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Lean Bergmann: „Es wäre falsch, den NHL-Traum aufzugeben”

Lean Bergmann ist einer der Top-Neuzugänge bei den Adlern Mannheim. Sein DEL-Debüt mit den Adern könnte sich aufgrund eines positiven Coronatests aber erneut verschieben. Mit EliteProspects Rinkside sprach der 22-jährige Stürmer über das Leben in Quarantäne, seine Vertragsauflösung bei den San Jose Sharks, die Entwicklungschancen in der DEL und die Heimkehr zu den Iserlohn Roosters.  




Hallo Lean! Du hast den Saisonauftakt in der DEL wegen eines positiven Coronatests verpasst. Wie geht es dir?

Mir geht es gut, ich bin soweit wieder genesen und hatte keinerlei Symptome oder Beschwerden.



Du befindest dich aktuell in Quarantäne. Wie sieht das Leben eines Eishockeyspielers in Selbstisolation aus?

Nicht groß anders als bei anderen Leuten: Du bist zu Hause und machst nichts. Ich habe aber das große Glück, dass ich daheim ein Home Gym habe und mich soweit es geht fithalten kann. Da muss man halt durch.



Damit wartest du schon seit drei Jahren auf dein DEL-Debüt bei den Adlern. Bist du eigentlich ein abergläubischer Mensch…?

(lacht) Es geht. Irgendwas kam ja immer dazwischen. Ich hoffe aber, dass es bald soweit sein wird mit dem Debüt in der DEL. Ich möchte unbedingt auf dem Eis sein. Bis dahin heißt es Kopf hoch und das Beste daraus machen.


„Es war ein einziges Chaos."



2019 kam die NHL dazwischen. In diesem Sommer aber hast du Deinen Vertrag bei den San Jose Sharks aufgelöst. Warum?

Weil ich darum gebeten habe. Ich war sehr unzufrieden damit, wie das letzte Jahr in San Jose gelaufen ist. Also habe ich entschlossen, dass ich da nicht mehr spielen möchte. 



In der Saison 2019/20 hattest du noch zwölf NHL-Spiele für die Sharks gemacht, 2020/21 dann nur noch ein einziges am allerletzten Spieltag. Was ist passiert?

Das ist eine gute Frage. Es sind viele Sachen zusammengekommen. Alles in allem war es ein einziges Chaos mit positiven Coronatests, dem Wintereinbruch in Texas, dass wir im Hotel ohne Essen und Trinken eingesperrt waren, mal umsonst nach Arizona geflogen sind und so weiter. Wenn man so die ersten anderthalb Monate einer Saison verbringt, dann verliert man einiges an Form. Hinzu kam, dass ich auch eine andere Rolle bekommen hab als im Jahr zuvor: Ich habe nicht mehr in den oberen Reihen und im Powerplay gespielt, sondern nur noch in Unterzahl.

Stan Szeto-USA TODAY Sports



Wie war das Feedback auf dein einziges NHL-Spiel in diesem Jahr?

Da war gar kein Feedback, ich habe einfach gespielt. Ich war damals mit dem AHL-Team gerade in Las Vegas und habe am Abend erfahren, dass ich den Call-up bekommen habe. Am nächsten Tag bin ich mit unserem Krafttrainer mit dem Auto nach San Jose gefahren. Das war auch eine knackige Fahrt über acht, neun Stunden. Tags darauf war dann das Spiel, damit war die Sache eigentlich schon gegessen.



Wie wurde deine Rolle in der Organisation kommuniziert?

Im Alltag spricht man da nicht so viel drüber. Man macht sein Ding, ein wirklicher Dialog herrscht da nicht. Was am Anfang gesagt wurde, wurde später wieder ganz anders gemacht. Ich muss aber sagen, dass am Ende einfach das zählt, was dann auch gemacht wird. Entsprechend habe ich meine Entscheidung nach der Saison getroffen.



Wie läuft so eine Vertragsauflösung eigentlich ab? Wie hat San Jose auf deinen Wunsch reagiert?

Ursprünglich hatten wir eine Leihe diskutiert. Aber das hat sich lange hingezogen. Die Kommunikation war schwierig. Irgendwann sind wir dann zu dem Punkt gekommen, an dem die Sharks gesagt haben, dass wir den Vertrag auch auflösen können, wenn ich nicht hier spielen möchte, weil sie dann Platz für einen anderen Spieler freihaben.


„Aufgegeben habe ich auf keinen Fall.“



Hast du deinen NHL-Traum damit schon aufgegeben oder bleibt eine Tür offen?

