanziell beteiligen, doch dies lehnte der Präsident des EVZ ab. Dennoch nutzt beispielsweise auch die Schweizer Nationalmannschaft das Zentrum aktuell zur Vorbereitung auf die WM. 

Das ganze Gelände ist ein multifunktionales Gebäude, welches alle Wünsche erfüllt. Von der Kantine über den Kraftraum bis zum flächenverstellbaren Eisfeld ist alles vorhanden und Top Modern. Alle Daten können erhoben werden und werden beispielsweise direkt an die Küche gemeldet. Diese bereitet dann für jeden Spieler das Menü entsprechend dieser Daten zu. Auch in der Verletzungsprophylaxe wird es rege genutzt. Es ist kein Zufall, dass Zug größtenteils von längeren Verletzungen dieses Jahr verschont blieb. Das Gelände soll der Gerüchteküche gemäß sogar so gut sein, dass NHL Scouts den Zugern Junioren sogar einen Verbleib beim EVZ dringend gegenüber einem Wechsel in eine der Juniorenligas Kanadas empfohlen. Das OYM ist als Ganzes ein Riesenvorteil für die letzten Prozente an der Spitze der Schweizer Liga und einer der Bausteine des Erfolgs.

Dieser letzte Baustein steht felsenfest in der Mauer des heutigen EVZs. Die Mission begann mit der Eröffnung der Bossard Arena im Jahr 2010. Es war auch ein steiniger Weg mit einigen Rückschlägen wie die beiden Final Niederlagen gegen den SC Bern in den letzten Jahren. In dieser Zeit mauserten sie sich vom Geheimfavoriten zum ersten Herausforderer und nun zum klaren Favoriten, welcher sich zum Meister krönte. Ein gutes Beispiel, wie man mit klugen Investitionen und langfristiger Planung sich Erfolg erarbeiten kann. Gratulation an die Zuger zum hoch verdienten Meistertitel 2021! 


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