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Analytics Wednesday: Führt der Stanley Cup nur über den Sunshine State?

Jeden Mittwoch präsentiert Elite Prospects Rinkside eine Analyse zu einem aktuellen Thema aus der NHL. Am Analytics Wednesday geht es in dieser Woche um die beiden erfolgreichen Teams aus dem Sunshine State.



Schon zu Beginn einer Saison ist es immer schwierig, aus 32 Teams den einen richtigen Tipp für den kommenden Stanley Cup Sieger abzugeben. Doch auch wenn heute Nacht bereits die ersten Teams die Halbzeit-Marke der regulären Saison mit 41 Spielen erreicht haben, fällt eine Vorhersage weiterhin schwer. Konkreter wird allerdings der Kreis der Favoriten. Dazu zählen allen voran auch die beiden Teams aus dem Sunshine State: die Florida Panthers und die Tampa Bay Lightning.

Beide Klubs stehen an der Spitze der gesamten NHL: Die Lightning (27-9-5) mit 59 Punkten auf Platz 1, die Panthers (26-8-5) mit 57 Zählern auf Rang zwei. Beide Klubs sind in dieser Saison das Maß aller Dinge. Mit einer beeindruckenden Konstanz eilen beide Teams von Sieg zu Sieg und leisteten sich noch keinen längeren Durchhänger. Die längste Durststrecke der Cats waren vier sieglose Spiele Mitte November (0-2-2), die längste der Bolts dauerte jeweils drei Spiele Ende Oktober (0-2-1) und zum Jahreswechsel (0-2-1). Deutlich länger waren hingegen die Siegesserien: Florida gewann im Oktober acht Spiele in Folge, Tampa siegte im Dezember fünfmal hintereinander und weist aktuell eine Serie von vier gewonnenen Spielen vor.


Offensivpower dank Qualität in der Spitze und Tiefe  

Konstanz wird auch in den Stanley Cup Playoffs ein wichtiger Faktor sein, wenn auch nicht der einzige. So spielt Qualität in der Spitze, vor allem aber auch in der Tiefe eine große Rolle. Offensivpower wiesen beide Klubs schon eindrucksvoll nach: Die Panthers stellen mit 4,05 Toren/Spiel die zweitbeste, die Lightning mit 3,39 Toren/Spiel die siebtbeste Offensive der Liga.

Grund zum jubeln: Die Panthers erzielen im Schnitt 4.05 Tore pro Spiel

Grund zum jubeln: Die Panthers erzielen im Schnitt 4.05 Tore pro Spiel Sam Navarro-USA TODAY Sports


Floridas Superstars im Angriff heißen Jonathan Huberdeau (15-38-53) und Aleksander Barkov (15-14-29). Insbesondere aber Huberdeau ragt heraus, ist mit 38 Assists der beste Vorlagengeber in der gesamten NHL und sammelte alleine in seinen letzten neun Auftritten 20 Scorerpunkte (5-15-20). Hinter Huberdeau verteilen die Panthers ihr Scoring auf mehrere Schultern: Mit Verteidiger Aaron Ekblad (10-25-35) sowie den Stürmer Carter Verhaeghe (13-19-32), Sam Reinhart (11-20-31) und Anthony Duclair (16-14-30) knackten schon fünf Spieler die Marke von 30 Scorerpunkten. Sieben Akteure trafen schon zweistellig, darunter Sam Bennett und Duclair (beide 16 Tore), Barkov und Huberdeau (beide 15), Verhaeghe (13), Reinhart (11) und Ekblad (10). Für ausgeprägtes Secondary Scoring spricht auch die Ausbeute der Bottom-Six-Stürmer Anton Lundell (9), Eetu LuostarinenFrank Vatrano (beide 8) und Patric Hörnqvist (7). Genau das macht die Cats schwer ausrechenbar, denn der Gegner muss nicht nur eine oder zwei offensivstarke Reihen stoppen. Zudem setzt das Team aus Sunrise seine Gegner unter Dauerfeuer und gibt 36,8 Torschüsse pro Spiel ab – so viel wie keine andere Mannschaft in der NHL.