Aufgegeben auf keinen Fall! Ich bin 22 Jahre alt. Wenn man sich anguckt, wie viele Spieler aus Europa erst mit 25, 26 oder 27 Jahren nach Nordamerika kommen, dann glaube ich, wäre es falsch, das jetzt aufzugeben. Vorerst ist der Weg für mich aber besser, Top-Eishockey zu Hause zu spielen, um so nochmal an einen NHL-Vertrag zu kommen. In der AHL hat es mir nicht gut gefallen, in dieser Form hätte ich mich auch kaum verbessert. Ich glaube aber, dass genau das hier möglich und es der richtige Schritt ist.



Du hast ja auch einen guten Draht nach Schweden: Wie viele Angebote hattest du im Sommer?

Ich habe auch mit Teams aus Schweden geredet. Es ist aber nochmal was anderes, als Importspieler nach Schweden zu wechseln. Ich kenne das Land, die Sprache und die Philosophie dort, aber jetzt keine Trainer, Manager oder Spieler. Die Adler unterscheiden sich nicht großartig von einem Team aus Schweden.



Waren die Adler die einzige Option in Deutschland?

Ich hatte auch mit ein, zwei anderen Klubs geredet und das auch ernsthaft in Betracht gezogen. Der ausschlaggebende Punkt war, dass ich in Mannheim schon alles gekannt habe. Ich habe hier im Sommer immer mittrainiert und sie haben sich gut um mich gekümmert und immer großes Interesse kommuniziert. Ich fühle mich hier wohl. Wenn ich es nochmal in die NHL schaffen soll, dann weiß ich, was ich hier bekomme und woran ich bin.

BILDBYRÅN/foto2press



Stand auch eine Rückkehr zu deinem Heimatklub Iserlohn Roosters im Raum?

Das war natürlich ein Gedankengang. Die Vertragsverhandlungen waren sogar schon fast abgeschlossen, als es damals noch um eine Leihe ging. San Jose hatte aber gewollt, dass ich nach Mannheim, München oder Berlin ausgeliehen werde. Ich hätte zu diesem Zeitpunkt also nicht zu den Roosters gehen können, selbst wenn ich es gewollt hätte. Als es dann gegangen wäre, war mit den Adlern schon alles in trockenen Tüchern.



„Während des Spiels gibt es da nullkommanull Sympathien.“



Du bist in Hemer bei Iserlohn geboren und ein sehr heimatverbundener Mensch. Wie war das Sommertraining zu Hause?

Wie jedes Jahr: Ich freue mich immer, wenn ich hier bin. Tom-Eric Bappert ist hier mein Workout-Partner. Wir haben hier unser Fitnessstudio und den Sportplatz, wo wir immer hingehen. Wir gehen auch immer noch zusammen in die Sauna, um uns zu erholen. Da hat sich schon eine kleine Routine entwickelt.



Wie wird es sein, wenn du mit Mannheim erstmals an deiner alten Wirkungsstätte in Iserlohn spielen wirst?

Das ist natürlich komisch. Mein ganzes Leben stand ich auf der anderen Seite. Aber wenn ich das Adler-Trikot anziehe, dann gebe ich alles für Mannheim. Während des Spiels gibt es da nullkommanull Sympathien, vielleicht aber davor und danach.



Zählen die Roosters in dieser Saison zu den Teams, die überraschen könnten?

Das ist schwierig zu sagen. Wenn man sich anguckt, was sie in den letzten zwei Jahren gemacht haben, da haben sie sehr gute Arbeit geleistet. Der Erfolg spricht für sich: Sie sind zuletzt ins Viertelfinale gekommen und hätten fast gegen Berlin gewonnen. Sie sind auf einem sehr guten Weg, haben gute Spieler geholt und spielen mit Biss und Herz. All das ist in Iserlohn wichtig und der Grund, warum sie so unangenehm zu spielen sind. Insbesondere vor den eigenen Fans am Seilersee. Ich denke, sie werden sich in der Mitte der Tabelle wiederfinden und es in die Playoffs schaffen.



„Jeder Spieler wäre in einem anderen Team unter den Top 6.“



Die Adler zählen in diesem Jahr dagegen wieder zu den ultimativen Titelfavoriten. Kannst du dem zustimmen?

