Josi ist der beste Schweizer NHL-Scorer aller Zeiten
Roman Josi hat am Wochenende NHL-Geschichte geschrieben: Mit einer Torvorlage stockte der Kapitän der Nashville Predators sein Karriere-Konto auf 435 Scorerpunkte auf. Er ist damit der erfolgreichste Schweizer NHL-Punktesammler aller Zeiten.
Es passierte am Samstag in der 6. Spielminute gegen die Chicago Blackhawks (Endstand: 3:0): Im Powerplay wanderte der Puck über Josi und Calle Järnkrok zu Eeli Tolvanen, der mit einem satten Schlagschuss zum 1:0 für die Predators traf. In genau diesem Moment wurde der 30-Jährige alleiniger Schweizer Rekordhalter.
Die Scorerliste unter den „Eisgenossen“ führte bis dato Mark Streit an, der ebenfalls Verteidiger war. Für die Montreal Canadiens, New York Islanders, Philadelphia Flyers und Pittsburgh Penguins kam Streit 786-mal in der NHL zum Einsatz und sammelte starke 434 Scorerpunkte (96 Tore, 338 Assists). Ende November 2017 beendete Streit seine erfolgreiche Karriere, die kurz zuvor mit dem Gewinn des Stanley Cups (2017 mit den Penguins) gekrönt worden war.
BILDBYRÅN/Kim Klement
Josi: Franchise- und Führungsspieler in Music City
Nun aber hat Josi die Führung übernommen. Für seine 435 Scorerpunkte (113 Tore, 322 Assists) benötigte der in der Hauptstadt Bern geborene Linksschütze gerade einmal 664 NHL-Spiele.
Anders als Streit spielte er bislang nur für einen einzigen Klub: Im NHL Draft 2008 wählte Nashville in der 2. Runde an insgesamt 38. Stelle Josi aus. Ob die Preds damals schon ahnen konnten, dass der 1,87 Meter große Verteidiger eine ganze Ära in Music City prägen würde?
Josi spielte nach dem Draft weitere zwei Jahre in seiner Heimat beim SC Bern. Erst 2010 folgte er dem Ruf aus Übersee und gewöhnte sich bei den Milwaukee Admirals in der AHL an das Eishockey in Nordamerika. Doch schon im Folgejahr wusste er sich in der NHL zu etablieren und war bei den Predators nicht mehr wegzudenken.
Seit 2015 trug Josi das „A“, seit 2017 das „C“ auf dem Trikot und ist dabei ein echter Musterprofi und Führungsspieler. Auf dem Eis charakterisiert er den Bilderbuch-Zwei-Wege-Verteidiger: In der Defensive spielt er sicher und zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk, macht kaum Fehler, überzeugt zudem mit gutem Positionsspiel und durchaus harten Checks. Offensiv treibt der mobile Abwehrmann stets mit an, schaltet sich mutig wie offensiv ein, hat das Auge für den Mitspieler und ist mit einem guten Pass und Schuss ausgestattet.
So verwundert es nicht, dass er seit der Saison 2013/14 immer unter den besten fünf Scorern in Nashville abschloss. Im Sommer 2020 würdigte auch die NHL seine Verdienste: Josi wurde mit der James Norris Memorial Trophy zum besten Verteidiger der Liga ausgezeichnet. Wohlgemerkt nach einem Seuchen-Jahr in Music City, das mit dem Aus in der Stanley Cup Qualifikationsrunde (1:3 gegen die Arizona Coyotes) endete. Josi aber ging auch hier voran und war mit 65 Punkten (16 Tore, 49 Assists) der Top-Scorer seiner Mannschaft.
Griffiges System und Disziplin: Predators auf dem Vormarsch
Auch in der laufenden Saison ist Josi wieder eine Triebfeder im Spiel der Predators: Hinter Filip Forsberg (11-18-28) ist der Schweizer Verteidiger der zweitbeste Scorer und Vorlagengeber (4-18-22), ist der zweitbeste Schussblocker (49 Blocks) und bekommt mit Abstand die meiste Eiszeit (785:03 Minuten). Einziger Schönheitsfehler ist die Plus-Minus-Bilanz von -11 – der schlechteste Wert zusammen mit Matt Duchene.
Geschuldet ist dieser dem schwachen Saisonstart der Preds. Mittlerweile aber ist Nashville auf dem Vormarsch: Sieben ihrer letzten acht Spiele konnte das Team aus Tennessee gewinnen, darunter einer Siegesserie von sechs Partien in Folge. Wohlgemerkt trotz einer ellenlangen Ausfallliste auf der Leistungsträger wie Forsberg, Duchene oder Josis langjähriger Tandem-Partner Ryan Ellis stehen.
Die Predators überzeugten mit viel Disziplin in ihrem gut-funktionierenden System, das Trainer John Hynes zum Großteil von seinem Vorgänger Peter Laviolette übernommen hat. Kern von Nashvilles erfolgreicher Taktik ist der sogenannte „Neutral Zone Trap“: Die laufstarken Spieler sichern die eigene blaue Linie mit energischem Backchecking als Kollektiv ab und erschweren dem Gegner so den Eintritt in die Zone. Dieser muss die Scheibe also immer wieder tief spielen, doch selbst dann sind die Preds mit ihren flinken Spielern meist schneller am Puck. Diese Mobilität kommt den Jungs aus Music City übrigens auch beim Offensivspiel zu Gute: Viele Positionswechsel sorgen für einen ungewohnt wilden Stil und damit für eine Menge Verwirrung beim Gegner.
Wie erfolgreich dieses Hockey-DNA sein kann, zeigte sich schon in den Playoffs 2017: Mit Josi als Assistenzkapitän rückte Nashville bis ins Stanley Cup Finale vor, musste sich dort aber Pittsburgh und Mark Streit mit 2:4 geschlagen geben.
Streit hat Josi also einen Stanley-Cup-Sieg voraus. An diesem ultimativen Ziel arbeitet der 30-Jährige nun mit den Predators. Nashville zählt sicherlich nicht zu den Favoriten, doch haben Josi und die Preds schon gezeigt, für eine Überraschung gut zu sein…