Sam Bennett drückt den Abzug

Sam Bennett drückt den Abzug Jasen Vinlove-USA TODAY Sports


Bei Tampa Bay verteilt sich die Scoring-Last ein wenig anders. Grund dafür dürfte auch der personelle Aderlass nach dem zweifachen Stanley-Cup-Gewinn sein, der insbesondere die Tiefe betraf: Mit Blake Coleman (Calgary Flames), Barclay Goodrow (New York Rangers), Yanni Gourde (Seattle Kraken) oder Tyler Johnson (Chicago Blackhawks) hatten sich wichtige Leistungsträger verabschiedet, um unterhalb der Gehaltsobergrenze (Salary Cap) bleiben zu können. Entsprechend brach eine Menge Secondary Scoring weg. Triebfedern in der Lightning-Offensive sind nach wie vor Steven Stamkos (19-29-48), Victor Hedman (9-34-43), Alex Killorn (12-25-37) und Ondrej Palat (15-15-30), die die einzigen vier Spieler mit mindestens 30 Scorerpunkten sind. Grund dafür sind aber auch die langfristigen Verletzungen der Superstars Brayden Point (15-12-27 in 27 Spielen, 1,00 Punkte/Spiel) und Nikita Kucherov (5-10-15 in neun Spielen, 1,67 Punkte/Spiel), die im weiteren Saisonverlauf noch Schlüsselrollen einnehmen werden. Sechs Spieler trafen bei den Bolts schon zweistellig. Corey Perry (10-10-20), Pat Maroon (7-5-12) oder Mathieu Joseph (6-7-13) wiesen bereits Gefahr aus der Tiefe nach. Tampa mag in der Breite nicht mehr ganz so hochwertig aufgestellt sein, wie in den Jahren zuvor, verfügt aber weiterhin über eine Menge Secondary Scoring.


Defensive: Floridas Mobilität, Tampas Wucht  

„Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften“, heißt es in einem Sportler-Sprichwort. Stimmt das, müssten Panthers und Lightning noch ein bisschen draufpacken, um nach dem Heiligen Gral des Eishockeys zu greifen: Florida belegt mit 2,9 Gegentoren/Spiel nur Rang 16, Tampa Bay mit 2,78 Gegentoren/Spiel Platz 11 in der NHL.

Bei den Panthers ist Aaron Ekblad der Abwehrchef und bildet zusammen mit MacKenzie Weegar ein zuverlässiges Top-Pärchen. Beide kommen mit +27 und +22 auf überragende Plus-Minus-Werte. Zwei-Wege-Verteidiger Ekblad wird sowohl im Powerplay als auch im Penalty Killing rausgeschickt. Mit Weegar und Radko Gudas verfügen die Cats über zwei harte Hitter und Schussblocker. Insgesamt wirkt Floridas Verteidigung sehr mobil, kann dadurch Angriffe unterstützen und aggressiver pinchen, um mehr Druck im Forechecking auszuüben. Bislang 445 Takeaways sind der Bestwert in der NHL.

Floridas Abwehrchef Aaron Ekblad

Floridas Abwehrchef Aaron Ekblad Jasen Vinlove-USA TODAY Sports


Bei den Lightning schwingt Victor Hedman den Taktstock in der Defensive. Der schwedische Hüne (1,98 Meter, 109 Kilogramm) zählt zu den besten Verteidigern der Welt, erhält mit seinen offensiven wie defensiven Fähigkeiten eine Menge Qualitäts-Eiszeit in den Special Teams und wichtigen Momenten. Im Vergleich zu Florida setzt Tampa Bay auf Wucht statt Mobilität an der blauen Linie: Sieben Verteidiger sind über 1,90 Meter groß, vier Abwehrspieler bringen über 100 Kilogramm auf die Waage. Entsprechend verfügen die Bolts einerseits über eine enorme Reichweite, was gegnerische Schüsse erschwert: Tampa ließ im Schnitt gerade einmal 29,2 gegnerische Schüsse pro Spiel zu, was ligaweit den fünftbesten Wert der Liga bedeutet. Andererseits verfügen die Lightning über eine zermürbende Checking-Power: kein NHL-Team fuhr bislang mehr Hits (1078).


Der wahrscheinlich beste Torwart der Liga  

Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist freilich auch das Goaltending. Hier haben die Lightning einen entscheidenden Vorteil: Mit Andrei Vasilevsky steht der wahrscheinlich beste Torwart der Welt zwischen Tampas Pfosten. In der laufenden Saison hielt „Vasi“ schon 23 Siege fest (Bestwert!), kommt auf eine Fangquote von 92,3 Prozent, einen Gegentorschnitt von 2,2 und zwei Shutouts. Der 27-jährige Russe besticht durch seine Ruhe und seine Athletik trotz 1,93 Metern Körpergröße und 102 Kilogramm Gewicht, womit er ohnehin schon viel Fläche abdeckt. Vasilevskiy ist ein Vielspieler und bekam bislang 32 Starts.