Ja, das glaube ich auch. Wir haben auch in der CHL gut gespielt und jetzt gegen Straubing verloren, weil acht Stammspieler nicht dabei waren. Wenn wir mal alle wieder gesund sind, dann denke ich, dass wir jedes Team schlagen können und der klare Favorit sind. Wir haben einfach die Tiefe im Kader. Es gibt keine vierte Reihe bei uns, jeder Spieler wäre in einem anderen Team unter den Top 6. Wir haben eine gute Mischung aus jungen und älteren Spielern, viel Erfahrung, gute Trainer und unglaublich gute Voraussetzungen. Jetzt müssen wir es noch schaffen, mehr Intensität, Grit und Emotionen reinzubekommen. Das wird nur eine Frage der Zeit sein.



Wie wurdest du im Team aufgenommen und mit wem hängst du am meisten ab?

(lacht) Ich war ja schon letztes Jahr fast sechs Monate hier, das ist ja fast eine ganze Saison. Ich habe mich also gefühlt, als wäre ich nie weggewesen. Einige habe ich schon in der Nationalmannschaft wiedergesehen oder den Kontakt über die Sozialen Medien gehalten. In der Kabine habe ich jetzt nicht den einen, mit dem ich immer was mache, aber ich würde schon sagen, dass es vor allem mit den jüngeren Spielern ist.



Die Adler haben viele gute Spieler dazubekommen. Mit wem hattest du bislang die beste Chemie auf dem Eis und warum?

Allgemein komme ich mit Borna Rendulic sehr gut klar. Ich habe auch schon von zwei Jahren zusammen mit ihm in einer Reihe gespielt. Auch mit Nigel Dawes und Jordan Szwarz habe ich eine gute Chemie. Ich glaube, dass ich auch mit Nico Krämmer gut zusammenspielen würde, auch wenn wir bislang noch nicht in einer Reihe trainiert haben. Es muss sich einfach gut ergänzen, zum Beispiel, wenn man automatisch die gleichen Gedanken auf dem Eis hat und weiß, wo der andere ist und was er vorhat, wie er spielt und wann er forecheckt. 



Wie sehr freust du dich auf dein erstes DEL-Heimspiel mit den Adlern?

Unglaublich! Schon in der CHL haben wir zweimal zu Hause gespielt, das war sehr sehr cool. In der DEL dürften noch einmal mehr Fans in der Arena sein. Ich hoffe, dass wir bald noch mehr Fans reinlassen dürfen. Ich freue mich riesig darauf.



Wie wichtig sind Fans für die Spieler auf dem Eis?

Sie sind schon sehr wichtig. Fans geben einen mehr Emotionen, Leidenschaft und Feuer auf dem Eis. Man hat mehr Spaß und will noch härter spielen. Man spürt häufig diese Atmosphäre, dass bald etwas passieren muss, das intensiviert alles und reißt einen Spieler mit. 



„Wir müssen uns vor keiner Nation mehr verstecken.“



Wirst du in dieser Saison auch die NHL verfolgen? Wem drückst du die Daumen?

Ich weiß gar nicht, wem ich die Daumen drücken soll und werde mich zum größten Teil auf die DEL fokussieren. Ich gucke eher auf bestimmte Spieler, wie zum Beispiel Nathan MacKinnon bei den Colorado Avalanche. Er ist nach meiner Meinung der beste Spieler in der NHL. Wie stark er läuferisch ist und wenn immer was passiert, wenn er am Puck ist. Ich schaue natürlich auch gerne die Edmonton Oilers mit Connor McDavid und Leon Draisaitl. Und die Vegas Golden Knights, weil dort die alten Coaches aus San Jose sind, die ich noch gut kenne. Ich kenne das System, kann auf die Details achten und mir viel abgucken und lernen.



Im Februar unterbricht sogar die NHL den Spielbetrieb für die Olympischen Spiele 2022 in Peking. Hast du dir schon einen roten Kringel im Kalender gemacht?

Nein. Dadurch, dass die NHL-Spieler dabei sind, wird es für mich sehr schwer, dabei zu sein. Wir werden da keine Karnevalstruppe, sondern eine richtig gute Mannschaft schicken. Ich tue gut daran, jetzt nicht an Februar zu denken, sondern möchte Tag für Tag mein Bestes geben. 



Welche Eindrücke hast du bei der WM in Riga gesammelt?

Ich glaube, man hat gesehen, dass wir mit Deutschland wesentlich konkurrenzfähiger sind als in den letzten Jahren. Natürlich müssen wir Respekt haben, aber wir müssen uns vor keiner Nation mehr verstecken. An einem guten Tag können wir auch mal gegen Kanada oder Finnland gewinnen. Wir sind im deutschen Eishockey auf einem sehr guten Weg und müssen einfach so weitermachen wie bisher. Der Erfolg gibt uns recht.




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