Andrei Vasilevsky, der Fels in der Brandung

Andrei Vasilevsky, der Fels in der Brandung BILDBYRÅN/Jonas Ljungdahl


Eher eine Achillesferse war die Torhüterposition bei den Panthers in den letzten Jahren. Immerhin: Starter Sergei Bobrovski scheint sich gefangen zu haben. 92,1 Prozent Fangquote und 2,47 Gegentore/Spiel zeugen von soliden Leistungen. Ob das allerdings das üppige Jahressalär von 10 Millionen US-Dollar rechtfertigt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Florida hofft auf Konstanz beim 33-jährigen Russen, der immer wieder Verschnaufpausen erhält (27 Starts) und vom 20-jährigen US-Amerikaner Spencer Knight (12 Starts, 89,1 Prozent Fangquote, 3,51 Gegentore/Spiel) vertreten wird. Das größte Fragezeichen für einen langen und erfolgreichen Playoff-Run der Cats dürfte also zwischen den Pfosten zu finden sein.


Special Teams: Viel Luft nach oben  

In Sachen Special Teams haben beide Klubs aus dem Sunshine State noch Luft nach oben. 20,5 Prozent beträgt die Powerplay-Erfolgsquote bei den Lightning (14.), 19,2 Prozent bei den Panthers (17.). Im Penalty Killing kommt Tampa Bay auf 81,7 Prozent (11.), Florida auf 80 Prozent (15.). Allesamt Werte im Liga-Durchschnitt. Gefährlicher sind beide Top-Teams in 5-gegen-5: Die Cats stellen mit 112 Toren bei dieser Gleichzahl den Bestwert, die Bolts mit 89 Treffern immerhin Rang 5.


Weiche aber wichtige Faktoren  

Auf dem Weg zum Stanley Cup spielen aber noch viele weitere Faktoren mit rein. Dazu zählt etwa die Form der das Verletzungspech, was sich zum jetzigen Zeitpunkt (noch) nicht messen lässt. Aber auch Themen wie Erfahrung: Tampa hat eine Menge davon vorzuweisen. Vier Jahre in Folge qualifizierten sich die Lightning für die Playoffs, dabei sprangen zwei Titel heraus. Auf diese Meister-DNA gepaart mit haufenweise Postseason-Erfahrung können die Bolts zurückgreifen und sollten einen unschätzbaren Mehrwert bringen.


Die Panthers haben im Vorjahr erstmals nach vier Spielzeiten ohne Endrunde wieder Playoff-Luft schnuppern dürfen, scheiterten aber ausgerechnet in einer brandheißen Serie gegen den Lokal- und Erzrivalen aus Tampa Bay in der 1. Runde (2:4). Im Jahr davor war bereits in der Corona-bedingten Qualifikationsrunde Schluss (1:3 gegen die New York Islanders). Für die Cats wird es also darum gehen, wertvolle Playoff-Erfahrungen unter rollendem Rad zu sammeln und dabei das Momentum mitzunehmen.

Ein weiterer Punkt sind Rollenspieler und „Unsung Heroes“, also Spieler, die keine Superstars sind, mit ihrem Spielstil aber wichtige Arbeit verrichten, die zum Erfolg führen. Hier sind bei den Lightning etwa Corey Perry zu nennen, der mit allen Wassern gewaschen ist, hartes Hockey spielt und weiß, wo das Tor steht. Bei den Panthers ist Sam Bennett ein solcher Spieler, der dem Gegner unter die Haut geht und mit seiner Laufstärke und Physis Schaden anrichten kann. Auf genau solche Charaktere wird es in den Stanley Cup Playoffs ankommen.


Führt der Stanley Cup nur über Teams aus dem Sunshine State?  

Die These, ob der Stanley Cup 2022 nur über Teams aus dem Sunshine State führen wird, lässt sich zum jetzigen Stand freilich nicht beantworten. Zumal mit den Toronto Maple Leafs und den Boston Bruins weitere Big Player in der Atlantic Division vertreten sind. Spätestens nach der 2. Playoff-Runde wird ohnehin nur noch ein Team aus Florida übrig bleiben – ob es dann auch für den ganz großen Wurf reichen wird…?



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